HANSON BROTHERS

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100 & 10% Puck-Rock

One, two, three, four ... So haben die RAMONES schon großartige Songs begonnen, und dass wahre Helden ewig leben, wenn auch mit Hockeymaske auf, beweisen uns die Brüder Wright (NO MEANS NO) mit den HANSON BROTHERS. Was die drei Hansons aus dem Film „Slapshot“ auf dem Eis prügelnd mit dem Schläger regeln, machen diese vier Hansons auf der Bühne im Heiligenschein von Joey und Co. Der Spaß dabei ist garantiert, denn im zweiten Leben sind die RAMONES eben eigentlich ein Hockeyteam. Ich hatte vor dem Konzert die Ehre, mit Sänger Johnny Hanson ein paar Worte zu wechseln.Die kanadische Offensive-Line sind John (Wright) Hanson (Vocals/auch NOMEANS NO-Drummer), sein Bruder Robbie (Wright) Hanson (Bass/auch NO MEANSNO-Bass/Vocals), sowie Tom (Holliston) Hanson (Guitar/NOMEANSNO-Guitar) und Ernie (Hawkins) Hanson (Drums/ex-REMOVAL). Hey ho, let’s go … Es lebe der Sport …!!!

Hallo John, wie fühlt man sich zurück in Deutschland? Freut ihr euch auf die Show heute Abend im Underground?


Ja, ich fühle mich gut, schön wieder hier zu sein. Ich denke, das wird heute Abend eine echt gute Show. Beim letzten Mal hatten wir schon eine Menge Spaß hier, bis auf einen komischen Nazitrottel, der irgendwie auf die Bühne gekommen ist. Zum Glück wurde er aber schnell rausgeworfen. Ich hoffe, so was wiederholt sich heute Abend nicht. Ansonsten war’s aber eine tolle Show.

Mal direkt eine ganz grundsätzliche Frage. Woher kam die Idee, die Band nach den drei Hockeybrüdern aus dem Film „Slapshot“ zu benennen?

Was könnte kanadischer sein? Eishockey ist der größte und einzige Sport in Kanada. Wir haben zwar auch Baseball und Football und so, aber Eishockey ist bei weitem der größte Sport bei uns zu Hause. Ich hatte den Film damals im Kino gesehen. Ich ging mit ‘nem Scheißgefühl rein und kam begeistert wieder raus. Er gehört zu meinen ewigen Top-10-Filmen, und zu dieser Zeit war die Handlung, obwohl sie ziemlich verrückt erscheint, ein großes Stück Realität. Er wurde ja von einer Spielerfrau gemacht und basiert auf ihren Erlebnissen aus der Zeit mit ihrem Eishockeyspieler-Mann und seinen Freunden. Er spielt zu der Zeit, als die kleinen, lokalen Ligen in den 70ern noch mehr Beachtung bekamen. Das hat sich extrem verändert. Eishockey ist nicht mehr dasselbe wie früher.

Erklär doch mal, was dieses „old-time hockey“ eigentlich ist, was ihr besingt und wovon auch der Film erzählt?

Mit Eishockey ist es heute, wie in jedem Sport. Alle sind nur hinter dem Geld her und der eigentliche Geist des Spiels, nämlich Spaß zu haben, geht immer mehr verloren. Selbst die Jugendteams werden schon so trainiert, einmal zu den Großverdienern zu gehören. Früher war das Spiel außerdem anders. Eishockey in Kanada wurde wegen des Wettkampfes gespielt. Die Teams haben sich untereinander gehasst und es gab Spieler, die nicht im selben Zug sitzen wollten. Die Fans haben bei manchen Spielen nichts gegessen, weil sie z.B. am Bus der Detroit Red Wings vorbei gemusst hätten, um zum Imbissstand zu kommen – es war eine persönliche Sache. Heute fehlt dieser Hass beim Spiel – und ich meine Hass nicht im sozialen, sondern im rein sportlichen Sinne. Das Spiel wird immer mehr verkauft und der kleine Mann begreift die finanziellen Dimensionen gar nicht mehr, in denen sich der Sport jetzt bewegt. ‚Old-time hockey‘ meint einfach die Härte, mit der man spielte, nach dem Motto: ‚If you can‘t beat him in the alley, you can’t beat him on the ice‘. Haha. Wobei das ja nicht bierernst gemeint ist. Genau wie bei ‚Slapshot‘, wo sich die Brüder Folie um die Hände binden, um die Gegner ordentlich zu verdreschen. Das Ganze ist eher witzig gemeint.

Spielst du selber Eishockey?

Nicht mehr. Ich habe eine Zeit gespielt, aber mir wurde das zu teuer. Außerdem schlaucht dich so ein Spiel extrem und du kommst manchmal nicht vor eins oder zwei nach Hause. Heute habe ich Kinder und gehe immer früh ins Bett, haha.

Ich denke, hierzulande können viele Eishockey-Fans nichts mit Punkrock anfangen. Wie sieht das in Kanada aus?

Weißt du, in Kanada erstreckt sich Eishockey über die ganze Gesellschaft, die unterschiedlichsten Menschen kommen bei diesem Sport zusammen. Shania Twain z.B. hat vor kurzem die Juno-Awards in Kanada gewonnen und hat dort bei jedem Lied ein anderes kanadisches Hockeyteamjersey angezogen. Die Leute fanden das klasse. Wir erreichen auch die unterschiedlichsten Menschen, weil wir uns HANSON BROTHERS genannt haben. Sie kommen deswegen sogar zu Shows von NO MEANS NO und entdecken dadurch manchmal erst unsere Musik.

Ich glaube in Deutschland würde das nicht funktionieren …


In Kanada sind die drei Hockey-Hansons ein Phänomen. Jeder kennt sie und die Leute, beonders die Eishockeyfans, finden einfach alles gut, was mit ihnen in Verbindung steht.

Hast du sie mal getroffen?

Nein, leider noch nicht. Ich glaube aber, Steve Carlson ist ein großer AC/DC-Fan, haha. Ich habe keine Ahnung, ob die uns und die Musik überhaupt kennen. Ist aber auch egal. Wir haben uns einfach den Namen gegeben und stehen sonst in keiner Verbindung zu ihnen. Wir spielen für unsere Fans und dabei steht der Spaß im Vordergrund. In Alberta gibt es so eine Art Eishockey-Bierliga, immer am Ende des Jahres veranstalten die ein Turnier und eine große Party, auf der wir aufgetreten sind. Es ist einfach ein schöner Mix aus Leuten auf so einem Konzert, die dort sind, weil sie einfach Party machen wollen und da sind wir gern dabei.

Eure Texte drehen sich in erster Linie um Eishockey …

Weißt du, jeder Song ist ein großer, langer Witz und die Kanadier verstehen das. Ich glaube, die Deutschen kapieren nicht jeden Witz, den wir machen. Es gibt aber wirklich nichts Ernstes in den Songs. Das letzte Album thematisiert mit ‚The Last Canadian Boy‘ ein bisschen die Sichtweise der Amerikaner auf Kanada. Eishockey ist das Letzte, was die Kanadier noch an Amerika verlieren können. Wenn Eishockey auch noch an Amerika verloren geht, gilt das auch für die kanadische Nation. Das ist echt wahr. Eishockey verbindet die Kanadier untereinander. Was du heute im Fernsehen siehst, ist amerikanisches Eishockey. Sie kontrollieren es und machen damit das eigentliche Spiel kaputt. Der Song spielt halt ein bisschen auf die Problematik an, dass uns das Letzte geraubt wird, was uns noch als Kanadier ausmacht, aber zu tiefschürfend ist der Song nun auch wieder nicht.

Sind die HANSON BROTHERS eigentlich nur als Nebenprojekt von NO MEANS NO zu verstehen oder hat das Ganze schon zu viel Eigendynamik entwickelt?


Das ist ein reines Fun-Ding für uns. Es ist zwar ein eigenes Ding geworden, aber wir haben damals noch nicht mal an eine Tour gedacht. NO MEANS NO sind halt was ganz anderes, persönlicher und mehr an der Musik interessiert. Der Hauptgrund für die HANSON BROTHERS waren die RAMONES, unsere Lieblingsband. Wir haben uns gedacht: Hey, lasst uns eigene RAMONES-Songs machen, einfach so zum Spaß. Mit den HANSON BROTHERS machen wir das halt auf kanadische Weise, singen über Eishockey und Bier, das, was uns eben Spaß macht. Das ist einfach unser Tribut an die RAMONES. Aber die Eigendynamik ist schon da. Wir haben ja immerhin schon drei Platten draußen und gehen auf Tour, aber in erster Linie, um Spaß zu haben.

Woher kommen die schönen Ideen für eure Plattencover? Besonders das Cover von „My Game“ find ich klasse.

Die Idee kam nach dem ersten Album, wo wir ja ein RAMONES-Cover benutzt haben – alle HANSON-Albumcover sollten von bekannten Punkbands inspiriert sein. Das zweite Cover ‚Sudden Death‘ ist von D.O.As erster Single ‚Thirteen and a Prisoner‘ beeinflusst und ‚My Game‘ ist natürlich vom ‚My War‘-Album von BLACK FLAG.

Eure aktuelle Platte heißt „Brad“. Warum eigentlich nur eine E.P. und kein Album?

Wir hatten einfach kein Album fertig, wollten aber was haben, um die aktuelle Tour zu promoten. Die Nachfrage war so groß, dass wir beabsichtigen, im September wieder nach Europa zu kommen, um überall dort zu spielen, wo wir noch nicht waren. ‚Brad‘ ist eine Single, die wir mal vor zehn Jahren aufgenommen haben und die anderen Stücke sind Outtakes von unserem zweiten Album. Es ging nur darum, die Tour zu promoten.

Euer ganz spezieller deutscher Freund scheint ja Heino zu sein. Warum habt ihr ein Lied über ihn gemacht?

Dieser Song entstand aus einem Schicksalsmoment heraus. Greg, ein Freund von uns, schenkte Tom eine Heino-Platte und wir gingen damit in eine Punkrockbar. Wir standen vor der Tür, und uns wurde bewusst, dass Tom diese Platte in der Hand hatte. Wir überlegten, was die Leute wohl denken würden, wenn wir in eine Bar mit einer Heino-Platte marschieren. Ich machte die Tür auf, und Greg drehte sich zu Tom um und sagte: You can’t hide the Heino! In dem Moment wussten wir, dass wir einen Song draus machen wollten. Der Song bedeutet aber eigentlich gar nichts. Wir haben nur überlegt, wie wir mal die Deutschen ärgern können. Die RAMONES haben auch ein paar Songs mit Deutschland-Bezug gemacht und wir fanden das lustig, also haben wir dasselbe gemacht, um unserem RAMONES-Stil treu zu bleiben. Außerdem steht Tom auf verrückte Musik und lustige Charaktere und Heino ist so einer. Ich habe bis jetzt noch nicht ein Lied von ihm gehört. Ich finde es großartig, dass dieser Mann existiert. Wie ein deutscher Roger Whittaker.

Was sind eure Pläne für die Zukunft? Geht es erstmal mit den HANSON BROTHERS weiter oder macht ihr bald mal wieder was mit NO MEANS NO?

Wir gehen erstmal noch mit den HANSON BROTHERS auf Tour und spielen dann auch noch neben Europa ein paar Shows in den USA, weil wir dort auch schon lang nicht mehr waren. Aber wir bringen demnächst auch noch eine NO MEANS NO ‚Best of‘ raus, ebenso wie unseren Backkatalog auf Southern Records. Dann gehen wir wohl mit NO MEANS NO noch mal auf Tour.

Bist du, angesichts der langen Zeit, die ihr schon dabei seid, die ganze Tourerei nicht manchmal leid?

Nein, es macht immer noch eine Menge Spaß und so lange uns die Fans sehen wollen und die Promoter uns unterstützen, machen wir weiter. Warum auch nicht?

Na dann auf die nächsten 20 Jahre! Vielen Dank für das Interview.


Fotos: Achim Friederich