Ganze fünf Jahre liegen zwischen dem neuen und dem letzten Album des Duos aus den USA, bereits zehn Jahre sind seit dem Debüt vergangen. Mit Sängerin Ariel sprechen wir über die Veränderungen, die die Musikszene in dieser Zeit durchgemacht hat, aber auch über die Veränderungen ihrer Band.
Wenn „Amorphous“ erscheint, wird es fünf Jahre her sein, seit ihr das letzte Mal ein „richtiges“ Album veröffentlicht habt, die Akustik-Sessions nicht mitgerechnet. Was sind die Gründe dafür, warum habt ihr so lange gebraucht?
Ja, das ist schon eine ganze Weile her! In dieser Zeit waren wir in den USA und Europa auf Tour und haben die richtigen Partner für die Veröffentlichung der neuen Musik gefunden. Wir haben einen großartigen Manager, ein Vertriebsteam und einen Produzenten gefunden, und das hat einen großen Unterschied gemacht. In Zukunft planen wir, viel häufiger Musik zu veröffentlichen.
Die Musikszene und Trends haben sich in den letzten fünf Jahren sehr verändert, Pop- und Rockmusik klingt jetzt anders. Ist das etwas, worüber ihr beim Schreiben dieses Albums nachgedacht habt?
Das stand nicht wirklich im Vordergrund unserer Überlegungen. Textlich erforsche und schreibe ich immer über das, was in meinem eigenen Kopf vor sich geht, also wird das nicht wirklich davon beeinflusst, was andere Künstler machen. Musikalisch habe ich das Gefühl, dass sich die Definitionen von Genres verändern, die Grenzen scheinen nicht mehr so klar zu sein, und das gibt uns einfach mehr Freiheit, verschiedene Stile zu mischen. Aber ehrlich gesagt machen wir im Grunde nur die Musik, auf die wir Lust haben.
Hast du das Gefühl, dass Rockmusik in den letzten fünf Jahren an Relevanz gewonnen hat? Ich habe den Eindruck, dass es mehr Künstler gibt, die versuchen, sich in verschiedenen Genres zu bewegen und sich nicht so sehr durch Genres eingeschränkt fühlen.
Ganz genau. Ich finde es toll, dass es nicht mehr so eingeengt ist und Pop-Künstler mit Rocksounds spielen können, Metal-Musiker können HipHop ausprobieren. Das ist großartig und es macht uns alle musikalisch besser. Und es macht einfach mehr Spaß! Sich darum zu sorgen, in einem bestimmten Stil zu bleiben, lenkt vom Sinn des Musikmachens ab – dem Selbstausdruck, egal wie das aussieht oder klingt.
Eure erste Platte „Scripted“ wird 2021 zehn Jahre alt. Verglichen damit, inwiefern würdest du sagen, seid ihr als Band in dieser Zeit erwachsen geworden?
Da wir in der Lage waren, ein umfangreiches Werk zu veröffentlichen, fühlen wir uns sehr frei, uns zu erforschen, zu experimentieren und viele verschiedene Dinge zu tun. Wir haben schon eine Menge verschiedener Themen angesprochen, vor allem im Bereich der psychischen Gesundheit, also ist es für mich immer interessant zu sehen, was als Nächstes textlich aus mir herauskommt. Ich habe mich persönlich sehr verändert – der Selbsthass, mit dem ich vor zehn Jahren zu kämpfen hatte, ist jetzt weniger ein Thema. Jetzt habe ich einfach neue Inhalte, über die ich schreiben kann! Dieses Album kehrt zu einigen unserer härteren Anfänge zurück. Wir haben die elektronischen Elemente, die wir auf den letzten Alben lieben, genommen und sichergestellt, dass sie einen Platz neben den Riffs und Breakdowns finden.
ICON FOR HIRE sind seit einiger Zeit wieder ein Duo. Wie hat sich das auf die Platte ausgewirkt? Denkst du, dass ihr irgendwann wieder als „volle Band“ auftreten werdet?
Nur zwei Leute glücklich zu machen, ist viel einfacher als mit einer größeren Crew zu arbeiten! Wir haben so etwas wie einen Groove und einen Fluss in unserem Schreibprozess, und ich denke, wir werden noch lange Zeit zu zweit sein. Natürlich haben wir Freunde hier in Nashville, die auf unseren Platten aushelfen und Schlagzeug und Bass einspielen, und wir touren auch mit einem Live-Drummer. Wir wollen live immer noch diesen vollen-Bandsound mitbringen, aber es sind nur Shawn und ich, die die kreativen Sachen machen.
Ich kann mir einen Grund dafür vorstellen, nämlich Corona, aber ihr habt bereits fünf Singles von „Amorphous“ veröffentlicht. Liegt das auch daran, dass sich das Musikgeschäft verändert hat und die Leute jetzt mehr denn je Singles als ganze Alben hören? Wird das Album, wie wir es kennen, aussterben?
Ja, eine Menge Leute scheinen Musik mittels einem Song nach dem anderen zu konsumieren, anstatt ein komplettes Album zu hören, und das ist auch in Ordnung für uns. Trotzdem war es uns wichtig, dass die Singles in die Veröffentlichung eines kompletten Albums münden und nicht nur ein Haufen zufälliger Tracks bleiben. Ich denke, es fokussiert die Arbeit, es gibt uns und unserem Publikum etwas, hinter dem wir stehen können. Der traditionelle Albumzyklus ist vielleicht nicht mehr so relevant, aber ich mag es, dass diese Songs ein Zuhause auf einem Album haben. Wir hatten auch die kreativen und visuellen Aspekte im Blick. Das Cover, die Musikvideos, das Design der Merchandise-Artikel, die Linernotes – sie alle bilden eine zusammenhängende Einheit, und ein Album hilft dabei, das Ganze zu vereinen. Wir können es kaum erwarten, dass die Leute es erleben.
© by Fuze - Ausgabe #86 Februar/März 2021 und Dennis Müller
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