HITCH

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Analog und organisch

Das belgische Trio aus der Gegend um Kortrijk ist bereits seit über einer Dekade aktiv und hat nun mit dem vierten Album "We Are Electric!", erschienen auf dem slowenischen Label Moonlee, definitiv ein Meisterwerk aufgenommen. Ihr Postcore ist krachig, melodisch und steht in bester Dischord-Tradition. Zudem ist man äußerst aktiv, was Shows angeht, und hat bereits die halbe Weltkugel bespielt. Höchste Zeit, dass euer Wohnzimmer dran ist.

Ich kann mich noch an einen eurer ersten Songs auf einer Genet-Compilation erinnern. Wie lange ist das her, und was habt ihr in der Zwischenzeit gemacht?


Nun, wir existieren seit elf Jahren und haben während dieser Zeit vier Alben und eine enorme Menge an 7"s auf ganz verschiedenen Labels veröffentlicht. Wir haben rund ein Dutzend Mal in Europa getourt und sind auch für zwei Touren in den Staaten gewesen. Letzten Sommer spielten wir auch für ein paar Shows in Südafrika. Wir haben immer unser Ding gemacht, und wir obwohl wir aus der belgischen Hardcore-Szene kommen, sind wir ihr irgendwann entwachsen, da die Bands sich immer mehr am Metal orientierten. Wir hatten das Gefühl, dass wir ein breiteres Publikum ansprechen könnten, Leute, die eine Hardcore-Band zu schätzen wissen, die nicht Metalcore spielt, sondern eher krachige Musik mit Melodien. Der D.I.Y.-Gedanke war uns dabei immer sehr wichtig und wir wollten auch Teil einer Szene sein. Du hast vollkommen Recht, wir hatten Lieder auf Genet und Goodlife Compilations und Letztere haben damals unsere Debüt-MCD/7" veröffentlicht, die wir am liebsten nie wieder hören wollen.


Ihr habt auch schon auf Divot Records, dem Label von Fred von HAYMARKET RIOT, veröffentlicht. Wie kam der Kontakt zustande?

Kevin und Fred von Divot haben das Album "Monolith" in Amerika veröffentlicht, lizensiert wurde es von Delboy Records aus Gent, Belgien. Wir haben die Jungs getroffen, als Xavier von Delboy die erste Europatour der Band auf die Beine stellte. Delboy hat wiederum "Bloodshot Eyes" von HAYMARKET RIOT als Lizenz von Divot/Thick in Europa veröffentlicht und so wurden wir ziemlich gute Freunde. Wir waren gemeinsam in Europa und Amerika unterwegs und die Jungs sind menschlich ebenso beeindruckend wie musikalisch. Während der US-Tour haben WhatElse? Records aus Bloomington eine HITCH/HAYMARKET RIOT-Split veröffentlicht und die gab es damals dort zu kaufen.


Wie würdet ihr die neuen Lieder beschreiben und wo liegen die Änderungen, verglichen mit den vorherigen Alben?

Interessant an der Herangehensweise ist wohl, dass wir diesmal eigentlich ein Live-Album aufgenommen haben. Wir haben es gemeinsam im Studio eingespielt und anschließend nur noch ein paar Overdubs mit den Gitarren hinzugefügt. Das Album ist also so puristisch wie irgend möglich, es gibt keine zusätzlichen Effekte oder maßloses Overdubbing. Zu dieser Arbeitsweise haben wir uns entschlossen, da wir einen Klang wollten, der unseren Live-Auftritten nahe kommt. Die Aufnahmen und das Mischen dauerten fünf Tage, während der Vorgänger "Trails Are Ablaze" uns gute drei Monate in unserem eigenen Studio beschäftigte. Der Grund für die Veränderungen war, dass das Album so organisch wie nur möglich klingen sollte. Daher auch die Arbeit mit analogem Equipment.


Ihr habt diesmal in Zagreb aufgenommen, wie unterschied sich das von den früheren Aufnahmen?

Die Leute, die das Kosmo-Studio in Zagreb betreiben, sind mit uns seit Jahren befreundet. Die Techniker spielen auch in den Bands LUNAR, beziehungsweise ANALENA und sind auch bei Moonlee Records aktiv. Wir kennen ihre Veröffentlichungen und ihre Arbeitsweise und wussten ganz genau, was uns erwartet. Sie haben viel analoges Equipment, welches sich perfekt für unsere Musik eignet. Wichtig war uns, dass es schnell geht und wir uns wohl fühlen. Es ist immer schön, dort zu sein. Zagreb ist beinahe unsere zweite Heimat geworden. Tagsüber haben wir aufgenommen und abends sind wir dann ausgegangen. Ich persönlich halte es auch für wichtig, für die Aufnahmen woanders hin zu gehen, zumindest was unsere Entwicklung als Band betrifft. Wir wollten uns voll und ganz auf die Aufnahmen konzentrieren und den Alltagsstress der Arbeit hinter uns lassen.


Moonlee Records hat einige tolle Alben veröffentlicht. Gibt es da frischen Wind und haben wir Metalcore überlebt?

Klar, das Schöne an Moonlee Records ist, dass sie nicht in Genres oder Kategorien denken, sondern wenn ihnen die Musik gefällt, dann arbeiten sie mit der Band, und bei uns ist es ähnlich. Alle Musiker bei HITCH hören selbst ganz unterschiedliche Stile, da taucht Hardcore, Punk, HipHop, Metal ebenso in der Sammlung auf wie Jazz oder Avantgarde. Gerade das gefällt mir an HITCH, über die Jahre haben wir unseren eigenen Sound entwickelt, dadurch dass wir mit den verschiedensten Stilen experimentiert haben. Mit dem Alter kam auch eine gewisse Offenheit für verschiedene Einflüsse, sei es nun Musik oder Kunst. Hier in Belgien haben sich viele ehemalige Hardcore-Bands aus den Neunzigern neuen Dingen zugewandt, über die Grenzen des Genres hinaus. Wenn man sich dabei die richtige Einstellung bewahren kann, dann ist das eine großartige Entwicklung.


Denkst du, die Chemie in einem Trio ist intimer als bei einer größeren Band? Unternehmt ihr auch was zusammen, wenn ihr nicht auf Tour seid?

Es ist auf jeden Fall praktischer, als Trio zu arbeiten. Ich spiele noch in einer weiteren Band und da sind zwölf Leute aktiv, also weiß ich, wovon ich rede. Eine Vorliebe für Trios hatte ich schon immer, Gruppen wie UNWOUND und die MELVINS bestärkten uns in der Idee, dass ein Trio bestens funktionieren kann. Auf Tour ist es zum Beispiel ungemein praktisch und hat immer super geklappt. Es wäre beinahe seltsam, wenn eine vierte Person jetzt zu HITCH stoßen würde, das würde wohl alles durcheinander bringen. Unser Drummer Oliver und ich spielen seit elf Jahren gemeinsam und wir kennen uns in- und auswendig. Oliver und ich sind auch oft unterwegs, wir gehen zu denselben Konzerten und in die gleichen Bars. Paul kommt aus einer anderen Stadt, daher ist es etwas schwerer, sich mit ihm zu treffen. Wir sind aber alle sehr gut befreundet und das ist natürlich wichtig. Auf Tour haben wir immer eine Menge Spaß.


Womit verdient ihr euren Lebensunterhalt, die Band wird nicht genügend abwerfen, oder?

Wir haben alle reguläre Jobs. Ich bin Sozialarbeiter und helfe Teenagern. Paul arbeitet für eine Plattenfirma und Oliver hat einen neuen Job, bei dem er Arbeitslose umschult und ihnen technische Fähigkeiten vermittelt. Außerdem hat er noch zwei Kinder. Ich spiele noch bei GALATASARAY und schreibe für das Semtex Magazine. Gemeinsam mit Freunden betreibe ich Vlas Vegas Records, wozu auch ein Plattenladen, ein Label und eine Booking-Agentur gehört.