Ed wurde in England geboren, wuchs aber in der Bundesrepublik auf, da seine Eltern im zivilen Bereich für die in Deutschland stationierten britischen Truppen arbeiteten. Nachdem die Familie Mitte der Achtziger nach Großbritannien zurückzogen, entdeckte er Punk, fing an, die Schule zu schwänzen, um ja keinen Auftritt von den ADICTS zu verpassen. Zusammen mit Tommy gründete er THE STUPIDS, die bereits 1985 den Skatepunk-Klassiker „Peruvian Vacation“ auf dem legendären Children Of The Revolution-Label aus Bristol veröffentlichten. Über die Jahrzehnte folgten weitere Bands, etwa SINK, BIG RAY oder K-LINE, sowie unzählige Releases. Heute lebt Ed im Süden von London, ist verheiratet und Vater von zwei Kindern und spielt aktuell bei der Hardcore-Punk-Band DEALING WITH DAMAGE. Das Interview fand im April 2020 statt.
Wie kommen du und der Rest von DEALING WITH DAMAGE mit dem Corona-Lockdown klar?
Er bedeutet, dass wir ein paar Shows verpassen, auf die wir uns sehr gefreut haben, proben können wir auch nicht. Wir hatten sehr hart an ein paar neuen Songs gearbeitet und kamen gut voran, bis das Virus uns einen Strich durch die Rechnung machte. Das nervt, aber wir sind alle gesund, es hätte viel schlimmer kommen können. Wir haben eine neue digitale EP. Sie heißt „Home Security“ und erscheint auf Little Rocket Records. Es gibt einen Videoclip für den Song „Lady day“, um die EP zu promoten, schaut danach auf Bandcamp oder bei einem Streaming-Service. Ich habe während des Lockdowns angefangen, an ein paar HipHop-Songs zu arbeiten, der DEALING WITH DAMAGE-Gitarrist Andy und unser Kumpel Roop, der unser-Album „Ask The Questions“ gemischt hat, helfen mir dabei. Es klingt richtig gut, und sollten sie irgendwann fertig werden, laden wir die Songs auf Bandcamp hoch.
Zwischen SINK/BIG RAY und der Gründung von DWD 2015, was hast du da noch alles gemacht? Ich weiß, du warst vorübergehend bei BILLY NO MATES sowie ein essentieller Teil von den fantastischen K-LINE ...
Gegen Ende von SINK hatte ich ein Studioprojekt mit Kermack von SINK und unserem guten Freund Clive Watling. Wir nannten uns YARDMAN, veröffentlichten drei 7“-EPs auf drei verschiedenen Labels am gleichen Tag – was ich ziemlich cool fand. Nachdem Kermack verstarb, nahmen Clive und ich eine letzte YARDMAN-Session auf mit David und Chris aus Manchester, die Songs blieben aber unveröffentlicht. Von 1993 bis 1999 war ich auch in einer Band namens CHOCOLATE. Als SINK zu BIG RAY wurden, beschlossen wir, dass es eine gute Idee wäre, Punkrock und die akustischen Sachen getrennt zu halten. BIG RAY erbte die „Erwachsenenmusik“ und CHOCOLATE bekamen das krachige, punkige Zeug. CHOCOLATE fingen mit mir als Gitarrist und Sänger, Wolfie Retard von STUPIDS am Bass und John Ruscoe von SINK als Schlagzeuger an. Wir brachten ein Mini-Album, vier 7“s und ein Album heraus. Zudem existiert noch ein unveröffentlichtes Album irgendwo, an dem ich 1999 arbeitete, als James und Zac mich kontaktierten, um eine Band zu gründen, aus der letztendlich K-LINE wurde. Dann gab es da noch eine besondere verrückte Deutschlandtour Mitte der Neunziger. John Ruscoe und ich flogen nach München, um uns mit Markus und Micha von THE NOTWIST und Dirk und Christopher von LOCUST FUDGE zu treffen, um eine einmalige Touring-Band zu werden. Es war die Idee von unserem Booker Wieland Kramer aus Berlin, der sich in den Kopf gesetzt hatte, dass wir alle prima miteinander auskommen und zusammen großartige Musik machen würden. Die Tour fing damit an, dass John und ich im Münchener Flughafen festgenommen wurden, weil man uns verdächtigte, Drogenkuriere zu sein. Nach ein paar Stunden war das Ganze aufgeklärt und wir konnten uns endlich mit den anderen treffen, um mit den Proben für die Tour loszulegen. Zwei Tage später waren wir als die FAMILY AFFAIR TOUR BAND unterwegs. Jeder steuerte drei bis vier Songs bei und überlegte sich dann, welches Instrument er beim jeweiligen Stück spielen würde. Manche Lieder wurde solo präsentiert, bei anderen spielten alle sechs von uns mit. Musikalisch reichte das Set von Country über schwereren, bluesigern Rock bis zu Punk und sogar ein bisschen Elektro. Vom ersten bis zum letzten Ton ahnte niemand von uns, was als Nächstes passieren würde. Es war absolut großartig, mit den Jungs zu spielen, rückblickend erscheint alles eher wie ein Traum. Ein definitives Karriere-Highlight!
Mir scheint es manchmal, als ob einige von uns aus der Hardcore-Szene Mitte der Achtziger den Großteil der Neunziger bis ungefähr 2010 außerhalb der Szene verbrachten, um seither langsam wieder den Weg zurück zu finden. Kommt dir das bekannt vor?
Ja, tut es. Aber meine „Timeline“ weicht ein wenig ab. Ich verließ die DIY-Punk-Szene ab 1995, bis wir Anfang 2000 K-LINE gründeten. Obwohl ich während der Zeit Platten herausbrachte und mit CHOCOLATE Shows spielte, hatte ich nicht das Gefühl, dass wir Teil von etwas Größerem seien oder dass wir in irgendeine Szene reinpassten. Zu der Zeit gab es viel Straight-Edge- und Crossover-Zeug in Großbritannien, was mir nicht wirklich etwas bedeutete. 1996 wurde ich dreißig, fühlte mich ein wenig alt und verbraucht und hatte nicht das Bedürfnis, mich bei einer Szene von 18- bis 25-Jährigen und dem, was sie aufzubauen begannen, anzubiedern. Also machte ich weiterhin Musik, aber mit wenig Gefühl dafür, was mit allen anderen so „passierte“. Um 1994 herum legte meine damalige Frau mir außerdem mit Nachdruck nahe, mich um einen „richtigen“ Job zu kümmern, damit wir weiter ein Dach über dem Kopf haben würden. Einkünfte aus der Musik waren nahezu nicht existent, das hat mich in Panik versetzt. Schließlich landete ich bei der British Telecom, dort entdeckte ich das Internet. Zu diesem Zeitpunkt hatte nur eine Handvoll Haushalte in England eine Internetverbindung und ich hatte keinerlei Erfahrung in Sachen IT. Ich verliebte mich aber sofort in die Idee, dass ein Netzwerk aus Computern überall auf der Welt eine Einheit ergab, die niemandem gehörte. Ich sah sofort eine Parallele zum DIY-Hardcore-Punk-Netzwerk der frühen Neunziger, in das ich involviert gewesen war. Das war der Punkt, an dem ich anfing, mich für meinen Job zu interessieren, ich wollte mehr über diese wunderbare Errungenschaft erfahren. Ich war das erste Mal von etwas begeistert, das mir auch dabei helfen würde, die Miete zu zahlen. Ein paar Jahre lang konzentrierte ich mich darauf, wurde ein IT-Nerd und die Musik trat ein wenig in den Hintergrund. Das passte ganz gut, da bei der Band praktisch fast nichts los war und niemand mich vermisste.
Ich mochte immer sehr den akustischen Block im Set von SINK. Warum hast du dich dazu entschlossen, dein Interesse an Roots Music von Punk/Hardcore zu trennen, nachdem SINK Geschichte waren?
Lustig, dass du fragst, ich hatte mir neulich das erste Mal nach zwanzig Jahren das letzte SINK-Album angehört. Ich war völlig geplättet, wie selbstzerstörerisch, wie vielseitig es war. Es gibt vier Tracks, die erwartungsgemäß, groovige Post-FUGAZI-Songs sind, ein verrücktes BEACH BOYS-Cover, eine Mini-Suite von vier sehr kurzen Stücken, die alle Buddha huldigen, ein paar geklaute Midtempo-REPLACEMENTS-Zitate und einige verwirrte Akustiksachen. Völlig verrückt! Das Ding ist, der SINK-Sound entwickelte sich völlig organisch, nachdem Paul und ich ab 1986/87 nicht mehr ausschließlich Punk und Hardcore hörten. Um Paul gegenüber fair zu sein, er hörte schon lange, bevor wir mit SINK anfingen, Blues und Rockabilly. Ich war derjenige mit dem engstirnigen Musikgeschmack. Die Idee, schnelle Punk-Songs mit Blues und straighter Country-Musik in gleichen Sets zu mischen, kam uns überhaupt nicht komisch vor und wir verschwendeten keinen Gedanken daran, wie andere es finden würden. Ich war auf einer Mission, diese coole Musik, die ich entdeckt hatte, mit meinen Punkrock-Brüdern und -Schwestern zu teilen. Aber anscheinend irritierte es andere Menschen sehr und das war nicht immer zu unserem Vorteil. Das wurde deutlich, als SINK Decoy Records verließen auf der Suche nach einem neuen Label, um „Vega-Tables“ zu veröffentlichen. Wir hatten viele Meetings mit Labels, die alle die gleiche Frage stellten: „Wir verstehen das Album nicht wirklich, welche Art von Band wollt ihr sein?“ Was sie meinten, war, dass, wenn sie unsere Platte verkaufen sollten, sie uns auch vermarkten können mussten. Wir reden nicht von Majors, sondern von Indielabels ab einer gewissen Größe, die auf unsere Mitarbeit angewiesen waren, um Stückzahlen zu bewegen. Zu der Zeit verwirrte uns die Frage total, und als unser neues Label City Slang uns darum bat, ein rein akustisches Album aufzunehmen als Nachfolger für „Vega-Tables“, waren unsere Zweifel so sehr gewachsen, dass wir uns dazu entschlossen, SINK zu beenden, um unter dem Namen BIG RAY in Richtung eines Roots-fokussierten R.E.M.-Klangbilds weiterzumachen. Das Ding ist jedoch, ich kann nicht lange die Finger vom Punkrock lassen, und als ich das nächste Mal das Bedürfnis hatte, laute, schnelle Musik zu spielen, entschlossen John Ruscoe und ich uns, eine neue Band zu gründen, CHOCOLATE, um den Juckreiz zu stillen.
Was gibt dir akustische Musik, das du nicht von Punk bekommst, und auch andersherum?
Ich schätze, es bietet mir die Gelegenheit, anderes Material zu spielen, wenn ich akustisch unterwegs bin, und das Arrangieren ist definitiv einfacher. Es braucht auch weniger Equipment. Ich liebe die Idee von einer Gitarre und Gesang, genieße es aber am meisten als Duo. Ich finde es immer spannend, mit Leuten zusammen zu spielen, die mich anspornen. Ich bin zu allem bereit, wenn es mich interessiert, fordert und ich Spaß haben kann. Ich habe in letzter Zeit wieder ein paar Auftritte als Bassist gehabt, das genieße ich sehr, vor allem wenn der Drummer seinen Job beherrscht.
Was passierte eigentlich mit Kermack, dem Drummer von SINK?
Das ist eine sehr traurige Geschichte. Kermack war der vierte Schlagzeuger bei SINK – nach Redwood Pete, Tommy Stupid and John Howie Jr. –, er war aber auch derjenige, mit dem wir die meisten Shows spielten und er ist auf den beiden letzten Alben zu hören, die wir gemacht haben. Ein großartiger Drummer und in jeder Hinsicht eine „Larger than life“-Persönlichkeit, sowohl physisch wie auch vom Wesen her. Eine Naturgewalt. Viele Leute sagten, sie kämen zu unseren Auftritten, nur um ihm beim Spielen zuzuschauen, und ich kann es ihnen nicht verübeln. Er war der erste Mensch, den ich kannte, der an Krebs erkrankte, aber wir waren alle so jung damals, niemand von uns hatte damit Erfahrung in unserem Leben. Als er krank wurde und all diese mysteriösen Symptome bekam im Laufe eines Jahres, die immer schlimmer wurden, ging er zwar zu mehreren Ärzten, die aber alle nicht die richtige Diagnose fanden. Während einer Autofahrt wurde er dann ohnmächtig, seine Freundin musste das Lenkrad übernehmen, sonst wären sie irgendwo gegengeknallt. Er kam wieder ins Krankenhaus, diesmal wurde er gescannt und es wurde ein Gehirntumor festgestellt. Leider hatte dieser inzwischen überall im Kopf gestreut und obwohl er operiert wurde, war er inzwischen zu schwach und starb letztendlich an den Folgen der OP. Er und seine Partnerin Wendy waren sehr früh Eltern geworden, Kermack war erst 26, als er starb, ihr Sohn James war damals neun und Tochter Billie vielleicht fünf oder sechs. Wir sind nach wie vor mit ihnen in Kontakt, James und Billie waren auch bei der SINK-Reunion-Show, die wir 2016 an meinem fünfzigsten Geburtstag veranstalteten. James kam sogar auf die Bühne, um einen Song mit uns zu spielen.
Wie sieht der Songwriting-Prozess bei DEALING WITH DAMAGE aus? Was kommt zuerst? Wörter oder Riffs?
Der Ablauf variiert zum Teil, meistens fängt es aber damit an, dass ich an einer Strophe/Refrain-Idee herumbastele. Meistens auf der Gitarre, manchmal auch dem Bass, mit ein bisschen Gesang, das schicke ich dann als mp3 an die anderen. Das mache ich genau genommen ganz schön oft, ich habe zu viele Ideen für eine Band mit so wenig Zeit. Meistens werden die Mails ignoriert, was kein bisschen frustrierend ist, aber manchmal beißt einer von den anderen an, wie ein geduldiger Angler spüre ich einen kleinen Ruck an der Leine und einer von ihnen sagt, er mag diese oder jene Idee – und wir fangen an, als Band daran zu arbeiten. Alle außer unserem Schlagzeuger können zu Hause aufnehmen, so dass Andy und Paul auch anfangen können, an ihren Parts zu arbeiten. Wenn wir in den Proberaum kommen, hat jeder bereits seinen Teil fertig und wir gehen dazu über, an Sachen wie Arrangement und Dynamik zu feilen. Das ist dann der Aspekt, der mir am meisten Freude bereitet: ein dürftiges Demo in einen richtigen DWD-Song zu verwandeln.
Die Texte auf „Ask The Questions“ behandeln Themen wie „Kritisches Denken, Sensibilität für psychische Leiden erhöhen und das mittlere Alter überleben“, so heißt es auf eurer Website . Kritisches Denken dürfte einleuchtend sein. Das mittlere Alter überleben könnte vielleicht auf Widerspruch stoßen bei der Fraktion, die meint, Menschen über fünfzig dürften keinen Punkrock mehr spielen. Was die psychischen Erkrankungen betrifft, scheint mir, als ob auch in der Punk-Szene ein verstärkter Fokus darauf liegt.
Ja, da stimme ich dir zu. Ich denke, die Punk-Szene spiegelt in dem Fall die Gesellschaft als solche wider. Zumindest in Großbritannien haben Fragen rund um die mentale Gesundheit einen ziemlichen Boost erlebt während der letzten Jahre. Zum Beispiel Depressionen und wie sie Lebensaspekte wie Schlafrhythmus, Essensgewohnheiten und Selbstwertgefühle beeinflussen. Speziell in der Punk-Community könnte man die Behauptung aufstellen, dass Menschen, die vom Fokus der Szene auf Kreativität, entspanntes Sozialverhalten, das gelegentliche Konsumieren von verschiedenen Substanzen, die manische Energie und den Kampf für einen alternativen Lebensentwurf angezogen werden – und bis hierher überlebt haben –, vermutlich unter diesem oder jenem leiden. Manche von uns ihr Leben lang. Jetzt hat es einen Namen und hoffentlich gibt es ein breiteres Verständnis dafür, was eigentlich mit uns los ist. Das alleine kann schon hilfreich sein. Ich hatte großes Glück, da ich selber nie betroffen gewesen bin, dafür habe ich täglich damit zu tun in meiner Familie, und da DWD inzwischen dafür bekannt ist, dass wir über diese Themen singen und auch bereit sind, darüber zu sprechen, kommen immer mehr Menschen nach Gigs zu mir und reden über die Herausforderungen, mit denen sie im Alltag konfrontiert sind. Die Punk-Community, mit der ich immer verbunden war, ist eine, die von Fürsorge, Teilen und Unterstützung lebt. Über psychische Leiden zu singen, damit diese Probleme mehr Beachtung bekommen, scheint mir ein guter Weg zu sein.
Worum geht es konkret in den Texten von „Strange melody“, „Worlds within a world“ und „Sharkbait“?
Diese drei Songs auf „Ask The Questions“ beziehen sich entweder auf oder sie handeln von meinem zwölfjährigen Sohn und seinen verschiedenen Diagnosen. Als da wäre zum Beispiel Autismus, Executive Function Disorder/ADD, Dyslexie und Dyspraxie. Er hat eine ziemliche Sammlung! Er ist ein wunderbarer, freundlicher, liebevoller, intelligenter und aufgeweckter Junge, der einfach völlig anders mit der Welt, die ihn umgibt, interagiert, als der Rest von uns es tut. Als Elternteil ist es mein Job, dafür zu sorgen, dass er sich glücklich und sicher fühlt – ohne mich dabei in einen Helikopter-Dad zu verwandeln –, und ihn auf den Tag vorzubereiten, an dem ich nicht mehr da sein werde. Angst ist ein Arschloch, ein Killer, der deine Seele auffrisst und dein Leben zerstört, wenn sie Überhand gewinnt. Angesichts der Herausforderungen, mit denen alle Kids konfrontiert werden, die im 21. Jahrhundert aufwachsen, müssen wir als Eltern unser Bestes geben, um sicherzustellen, dass sie auf einem guten Weg sind. Ein Kind zu haben, das offensichtlich anders ist, rückt diese Herausforderungen und Verantwortlichkeiten lediglich umso mehr in den Fokus. Als Performer hilft es mir zu wissen, dass die Themen, über die ich singe, real sind. Obwohl ich darüber Songs schreiben und bis zu einem gewissen Punkt die Welt, die meinen Sohn umgibt, für ihn übersetzen kann, hoffe ich, dass er eines Tages etwas Ähnliches tun wird. Egal, welchen Weg er einschlagen mag, es ist zwingend notwendig, dass autistische Stimmen den Ton angeben, wenn über das Thema diskutiert wird.
Was passiert als Nächstes bei DWD?
Nach der Veröffentlichung der „Home Security“-Digital-EP planen wir bereits die Aufnahmen vom „Ask the Questions“-Nachfolger, wahrscheinlich in drei bis vier Sessions, immer dann, wenn eine Handvoll Songs soweit sind. Der Plan ist, genug Shirts, CDs, 7“s und so weiter zu verkaufen, um eine Aufnahmesession finanzieren zu können, und immer so weiterzumachen, bis dreißig Minuten an Material stehen. Unser Sound hat sich bereits seit „Ask The Questions“ verändert, vor allem weil Andy andere Qualitäten hat als John, unser letzter Gitarrist. Wir versuchen, aus dieser Tatsache das Optimum herauszuholen. Die neuen Songs sind grooviger, basslastiger, ähnlich wie GIRLS AGAINST BOYS oder SOULSIDE – aber natürlich mit unserem Stempel versehen. Wir werden weiterhin so viele Gigs spielen wie möglich, ohne geschieden oder gekündigt zu werden. Unsere guten Freund*innen DANGER!MAN und LUCKY MALICE haben uns eingeladen, nach Norwegen zu kommen und wir arbeiten daran, dass es klappt.
Du hast mir noch nicht erzählt, wie es war, beim RUTS DC Weekender zu spielen.
Ich bin, seit ich 13 Jahre alt war, Fan von RUTS und THE RUTS DC und mit ihnen im letzten Jahr zusammenzuspielen war ein wunderbares Erlebnis. Leicht surreal. Segs, Ruffy und Leigh waren sehr liebenswert, sie stellten eine super PA für die Supportbands bereit. Wir waren sehr geehrt, als sie fragten, ob wir dabei sein wollen. Segs ist ein großer Fan von unserem Song „Slow shadow“, angeblich war das hilfreich, als es darum ging, wer den Zuschlag bekommt. Es war interessant, wieder auf einem Konzert zu sein, wo ich bei weitem nicht der Älteste war, und es fühlte sich richtig an, Musik zu spielen, die ein Stück weit auch durch THE RUTS inspiriert wurde, vor deren langjährigen Fans.
Wie ich bist auch du ein großer THE DAMNED-Fan. Was ist das Geheimnis für deren andauernde Relevanz?
Korrekter wäre es zu sagen, ich sei ein riesiger Fan von einer bestimmten Periode in der Geschichte von THE DAMNED. Das erste Album ist großartig, aber von „Machine Gun Etiquette“ bis „Strawberries“ ist meine Lieblingsperiode. Was mich fasziniert, sind das Songwriting und die Persönlichkeiten von Captain Sensible, Dave Vanian und Paul Gray. Zu ihrer ungebrochenen Relevanz: Nun, sie haben diese Songs und sind immer noch in der Lage, sie live überzeugend rüberzubringen. Solange die drei noch involviert sind und weiterhin so extraordinär gute Live-Shows spielen, inklusive Songs aus der genannten Periode, werde ich sie mir anschauen – so oft wie möglich. Paul Gray hat zudem mittels Songs wie „Wait for the blackout“ so ziemlich die Blaupause für sämtliche D.C.-Post-Hardcore-Bassisten geliefert.
Irgendwelche Gedanken dazu, wie es Großbritannien ergehen wird nach dem Brexit, vor allem mit dem zusätzlichen „Geschenk“ Corona?
Ich hoffe sehr, dass sich irgendetwas Gutes aus der ganzen Corona-Situation ergeben wird; dass die G7 und Co. ihr „neokapitalistisches“ System überdenken, in dem wir seit Jahren leben, und endlich anfangen, nach alternativen Lösungen zu suchen. Wir dürfen nicht den Klimawandel aus dem Fokus verlieren und müssen dringend einen Kurswechsel herbeiführen, um den totalen Zusammenbruch in der nahen Zukunft zu verhindern. Der Lockdown hat auf eine extreme Weise gezeigt, dass unsere Art zu leben nicht in Stein gemeißelt ist – und dass Regierungen wie auch die Bevölkerung in der Lage sind, sich kurzfristig an weitreichende Veränderungen anzupassen, wenn es erforderlich ist. Ich befürchte nur, dass einflussreiche Lobbyisten bereits alles in ihrer Macht stehende tun, damit wir so schnell wie möglich zur alten Tagesordnung zurückkehren. Ich weiß aber auch, dass Millionen von Menschen auf der ganzen Welt sich nach Veränderung sehnen – und das so bald wie möglich. Wir dürfen die Hoffnung und unseren Einsatz für eine bessere Welt nicht aufgeben.
Gibt es noch etwas, das du loswerden möchtest?
Ich möchte einfach sagen, dass es eine Ehre und große Freude ist, wieder im Ox zu sein, wahrscheinlich das erste Mal seit 1989. Wenn jemand da draußen DWD in Deutschland sehen möchte, bitte meldet euch. Wir sind günstig, dankbar für jede Hilfe und heulen nie rum. Bis dahin, wenn ihr die neue EP, ein T-Shirt oder ein Exemplar von „Ask The Questions“ kaufen möchtet, schaut bei uns im Netz vorbei!
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Diskographie:
STUPIDS „Retard Picnic“ (LP, Toxic Shock/Children Of The Revolution, 1986) • STUPIDS „Jesus Meets The Stupids“ (LP, Vinyl Solution, 1988) • STUPIDS „No Cheese! (The High-Way To Hell Tour Souvenir)“ (10“, Split w/ HARD-ONS, Waterfront/Vinyl Solution, 1988) • FRANKFURTER „Eat“ (12“, Vinyl Solution, 1987) • BAD DRESS SENSE „Goodbye ... It Was Fun“ (12“, Vinyl Solution, 1987) • BAD DRESS SENSE „We Rule“ (LP, Boss Tuneage, 2017) • SINK „Another Love Triangle“ (LP, Decoy, 1989) • SINK „Mama Sink, The First 18 Years (1963-89)“ (LP/CD, Decoy, 1990) • SINK „Old Man Snake And The Fat, Black Pig“ (LP, Decoy, 1990) • SINK „Vega-Tables“ (LP/CD, City Slang, 1991) • BIG RAY „Naked“ (LP/CD, City Slang, 1992) • BIG RAY „You Get What You Deserve“ (CD, Recovery, 1999) • BIG RAY „Business Class“ (CD, Boss Tuneage, 2001) • BIG RAY „Gateway To The South“ (Digital Only, 2014) • YARDMAN „Academy Fight Song“ (7“, Vinyl Japan, 1993) • YARDMAN „Have You Seen Her Face?“ (7“, Dirter Promotions, 1993) • YARDMAN „Another Blue One“ (7“, Damaged Goods, 1993) • CHOCOLATE „Substitute For Sex“ (CD, Dirter Promotions, 1993) • CHOCOLATE „Hunggiftedandslack“ (LP/CD, Out Of Step, 1995) • K-LINE „How You Gonna Scare Us Now?“ (LP/CD, Boss Tuneage/Does Everyone Stare, 2003) • BILLY NO MATES „Duck, Duck, Goose!“ (LP/CD, 10 Past 12/No Idea, 2011) • DEALING WITH DAMAGE „Ask The Questions“ (CD, Little Rocket, 2020) • DEALING WITH DAMAGE „Home Security“ (EP, Digital Only, 2020)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #151 August/September 2020 und Kent Nielsen