DROOGIEZ

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Do It Yourself

Nach 15 Jahren haben drei (Ex-)Mitglieder von OXYMORON, STOMPER 98, THE HINKS und den DEADBEATS ihre alte Band wiederbelebt: dem Teenageralter entwachsen und musikalisch mittlerweile mehr dem 77er Punk zugewandt, haben die DROOGIEZ ein kleines, aber sehr feines Release unters Volk gebracht. Selbstproduziert und veröffentlicht, lautet der Titel stilgerecht einfach nur „Do It Yourself“. Grund genug für einige Fragen zur Aufklärung, denn zum Neuanfang wurde auch der Bandname „angepasst“.

Auf dem Info-Flyer wird eure 4-Track-Scheibe „Do It Yourself“ ja als Comeback-CD betitelt. Welches Comeback? Die meisten dürften den Namen DROOGIEZ zum ersten Mal hören und für eine neue Band halten. Ist „D.I.Y.“ nicht sogar eure Debütscheibe?

Arne: Genau genommen ist es kein Comeback, da wir uns ja von „Droogie Bois“ in „Droogiez“ umbenannt haben. Zwischen 1993 und 1994 existierten die DROOGIE BOIS in verschiedenen Besetzungen, leider ohne eine brauchbare Veröffentlichung zu produzieren. Das letzte Mal, dass wir drei zusammen im Übungsraum standen, ist also 15 Jahre her. „D.I.Y.“ ist also in der Tat unsere Debüt-CD.

Lars: „D.I.Y.“ ist definitiv unsere Debütscheibe. Nicht nur weil wir damals mit den DROOGIE BOIS nichts Vernünftiges aufgenommen haben, sondern auch weil „D.I.Y.“ nur eigene Songs enthält. Als DROGIE BOIS Anfang der 90er waren wir vor allem eine Live-Band, die – neben eigenen Stücken – viele Oi!- und Punk-Klassiker gecovert hat, was zu der Zeit noch recht ungewöhnlich war. Als wir uns letztes Jahr schließlich wieder im Übungsraum getroffen haben, war uns allen schnell klar, dass die Band so nicht mehr funktionieren würde. Entweder ganz oder gar nicht! Tatsächlich gibt es nur einen einzigen Coversong in unserem Live-Set, welcher die 15-jährige Pause überlebt hat, nämlich „Droogs don’t run“. Und ich kenne kein Cover, das besser zu uns DROOGIEZ passen würde.

Ihr habt ja im Laufe der Jahre bei diversen Bands mitgespielt.

Arne: In den 80er Jahren war ich bei der Skapunk-Band THE OMSK, aus der dann 1992 THE HINKS entstanden, die es bis 2000 gab und bei der ich Gitarre gespielt und gesungen habe. Ab 1993/94 war ich dann eng mit den Jungs von OXYMORON verbandelt, denen ich dann nach der „Fuck The Nineties“-LP 1995 auch aktiv als Bassist beitrat und bei denen ich bis Herbst 1998 gespielt habe.

Lars: Seit ich circa 1987 mit dem Bassspielen angefangen habe, habe ich wohl in einem Dutzend verschiedener Bands mitgewirkt, mal Punkrock, mal Oi!; auch Ska, zum Beispiel mit Ole, der nun schon seit einigen Jahren bei SPRINGTOIFEL spielt, und Psychobilly waren dabei. Die meisten dieser Bands haben es allenfalls zu regional beschränkter Bekanntheit gebracht. Mitte der Neunziger war ich Sänger und Organist bei den DEADBEATS, einer Garagepunk-Combo aus Mittelfranken. Seit August 2008 zupfe ich bei STOMPER 98 den Bass.

Und jetzt ein neuer Anfang mit den DROOGIEZ. Wie würdet ihr eure Musik selbst beschreiben und warum beschreitet man nach den Erfolgen beispielsweise mit OXYMORON oder aktuell mit STOMPER 98 noch mal den steinigen Weg mit einer weiteren Band?

Arne: Ich würde unsere Musik schlicht und einfach als Punkrock bezeichnen. Dies impliziert für mich aber auch, dass Einflüsse aus dem klassischen Rock’n’Roll, Ska, Reggae, New Wave und Rock vorhanden sind, da eine Trennung der verschiedenen Musikarten manchmal unmöglich ist ... vielleicht gerade deswegen. Ich durfte mit OXYMORON Sachen erleben, die ich nie gehofft hatte, zu erreichen. Das, was ich mir vor 25 Jahren erträumt hatte, vielleicht mal zu erleben, wurde mehr als erfüllt. Vielleicht lässt mich jetzt dies nach sehr langer musikalischer Pause auch wieder völlig neu an die Sache rangehen. Ich möchte einfach Lieder schreiben, diese im Übungsraum einspielen und sie, wenn es die Zeit hergibt, einem Publikum präsentieren. Wenn es dann noch Leuten gefällt oder wir weitere Veröffentlichungen machen können, wäre es wunderbar.

Der Titel spricht für sich selbst: „Do It Yourself“. Viele Bands produzieren heutzutage gar keine CD mehr selbst, vertreiben diese selbst und gehen dieses Risiko ein, sondern stellen via MySpace ihre ersten Versuche online und hoffen auf einen Plattendeal.

Arne: Ich glaube, wir kennen gar keine andere Herangehensweise. Es kommt eben immer auf die Ansprüche an. Die DROOGIEZ sind eine Band, die tatsächlich „nur“ existiert, weil wir Bock drauf haben. Ich persönlich habe nicht den Anspruch, von der Musik leben zu können oder einen Majordeal an Land zu ziehen. Die Musik ist sehr wichtig, aber eben nur ein Teil meines Lebens. Die Zeiten haben sich in den letzten 25 Jahren radikal geändert. Die jungen Leute sind heute spielerisch viel weiter als früher und sie können auf einen ganz anderen musikalischen Background zurückblicken, was natürlich auch die eigene Kreativität hemmen kann. Punkrock 2009 ist gesellschaftsfähig, die jungen Leute hören Punkrock, Rock, Metal, Alternative und Ska nebeneinander – die Anfänge des Punkrocks sind mittlerweile viel zu weit weg, als dass sie sie noch beeinflussen könnten. Heute gibt es das Internet und MySpace, Plattenverkäufe sind unwichtiger geworden, Merchandise dagegen sehr wichtig, und so ist es völlig legitim, auch diesen modernen Weg zu gehen. Auch wir nutzen ja das Medium Internet, um unsere Musik zu verbreiten. Der „Spirit“, den du meinst, ist im Herzen auf jeden Fall trotzdem immer präsent.

Lars: Wir drei sind einfach in der glücklichen Lage, nicht von der Musik leben zu müssen. Wir müssen uns bei niemandem anbiedern, keiner kann uns was vorschreiben, und wir machen einfach die Musik, die uns gefällt. Das ist genau das, was D.I.Y. für mich bedeutet: Ohne Zwang von Außen genau das tun zu können, was aus dem Bauch kommt. Wenn das anderen obendrein auch noch gefällt, wir einige Shows spielen können und noch dazu einige Tonträger verkaufen können, damit wir selber nicht allzu viel draufzahlen müssen, wär’s perfekt.

Welche Bands haben die DROOGIEZ inspiriert oder verbinden euch?

Arne: Ich denke, dass man nach vielen Jahren Musikmachen nicht mehr direkt von der einen oder anderen Band beeinflusst oder inspiriert ist, sondern seinen eigenen Stil entwickelt hat. Bands, die für diese Entwicklung musikalisch wichtig waren, sind für mich David Bowie, THE CLASH, THE DAMNED, STIFF LITTLE FINGERS, THE JAM, COCK SPARRER, THE SPECIALS, MADNESS, BAD RELIGION und THE LIVING END.

Lars: Rückblickend würde ich sagen, dass mich damals vor allem die Oi!-Sampler, allen voran „Carry On Oi!“ und „Oi! Oi! That’s Yer Lot“, dazu bewegt haben, überhaupt selbst einen Bass in die Hand zu nehmen. Inspirierend für mich sind nach wie vor COCK SPARRER, RUTS, COCKNEY REJECTS und an neueren Bands RANCID, BOUNCING SOULS, DROPKICK MURPHYS. Wir drei haben musikalisch einen ähnlichen Background, auch wenn die Schwerpunkte individuell anders verteilt sind. Ich persönlich höre natürlich sehr viel Ska, Rocksteady und Early Reggae, während sich Tom beim Hardcore heimisch fühlt. Wir tauschen uns da ja auch gegenseitig aus; Arne hat mich letztens auf THE LIVING END gebracht, die mir saugut gefallen. Wichtig ist, dass wir für unsere DROOGIEZ-Sachen eine gemeinsame Basis finden, und das klappt meiner Meinung nach sehr gut.

Stichwort Anthony Burgess: Was fasziniert seit Jahrzehnten gerade in der Oi!- und Punk-Szene an Alex und seinen Droogs?

Arne: Das Outfit der Droogs, welches Stanley Kubrick in seiner Verfilmung perfektioniert hat, ist wahrscheinlich eines der genialsten Outfits die es überhaupt gibt – eine Mischung aus Rebellion und Stil, aus Gewalt und Smartness. Das ist natürlich erst mal die äußere Faszination für Alex und Gesellen. Davon abgesehen sind das Buch und natürlich auch der Film eine brillante Auseinandersetzung mit dem Thema Gewalt in der Gesellschaft und dem Umgang damit. Das Thema ist auch absolut zeitlos, wahrscheinlich einer der Gründe, warum Buch und Film zu einem Klassiker geworden sind – nicht nur in der Punk/Oi!-Szene.

Lars: Ich habe mal irgendwo gelesen, dass sich Stanley Kubrick vom Stil der Skinhead/Suedehead-Kultur Ende der Sechziger, Anfang der Siebziger hat beeinflussen lassen, als er das Outfit für Alex und seine Droogs entwarf – was ich auch sehr einleuchtend finde. Umgekehrt hat genau dieses Outfit wiederum das Skinhead-Revival und die entstehende Punk-Kultur in der zweiten Hälfte der 70er Jahre mitgeprägt. Der äußerliche Stil ist sicherlich ein Merkmal, aber auch die inhaltliche Aussage des Films, der Widerspruch zwischen persönlicher Entscheidungsfreiheit und psychologischer Konditionierung in der modernen Gesellschaft, hat dazu beigetragen, „A Clockwork Orange“ zu dem Klassiker schlechthin zu machen. Die Symbolik ist innerhalb der Punk- und Skinhead-Kultur klar verständlich, Bands wie THE ADICTS und MAJOR ACCIDENT haben damit angefangen, und aktuelle Bands wie GIMP FIST oder CERVELLI STANKI beweisen, dass der Einfluss und die Thematik dieses Films noch immer aktuell sind.

Sind eure Auftritte denn auch stilvoll in Weiß?

Arne: Haha ... nein die Zeiten sind vorbei. Das überlasse ich lieber den ADICTS!

Lars: Lass mich kurz nachdenken, ich glaube, ich habe nicht mal mehr ’ne weiße Hose ... Na, im Ernst, dieses Bühnenoutfit ist definitiv ein Markenzeichen der ADICTS. Zweifellos eine Spitzen-Band, die ich immer wieder gerne live sehe, aber wir DROOGIEZ sind ja keine ADICTS-Kopie. Wir spielen nach wie vor mit der Clockwork-Ästhetik, aber genauso auch mit dem Stil der Sechziger à la „The Avengers“ oder James Bond. Die Farben Schwarz, Weiß und Orange werden bei uns wohl immer präsent bleiben. Tom und ich sind früher ganz in Weiß mit Melone aufgetreten, aber heutzutage tragen wir alle auf der Bühne die gleichen Klamotten, die wir sonst auch anhaben. Ich freue mich allerdings immer wieder, wenn jemand auf Konzerten im Clockwork-Outfit auftaucht. Das hat einfach was ...

Wie sind die weiteren Pläne der DROOGIEZ? Wann ist der erste Longplayer geplant?

Arne: Wir lassen es da recht locker angehen. Angedacht ist auf jeden Fall, ein Album aufzunehmen, weil wir ja noch sooooo viele tolle Lieder haben. Aufgrund unserer doch recht eingeschränkten Zeit werden wir wohl eher keine große Tour machen, sondern uns bei ausgesuchten Einzelkonzerten präsentieren und hoffen, dass wir alle zusammen Spaß haben.