Else Admire, der selbsternannte King of Trash – legendär seine Hitsingle „Metzgereiverkäuferin“ –, musste seine Wohnung in Bamberg nach 23 Jahren verlassen. Den Abschied von „Elseland“ hat er aber noch mit einem rauschenden Fest gefeiert. Mit allem, was dazu gehört: Feuerwerk, Unmengen Alkohol, trashige Musik und Polizeibesuch zu später Stunde. Und natürlich hat Else den Verlust seiner Wohnung über der ehemaligen Schlachthofgaststätte in der Lichtenhaidestraße auch künstlerisch verarbeitet. „Generalsaniert“ heißt deshalb seine neue Single und Else Admire hat dieses Jahr noch einiges vor, wie er im Interview erzählt.
Warum musstest du eigentlich aus deiner Wohnung raus?
Das war ein harter Schlag für mich. Die ganze Geschichte, wie es dazu gekommen ist, schildere ich ausführlich in einem Beiblatt zu meinem neuen Album „Rock’n’Roll Inferno“. Ein klassischer Fall von Gentrifizierung. Aus meiner schönen Wohnung haben sie ein Luxus-Apartment gemacht, das sich kein normaler Mensch leisten kann. Gerade für Leute wie mich, die weniger Geld verdienen, ist es ja extrem schwer, eine neue bezahlbare Wohnung zu finden.
„Elseland“, wie du deine Wohnung getauft hattest, war mehr als nur ein Platz zum Schlafen und Essen für dich, oder?
Dort war unser Proberaum, ich habe dort Konzerte und Lesungen veranstaltet oder Videoclips gedreht. Bei mir waren Bands wie THE FUZZTONES, THE MASONICS, THE DEFECTORS oder PISSE zu Besuch. Viele internationale Gäste aus Japan, USA, Dänemark, Belgien oder England. Von PISSE gibt es sogar eine Live-Aufnahme aus meiner Küche, die ich als Single veröffentlicht habe. Die Wohnung war Dreh- und Angelpunkt meines kreativen Schaffens. Und natürlich gab es dort auch Partys ohne Ende. 1995 bin ich dort eingezogen, damals für eine Miete von 628 Mark für etwa 130 Quadratmeter. Vermieter war die Stadt Bamberg. Die Schlachthofkneipe unter meiner Wohnung war immer ziemlich spektakulär. Da wurde oft Karten um sehr viel Geld gespielt.
Dein Klo hat es ja auch zu lokaler Berühmtheit geschafft. Das war mal Teil des Tags des Offenen Denkmals in Bamberg.
Ja, meine schön dekorierte „Toilet Of Fame“, haha. Da waren auch jede Menge Gäste da. Das war sehr lustig. Ich habe das aufgezogen wie eine Vernissage mit Sektempfang und Häppchen. Da hingen Bilder von allen möglichen Leute, die ich getroffen habe. KISS, RAMONES oder Ricky Shane, aber auch viele obskure Sachen. Viele Bands, mit denen ich unterwegs war, oder zum Beispiel ein Brief vom damaligen amerikanischen Präsidenten Bill Clinton, der mir mal zurückgeschrieben hat. Backstage-Pässe oder Kunstwerke, unter anderem vom Pop-Art-Künstler Jim Avignon, der mich mal porträtiert hat.
Wie hart hat es dich getroffen, als du „Elseland“ aufgeben musstest?
Das war ziemlich bitter, weil sich die Vertreter der Stadt verhalten haben wie die übelsten Immobilien-Haie. Die haben das Haus systematisch verfallen lassen, um dann alle anderen Mieter einfach rauszuwerfen. Es war ein wunderschönes Jugendstilhaus, und das haben sie ohne Rücksicht auf Verluste einfach umgebaut. Aus meiner Wohnung zum Beispiel haben sie einfach zwei gemacht. Die sind jetzt jeweils für 1.470 Euro warm ausgeschrieben. Die haben da also maximalen Profit herausgeholt.
Was bleibt noch von „Elseland“?
Natürlich jede Menge Erinnerungen. Ich habe zum Beispiel jedes Jahr eine Party in Gedenken an Elvis Presley veranstaltet. Bei einer meiner letzten Feiern war auch die Münchner Filmemacherin Gloria Behrens da, die eine Dokumentation über mich und meine Wohnung gedreht hat. Die ist Teil einer Serie, in der auch andere Künstler wie AMON DÜÜL oder Sigi Pop von den MARIONETZ gezeigt werden. Der Film soll im September ins Kino kommen. Bei der allerletzten Party ist die Polizei sogar mit einem SEK in Kampfanzügen und mit Maschinenpistolen angerückt, weil sich die Nachbarn wegen der Lautstärke beschwert hatten. Und das an Silvester. Die Wohnungssuche danach war katastrophal, weil man schon sehr viel Glück haben muss, um eine bezahlbare Bleibe zu bekommen. Durch einen Zufall bin ich jetzt in der Gartenstadt gelandet. Eine Wohnung über zwei Etagen, die ich sofort genommen habe.
Die Single „Generalsaniert“, in der du die Trennung von deiner geliebten Wohnung thematisierst, ist Vorbote für dein neues Album „Rock’n’Roll Inferno“. Geht’s da auch um „Elseland“?
Nein, nur in den beiden Songs „Generalsaniert“ und „Die Wohnung, die es nicht mehr gibt“. Sonst beschäftige ich mich mit meinen Lieblingsthemen Liebe, Sex und Zärtlichkeit. Bis auf meine Arbeiterhymne „Eisenflechter Blues“, die wir auch aufs Album gepackt haben, obwohl der Song schon älter ist. Von dem haben wir endlich mal eine richtig gute Version aufgenommen. Das Album war übrigens die letzte Platte, die ich in meiner Küche aufgenommen habe. Durch die 3,70 Meter hohe Decke hatte der Raum einen unglaublich guten Sound. Aufgenommen hat uns mein Kumpel Scratch Dee, der sich als Produzent und Labelmacher in der HipHop-Szene einen Namen gemacht hat.
Du sagst selbst über die Platte, dass der Sound eigentlich viel zu gut ist. Was meinst du damit?
Der Sound ist einfach komplett anders, aber trotzdem ist es natürlich ein typisches Else-Album geworden. Das liegt vor allem an meiner neuen Begleitband THE ROCKIN’ LAFAYETTES. Das sind alte Freunde von mir aus Fürth. Anfangs wollten wir eigentlich nur die Single zusammen einspielen, aber weil das ganze Equipment aufgebaut war, haben wir einfach ein ganzes Album aufgenommen. Das ist auch alles an einem Tag passiert. Wir haben dann nur noch nachträglich die Mädels aufgenommen und ein paar technische Spielereien ergänzt.
Bedeutet das Album auch das Ende deiner bisherigen Begleitband, den BREITENGÜSSBACH DOLLS?
Mit den BREITENGÜSSBACH DOLLS gibt es aktuell ein paar Probleme, weil unsere Gitarristin nach Bremerhaven gezogen ist. Ersatz zu finden, ist gar nicht so einfach. THE ROCKIN’ LAFAYETTES sind alles Profimusiker, die leben davon. Deshalb spielen sie lieber einen gut bezahlten Gig auf einer Hochzeit, als für Spritkohle durch irgendwelche Punkläden zu tingeln. Aber natürlich wird es mit ihnen eine vernünftige Releaseparty geben. Wir hatten auch geplant, gemeinsam vier Konzerte in England zu spielen, das wurde aber wegen Corona leider abgesagt.
Zum Song „Don’t tell her father, that I’m her secret lover“ habt ihr ja sogar ein Video in Ägypten gedreht. Wie kam es dazu?
Ich bin einfach hingeflogen und dann haben wir den Clip in Kairo gedreht. Wir hatten uns eine Drehgenehmigung fürs ägyptische Nationalmuseum gekauft. Dort sind auch ein paar Bilder entstanden. Das ist so eine Art kleiner Roadmovie mit Pyramiden und Girls. Autos, Hubschrauber, Explosionen. Alles dabei.
Es kommt auch noch ein neues Best-Of-Album mit dem Titel „Golden Greatest“ heraus.
Das wird ein besonderes Cover haben. Die letzte Arbeit von Werner Kohn für mich, der dieses Jahr gestorben ist. Ein deutschlandweit bekannter Fotograf aus Bamberg, der Ausstellungen auf der ganzen Welt gemacht und unzählige Bildbände herausgebracht hat. Ein großer Verlust. Inhaltlich ist die Kompilation ein Angebot für Einsteiger mit Songs aus den letzten dreißig Jahren. Nur Killer, keine Füller. Außerdem will ich meine Single „Metzgereiverkäuferin“ wegen der großen Nachfrage neu auflegen. Das Teil ist ja schon seit Jahren ausverkauft. Im Internet wird die Single teilweise schon für dreißig Euro oder mehr angeboten.
Das alles kommt wie immer über dein eigenes Label Fränkische Schallplattenindustrie heraus, oder?
Ja, genau. Allerdings habe ich gerade Riesenprobleme mit den Presswerken. Die lassen mich ziemlich hängen, deshalb hat sich der Release auch erheblich verzögert. Die pressen gerade lieber für die Musikindustrie alle möglichen Scheißplatten nach, als die Leute zu bedienen, die sie in den letzten dreißig Jahren am Leben gehalten haben. Kleine Labels sind für die Presswerke einfach nicht mehr existent. Das ist echt eine Katastrophe. Und wenn, dann hat man Wartezeiten von über einem Jahr. Deshalb mussten viele kleine Labels schon aufgeben.
Was ist eigentlich aus deinem Filmprojekt „Grabräuber aus dem Weltall“ geworden? Davon habe ich seit Jahren nichts mehr gehört.
Das liegt momentan auf Eis. Ich habe zehn Jahre gebraucht, um alle Schulden davon abzubezahlen. Das hat damals alles viel Geld gekostet. 40.000 Euro etwa. Irgendwann ging es nicht mehr weiter, weil ich mich finanziell komplett übernommen hatte. Dazu kommt, dass ich nach langer Suche mit Paul-Heinz Knipp endlich einen Produzenten gefunden hatte und der ist leider kurze Zeit später gestorben. Es sollte eben nicht sein.
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