HOTLINES

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Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort

Das muss man sich einmal vorstellen: Eine junge Punkrock-Band steht kurze Zeit nach ihrer Gründung zusammen mit Marky Ramone auf der Bühne. Und wiederum nur kurze Zeit später findet sie sich auf einer Split-EP mit den QUEERS wieder. Bei dieser Band handelt es sich um die englischen HOTLINES und wie sie das hinbekommen haben, muss natürlich geklärt werden. Frontmann Ben und sein Bruder Matt waren gerne dazu bereit, diese und noch einige andere Fragen zu beantworten.

Wer seid ihr?

Ben: Wir kommen aus Brighton. Die Band gibt es seit 2007, wir können also in diesem Jahr unser fünfjähriges Jubiläum feiern. Ich spiele die Leadgitarre und singe.

Matt: Und ich spiele ebenfalls Gitarre und singe im Background.

Ben: Seit einigen Wochen sind wir zu sechst, neben uns beiden gibt es noch Will an den Drums, Nick am Keyboard, Kyle am Bass und Leon an der dritten Gitarre.

Drei Gitarren?

Ben: Richtig, genau wie BAD RELIGION und IRON MAIDEN, haha!

Matt: Als wir begonnen haben, war das mit dem Ziel, die rohe Kraft der RAMONES mit den Surf-Harmonien der BEACH BOYS zu verbinden, um einen zeitlosen Pop-Punk zu kreieren.

Und, ist euch das gelungen?

Ben: Ich denke, dass wir über die ganzen Jahre immer besser geworden sind. Und seit wir zu sechst sind, gelingt es uns sogar, die BEACH BOYS-Komponente noch weiter zu erhöhen. Nick, der zu den Neuen bei den HOTLINES zählt, ist ein wahnsinnig guter Keyboarder und Sänger und versteht es, dieses Surf-Feeling perfekt rüberzubringen.

Eines eurer ersten Konzert war als Vorgruppe von Marky Ramone – kein schlechter Start für eine junge Band. Wie habt ihr das geschafft?

Ben: Wie im richtigen Leben muss man immer auch ein bisschen Glück haben, muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein und auch die richtigen Leute kennen. Ich habe früher bei der Band THE RANDOM HEROES gespielt und kannte aus dieser Zeit einen Konzertveranstalter aus Brighton. Und als Marky Ramone in Brighton spielen sollte, wurde noch eine Vorband gesucht, wir wurden gefragt und haben natürlich sofort zugesagt.

Matt: Es war schon ein merkwürdiges Gefühl, zumal es ja mein allererster Auftritt war, weil ich vorher noch in keiner Band gespielt hatte. Mein Bruder Ben hatte ja schon reichlich Bühnenerfahrung, aber auch für ihn war es schon aufregend. Wir hatten hinterher auch noch die Möglichkeit, ein paar Worte mit Marky zu wechseln, ein sympathischer Bursche übrigens.

Wie ging es nach diesem Einstieg weiter mit euren Konzerten?

Ben: In den ersten beiden Jahren waren wir schwer aktiv. Bis jetzt kommen wir auf über 150 Konzerte, wobei wir allein in den beiden ersten Jahren jeweils über 50 Konzerte gespielt haben. Zu dieser Zeit waren wir alle noch Studenten und hatten genug Zeit für ausgedehnte Touren.

Matt: Und dabei sind wir ganz schön rumgekommen. Neben Großbritannien haben wir schon Spanien, Italien, Holland, Österreich, Belgien und Deutschland bereist, wobei wir aber leider erst drei Konzerte in Deutschland aufweisen können. Inzwischen spielen wir sogar häufiger in Belgien als in Großbritannien. In England gibt es leider keine richtige Punkrock-Szene mehr, Punkrock-Konzerte finden zumeist vor wenig Publikum statt. Dagegen hat Belgien eine richtig gute und aktive Pop-Punk-Szene. Da herrscht fast immer prima Stimmung, nette Leute und leckeres Bier. Auch unser Label Monster Zero Records hat in Belgien quasi sein zweites Zuhause.

Viele Bands beklagen heute, dass man mit dem Verkauf von Tonträgern kein Geld mehr verdienen kann, sondern sogar eher noch drauflegt. Wie sieht es beim Touren aus, kommt da wenigstens etwas Geld in die Bandkasse?

Ben: Wir alle sehen die Band als großes Hobby, keiner von uns lebt von der Band oder ist auf Einnahmen durch die Band angewiesen. Auf Tour zu gehen, bedeutet für uns in erster Linie eine Menge Spaß. Herumreisen, gemeinsam Spaß haben, nette und interessante Leute kennen lernen. Auch wenn wir bei manchen Touren drauflegen, der Spaß ist uns das wert und so billig kommt man sonst nicht an seinen Abenteuer-Urlaub.

Matt: Wir haben schon den Anspruch, auf Tour kostendeckend unterwegs zu sein, das heißt die Einnahmen durch die Konzerte und das Merchandising sollten wenigstens unsere Ausgaben wieder reinholen. Das gelingt aber leider nicht immer.

Kommen wir von den Konzerten zu den Tonträgern. Was gibt es da von euch bis jetzt?

Ben: Kurz nach unserer Gründung gab es noch 2007 eine Split-EP und zwar mit den italienischen RADIO DAYS. Der Kontakt kam übrigens über THE RETARDED zustande und dieser wiederum über die APERS. Danach folgte 2008 eine weitere Split-EP und zwar mit den QUEERS.

... was ja im Bereich Pop-Punk nicht die allerschlechteste Adresse ist. Wie seid ihr da dran gekommen?

Ben: Es war auch hier so, dass man ein wenig Glück braucht und die richtigen Leute kennen muss. Die EP ist auf Devil’s Jukebox Records rausgekommen. Wir kennen den Betreiber des Labels und der hatte 2008 die Möglichkeit, einige der QUEERS-Songs rauszubringen, die die Band als Bonus für die Rereleases einiger älterer Alben auf Asian Man Records bereitgestellt hatte. Und er hatte die Idee, daraus eine Split-EP mit uns zu machen, wogegen wir uns natürlich nicht gewehrt haben.

Das heißt jetzt aber, dass ihr vor der Veröffentlichung keinen Kontakt mit den QUEERS gehabt habt, oder?

Ben: Das ist richtig. Wir haben die QUEERS aber 2011 persönlich getroffen, weil wir sie auf ihrer Englandtour supportet haben. Und da wusste Joe Queer schon Bescheid durch unsere gemeinsame EP und kannte auch unsere Songs. Die Band ist unglaublich. Lurch ist ein begnadeter Drummer und Joe ein grandioser Gitarrist und Frontmann. Zusammen sind sie eine großartige Live-Band, die im RAMONES-Stil immer vier bis fünf Songs am Stück ohne Unterbrechung runterprügelt, eine tolle Leistung. Leider spielen sie live aber hauptsächlich die schnelleren und härteren Songs und nicht so viele von ihren poppigen Hits, die wir alle so lieben. Haha, und bei einem Konzert haben wir den QUEERS-Hit „Psycho over you“ in einer BEACH BOYS-Version gespielt, weil wir uns gedacht haben, dass sie diesen Song sowieso nicht spielen werden. Und genau an diesem Abend hatten die QUEERS diesen Song ebenfalls in ihrem Set.

Was kann man neben euren beiden Split-EPs noch kaufen?

Ben: 2009 ist unser Debütalbum rausgekommen, ebenfalls auf Devil’s Jukebox Records. Und Ende 2011 kam dann noch das Mini-Album „The Return Of The Hotlines“ als 10“ mit sechs Songs, erschienen auf Monster Zero Records.

Welche Pläne habt ihr noch für dieses Jahr?

Ben: Wir haben zunächst geplant, zu unserem fünften Geburtstag im Herbst eine Compilation mit unveröffentlichten Songs aus den letzten fünf Jahren rauszubringen und zwar auf dem belgischen Label Lost Youth Records. Es wäre prima, wenn das Album im Oktober fertig wäre, denn dann wollen wir auch in Antwerpen beim Summer In October Festival spielen.

Matt: Und dann gleich noch eine Tour anhängen, um wieder unter Beweis zu stellen, dass wir live eine super Partyband sind.

Ben: Das ist ein gutes Stichwort. Wir haben nämlich noch einen weiteren großen Wunsch: Seit wir zu sechst sind, würden wir gerne ein Mini-Album im Stile des „Beach Party“-Albums der BEACH BOYS aufnehmen, so richtig unter Partybedingungen mit Gesprächsfetzen im Hintergrund.

Auf dem Cover eures Mini-Albums seid ihr in BEACH BOYS-Manier am Strand in Flanellhemden und mit einem Surfbrett unter den Armen zu sehen. Viele Pop-Punk-Bands kokettieren ja damit, absolute Surfgranaten zu sein, können aber wahrscheinlich kaum richtig schwimmen. Wie sieht das bei euch aus?

Ben: Ich bin schon der Dennis Wilson der HOTLINES. Zwei bis drei Mal im Jahr schaffe ich es, für einige Tage zum Surfen zu kommen. Mein Lieblingsstrand ist Watergate Bay in der Nähe von Newquay in Cornwall im Westen von England. Im Mai bin ich wieder da. Dann ist es zwar noch relativ kalt, definitiv kein Hawaii-Feeling, aber da muss ich dann wohl durch.