JOHNNY ROCKET

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Who the fuck is Johnny?

Geschlagene neun Jahre hat es nun gedauert, bis das süddeutsche Punkabilly-Quartett JOHNNY ROCKET mit „Come A Little Closer“ ein neues Album herausgebracht hat, ihr insgesamt drittes. Was hat sich in der Zwischenzeit getan und warten Fans heutzutage überhaupt noch auf frisches Material ihrer Band? Wir sprachen darüber mit Sänger, Bassist, Gitarrist und Schlagzeuger ... Johnny Rocket.

Auf euren Platten heißt es stets, dass „Johnny Rocket“ alle Instrumente spielt. Weshalb diese Anonymität, ist es ein künstlerisches Stilmittel?


Als wir uns 2006 auf den Bandnamen festlegten und das publik machten, war immer die erste Frage: „Wer von euch ist denn der Johnny?“ Und jetzt verrate ich dir mal ein Geheimnis: Keiner von uns heißt wirklich so. Wir fanden einfach nur, dass „Johnny“ irgendwie nach Rock’n’Roll klingt und in Kombination mit „Rocket“ einen mega guten Bandnamen ergibt. Unsere Antwort war damals aber immer: „Wir heißen alle so.“ Und so ist das dann auch als Gag auf unserer ersten Scheibe gelandet und irgendwie so geblieben. Passt ja eigentlich auch ganz gut, denn wir sehen uns als Team, unsere Songs entstehen auch zum allergrößten Teil gemeinsam im Proberaum.

Wo genau stammt ihr her? Wie sieht es dort szenemäßig aus, wo trefft ihr euch zum Proben oder Weggehen?

Wir leben alle im Bereich Ravensburg, Friedrichshafen und Umgebung. Eine sehr schöne Gegend, nur was Konzerte angeht, ist es etwas mager hier. Es gibt zwei bis drei kleine Läden, in denen ab und an eine gute Band auftritt. Für eine etwas „größere“ Band müssen wir schon ein paar Kilometer zurücklegen, zum Beispiel nach Ulm, Lindau, Stuttgart oder München. Dafür haben wir den Bodensee und die Ravensburger Spiele – man kann eben leider nicht alles haben. Und proben tun wir in einem kleinen Proberaumkomplex in Hefigkofen.

Euer letztes Werk „Dance Embargo“ von 2010 hatte einige kritische Stimmen zu verkraften – unnötig, wie ich fand. Ist der Purismus der Hörer das Problem?

Wer hat sich denn da getraut, etwas Negatives zu schreiben, haha ... Die Szene war damals sicherlich weniger tolerant, als sie es heute ist. Das Hauptproblem war, dass Veranstalter und Händler natürlich immer irgendein Genre angeben müssen, um dem Publikum klarzumachen, was es erwartet. Also haben sie einfach Rockabilly oder Psychobilly auf ihre Flyer geschrieben, was zwar sicherlich auch zum Teil richtig ist, aber eben nicht zu 100% passend. So waren dann einige enttäuscht, wenn sie Oldschool-Sound erwartet hatten.

Mögt ihr es, kategorisiert zu werden? Und was macht ihr wirklich, ist es Punkabilly oder eher „Psychoblues“?

Das ist wohl so ziemlich das Letzte, was wir mögen. Wie eben schon erwähnt ist es sehr schwierig, unsere Songs in ein Genre einzuordnen. Bei der neuen Platte ist es noch viel komplizierter, da sie doch sehr viel mit unterschiedlichen Stilen spielt. Wir denken, es ist unnötig, eine Band auf etwas festnageln zu wollen. Wir machen eben das, was uns Spaß macht, und es gibt für uns nur zwei Kategorien von Musik: „Gefällt mir“ und „Gefällt mir nicht“.

„Got to tell you“, der Opener des neuen Albums, dauert über fünf Minuten, Absicht oder Zufall?

Das ist wohl eher dem Zufall geschuldet. Beim Schreiben des Songs haben wir festgestellt, dass er sowohl langsam als auch schnell funktioniert. Eine Zeit lang stand der Gedanke im Raum, zwei Tracks daraus zu machen, was dann während der Aufnahmen aber wieder verworfen wurde. Nun haben wir zwar den Nachteil, dass die optimale Radio-Länge von drei Minuten überschritten ist, aber auf der Platte sind ja noch andere Songs, die die Sender spielen können.

„Kiss“ von Prince covert ihr sehr gekonnt.

Dieses Cover war relativ schnell „eingetütet“. Der Song an sich ist von einem genialen Künstler, unabhängig davon, ob man seine Musik nun mag oder nicht. Da muss dann auch nicht viel daran gebastelt werden. Ein markantes Gitarrensolo dazu und der Fisch ist geputzt.

„Bring it on home“ von Sam Cooke ist das zweite schöne Cover. Habt ihr es im Bewusstsein geschrieben, dass Billy-Musik weitgehend durch Farbige entstanden ist?

Nein, diesen Gedanke hatten wir dabei nicht. Farbig, weiß, grün, gelb – das ist nicht von Belang. Sam Cooke war ein großartiger Sänger und zählt nicht umsonst zu den erfolgreichsten Künstlern. Da darf man schon mal eine Wertschätzung in Form eines Covers auf ein Album packen – auch wenn das Original natürlich unerreichbar ist.

Eure letzte Scheibe ist vor immerhin neun Jahren erschien. Hat jemand darauf gewartet?

Ist die Anzahl der Releases heute wirklich höher als früher? Die Möglichkeiten, sich darüber zu informieren, sind natürlich viel größer und einfacher geworden, das wird wohl eher der Grund sein, weshalb vieles in der Masse untergeht. Und die Tatsache, dass Musik eben keinen finanziellen Wert mehr hat, jeder erwartet, alles gratis auf YouTube hören zu können. Dennoch ist ein neues Album wichtig, um Shows zu bekommen und die Leute bei Laune zu halten – wer will schon so lange immer dasselbe Album hören? Und wir hoffen schon, dass der eine oder andere sich konkret über unsere neue Scheibe freut.

Wie sieht euer Leseverhalten aus? Durchforstet ihr regelmäßig die Magazine oder sucht ihr nur im Netz nach Infos?

Das handhabt jeder von uns auf seine eigene Art – beide Medien sind wichtig, wobei die Printmagazine natürlich einen schweren Stand haben. Das „Interaktive“ fällt bei einem Printprodukt natürlich weg. Das kann man aber auch als Vorteil sehen, wenn man sich manche „Kommentare“ zu Reviews und Beiträgen so ansieht.