Schicksalsjahr 1995. Punkrock boomt auf MTV, bei Klassenfahrten laufen im Bus NOFX. Bands schießen wie Pilze aus dem Boden. Einige gute, viel Mittelmaß. Das Wasser im Pool der Epitaph/Fat Wreck-Welle scheint aufgrund mangelnder Frische langsam zu kippen. Dann tauchen DFL mit ihrem Debütalbum „Proud To Be“ auf Epitaph auf: LoFi, fast as fuck, simpel, roh. Für mich ist das damals ein Tor in Richtung Boston/DC-Hardcore und BEASTIE BOYS.
Auf deren Label Grand Royal Records hatten DFL (Dead Fucking Last) zuvor schon eine 7“ veröffentlicht – Ad-Rock war zudem Gründungsmitglied, Mike D kurzzeitig Drummer, beide sind aber auf dem Album dann nicht mehr dabei. Für die Legendenbildung reicht es dennoch. Neben einigen Singles erscheint das zweite Album „Grateful“ 1997 auf Epitaph, 2015 gibt es zum zwanzigsten Jubiläum die Wiederveröffentlichung von „Proud To Be“. Dazwischen nichts. 2021 kommt dann die Ankündigung: DFL bringen eine neue 7“ mit dem Titel „YRUDFL“ rau und planen ihre erste Europatour überhaupt. Was kann man davon erwarten? Vieles! Gitarrist Monty nimmt sich die Zeit, uns ein paar Fragen zu beantworten.
Monty, was hat euch zwanzig Jahre lang davon abgehalten, wieder als DFL aufzutreten? Mit THE FAMILY DOG und GENERAL FUCKING PRINCIPAL hattet ihr zwischenzeitlich Bands, die DFL ziemlich ähnlich waren. Euer Musikgeschmack scheint also der Gleiche geblieben zu sein.
Definitiv. Der Haupteinfluss ist für mich der Hardcore der frühen Achtziger Jahre, Bands wie BAD RELIGION, MINOR THREAT, BAD BRAINS, ADOLESCENTS, CIRCLE JERKS, BLACK FLAG und solche Sachen. Das kam bei der FAMILY DOG-Platte „So Cal Hardcore“ und bei der neuen DFL-EP „YRUDFL“ zum Tragen.
Die EP wurde von Greg Hetson, dem früheren BAD RELIGION-Gitarristen, produziert, den ihr auch schon viele Jahre lang kennt.
Als unser Sänger Tom und ich darüber sprachen, eine neue Platte aufzunehmen, haben wir uns nach einem Produzenten umgesehen, und Greg schien einfach perfekt für das zu sein, was wir vorhatten. Er ist ein Sandkastenfreund von uns. Was gibt es Besseres, als mit einem Freund aus der Kindheit als Erwachsener noch zusammenzuarbeiten?
Ingo von den DONOTS ist Gastsänger bei einem Song. Wie kommt man als kalifornische Hardcore-Band dazu, deutschen Pop-Punk zu hören?
Unser Kumpel Felix von der Flix Agency hat ihn uns vorgestellt. Ingo scheint ein wirklich cooler Typ zu sein und der neue Song ist der Hammer!
Ist eurer Meinung nach die 7“-Single oder die LP der bessere Weg, Hardcore-Punk zu veröffentlichen?
Die Hauptsache ist, dass es auf Vinyl erscheint. Dann ist mir das Format egal.
Ihr kommt im Jahr 2022 zum ersten Mal nach Europa. Europa, insbesondere Deutschland, waren immer ein gutes Pflaster für Punk- und Metal-Konzerte – mit kurzen Wegen, gut vernetzten Clubs und Veranstaltern.
Einmal hätten wir es fast geschafft. Wir hatten 1996 eine Europatournee mit MILLENCOLIN gebucht, aber dann trennten wir uns, kurz bevor sie beginnen sollte. Schlechtes Timing! Ich freue mich jetzt total darauf, 2022 eine zweite Chance zu bekommen, durch Europa zu touren. Ich habe gehört, dass es in Deutschland eine großartige Musikszene gibt und Punk wirklich groß ist.
Mitte der Neunziger Jahre waren Epitaph Records und Fat Wreck Chords bekannt dafür, viele ähnlich klingende Bands zu veröffentlichen. Mit THE JOYKILLER, TOTAL CHAOS und DFL kam wieder mehr Abwechslung in den Epitaph-Sound. Wie habt ihr die Szene rund um diese beiden Labels damals wahrgenommen?
Als wir 1994 bei Epitaph unterschrieben, explodierte die Punk-Szene gerade, und Epitaph stand im Zentrum des Geschehens. Daher gab es viel Homogenes, weil einfach insgesamt viel veröffentlicht wurde. Eine erstaunliche und einmalige Zeit. Außer den von dir genannten gab es aber auch weitere großartige Bands auf dem Label, die nicht dem gängigen Schema entsprachen wie die RED AUNTS oder VOODOO GLOW SKULLS.
Der Titel eures ersten Albums von 1995 lautet „Proud To Be“. Wann warst du zuletzt stolz auf dich selbst oder darauf, etwas erreicht zu haben?
Ich muss sagen, dass ich sehr stolz auf unsere neue Platte „YRUDFL“ bin. Wir haben wirklich hart daran gearbeitet und ich bin begeistert, wie wir das hinbekommen haben.
Der zwei Jahre später entstandene Nachfolger trägt den Titel „Grateful“. Wofür bist du heute dankbar?
Dankbarkeit ist eine wichtige Voraussetzung für ein glückliches und zufriedenes Leben. Manchmal kann mein Weltbild ziemlich düster sein, und Dankbarkeit hilft mir, die Dinge in einem positiven Licht zu sehen. Ich versuche, jeden Tag für meine Familie, meine Freunde und meine Gesundheit dankbar zu sein.
In einem Interview sagst du, dass du dich streng an die staatlichen Quarantäne-Maßnahmen gehalten hast. Es scheint insgesamt so, als ob die Leute in der Punk-Community verantwortungsbewusster sind als die Gesamtgesellschaft. Meinst du, als junger Punk vor dreißig Jahren hättest du genauso gehandelt?
Ich glaube an die Wissenschaft, vor dreißig Jahren genau wie heute. Ich meine, was zum Teufel müssen wir tun, um diese Pandemie hinter uns zu lassen? Passt auf euch auf, lasst euch impfen und tragt Masken!
Euer Output als Band ist ziemlich gering. Trotzdem genießt ihr bei vielen Leuten den Status als Kultband. Steckt dahinter die Devise „Willst du gelten, mach dich selten“?
Haha, danke, dass du das sagst. „Unterbewertete Kultband“ gefällt mir. Ich bin sicher, wenn wir uns nicht aufgelöst hätten, wären wir weiter auf Tour gegangen und hätten Musik herausgebracht, einfach den Scheiß, den Bands so machen, das wäre wohl unspektakulärer gewesen.
Euer Logo, der DFL-Junge, ist sehr ikonisch. Wer hat es gezeichnet? Mich erinnert er immer an eine Art durchgedrehten DESCENDENTS-Milo oder den Beanie Boy von RKL.
Das Logo war die Idee von Adam Horovitz aka Ad-Rock von den BEASTIE BOYS. Und ich glaube, sein Freund Cey Adams aus New York hat es gezeichnet, aber ich bin mir nicht sicher. Im Laufe der Zeit hat unser Logo den Spitznamen Knucklehead bekommen. Ich denke, das passt.
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© by Ox-Fanzine - Ausgabe #158 Oktober/November 2021 und Daniel Schubert
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