DAMAGED GOODS

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Positive Schadensmeldung

Wo interviewt man einen Engländer am Besten? Da, wo es Bier gibt! Also raus aus der unwirtlichen PopKomm-Halle, rein in die nächste Kneipe, Aufnahmegerät auf den Tisch und ab dafür. Damaged Goods, so viel in Kürze, ist das Label von Ian Ballard, 1988 gegründet, auf dem eine ganze Menge Platten von LoFi-Ikone Billy Childish und seiner diversen Bands (THEE HEADCOATS, MILKSHAKES, THEE MIGHTY CAESARS) erschienen sind, aber auch von ARMITAGE SHANKS, WAT TYLER, J CHURCH, OIZONE und PANSY DIVISION, nicht zu vergessen Holly Golightly, Ex-THEE HEADCOATEES, deren Connections zu den WHITE STRIPES ihr mit dem aktuellen Album „Truly She Is None Other“ endlich die gebührende Aufmerksamkeit zuteil werden ließ.

Bitte, stell dich mal eben vor.


Hallo, ich bin Ian von Damaged Goods. Ich werde im November 40, und da feiere ich auch den 15. Geburtstag meines Labels, der mit einem Konzert in London mit vielen komischen Bands zelebriert werden wird, unter anderem OIZONE, BUDGET GIRLS, Holly Golightly und wer sich sonst noch auf die Bühne stellen will – vielleicht sogar ich.

Hast du selbst eigentlich mal in einer Band gespielt?

Haha, nein, ich bin völlig unbrauchbar. Na ja, ich kann ein bisschen singen, aber nicht richtig. Auf einer Single bin ich auch selbst zu hören, auf "The New Wave Of The Close Shave". Das BAY CITY ROLLERS-Cover, das bin ich, mit OIZONE als Band. Gitarre kann ich nicht, Schlagzeug auch nicht, da dachte ich, ich mache ein Label. Vorher war ich schon ein verrückter Plattensammler, um exakt zu sein seit meinem siebten Lebensjahr.

Seit du sieben bist?!

Ja, da fing ich an Singles zu kaufen. Popmusik-Müll, okay, aber immerhin. Meine erste Single war von Johnny Nash, "Hold me tight". Dann entdeckte ich David Bowie, diverse Glam-Bands, Gary Glitter, SLADE, SWEET, MOTT THE HOOPLE, Alice Cooper und so weiter, und dann später THE SPARKS und noch etwas später Punkrock, und veränderte mein Leben. Ich war 14, wohnte in London, ging noch zur Schule, das war das perfekte Alter. Das erste Punklied, das ich 1977 hörte – noch vor "God save the queen" – war "Peaches" von den STRANGLERS, und danach entdeckte ich die BUZZCOCKS. Die STRANGLERS waren natürlich keine richtigen Punks, sondern etwas ältere Typen, die einfach die richtige Art von Lärm machten. Aber die fluchten, in "Peaches" kommt das Wort ‚shit‘ vor, und so war ich begeistert. Dann kam "Pretty vacant" und auf der B-Seite "No fun", mit dem Wort ‚Fuckology‘, cool, das muss ich laut spielen, mein Vater wird es hassen, haha! Und dann Wayne County, "Fuck off", und ab diesem Zeitpunkt war dann alles egal.

Hast du eine eigene Definition von Punkrock?

Hm, Punkrock ist für mich mehr ein Gefühl als rein die Musik. Waren die SEX PISTOLS wirklich Punkrock? Hör dir das an, das war eigentlich nur eine Rockband. Vom Gesang mal abgesehen ist "Never Mind The Bollocks" eigentlich eine ganz normale, gut produzierte Rockplatte – wenn auch eine gute. Wenn man dann mal etwas in die Tiefe geht, in Richtung Underground, findet man die richtigen Sachen, und so entdeckte ich die BUZZCOCKS, ADVERTS und so weiter. Bei Punkrock habe ich immer das Bild von jemandem mit abstehenden Haaren im Kopf, der herumspuckt und rumpöbelt, haha.

Und wie wurdest du dann zum Sammler?

Ich weiß auch nicht genau, ich habe immer gerne gesammelt. Es gab und gibt einfach Bands, von denen ich alles haben muss, das ganze farbige Vinyl, die Japan- und US-Importe und so weiter, etwa GENERATION X, ADVERTS und, und, und. Eigentlich sammelte ich alles von 1977/78, und dann später die ganzen New Wave-Sachen, GANG OF FOUR und so weiter, und es ist ja auch kein Zufall, dass ich mein Label nach der ersten GANG OF FOUR-Single benannt habe.

Bist du jemand, der auch bereit ist, viel Geld für Platten zu zahlen?

In Einzelfällen durchaus, wobei ich aber nicht so drauf bin, dass ich alles in perfektem Zustand haben muss. Mir geht es darum, die Platten anhören zu können, nicht nur darum, sie in den Schrank zu stellen. Und genau deshalb habe ich ja auch das Label gegründet.

Womit wir beim Thema wären: Wie fing das an?

Ich hatte zu diesem Zeitpunkt schon tausende Platten und wollte einfach mal selber eine machen. Ich hatte keine Ahnung wie das geht, nur so eine Idee, Reissues von alten Punkplatten zu machen. 1988 war Punkrock in England tot, das war ein schmutziges Wort, da dachte jeder nur an THE EXPLOITED und schaute dich verächtlich an. Ich dagegen dachte an SLAUGHTER & THE DOGS, wollte deren zweite Single ‚Where have all the boot boys gone?‘ neu auflegen. Also schrieb ich an Decca Records, allerdings keinen normalen Brief, sondern so eine Art Erpresserbrief mit ausgerissenen Buchstaben auf neongelbem Papier: ‚I would like to reissue...‘ Tatsächlich rief mich eine Woche später jemand von Decca an und erklärte mir, dass sie sich nicht sicher seien, ob sie noch die Rechte an diesen Aufnahmen hätten. Die Majorlabels kennen eben nicht mal ihre eigenen Platten. Der Typ fragte mich dann, wie viel Vorschuss ich zahlen wolle, ich fragte zurück, was er damit meine, worauf er sagte: Ach, vergiss es einfach. Innerhalb von drei Tagen brachte er mir dann das Mastertape vorbei und einen zwei Zentimeter dicken Stapel Papier, den Vertrag. Er meinte, ich solle das einfach nur unterschreiben, das sei eigentlich egal. Und so hatte ich drei Songs und konnte die Single neu auflegen. Und so lernte ich, wie man Platten macht, wie das mit dem Mastern und dem Pressen und dem Coverdruck funktioniert.

Hattest du vorher schon Erfahrung mit dem Musikbusiness gemacht?

Nein, gar nichts, aber ich kannte eben eine Menge Leute vom Platten sammeln, tauschte mit Anderen und machte auch etwas Mailorder, aber nur so nebenher. Damals arbeitete ich für verschiedene Merchandisefirmen, verkaufte T-Shirts und Badges und jobbte auch mal in Plattenläden. Mein erster Job war übrigens bei der englischen Version der GEMA, ich war da nur so einer Art tippender Affe und hackte Daten in den Computer. Ich musste von allen Konzerten die gespielten Songs erfassen, etwa wenn QUEEN vor 20.000 Leuten ‚Bohemian rhapsody‘ gespielt hatten, trug ich das und die anderen Songs in ein Formular ein, und am Ende des Jahres bekamen die dann dafür Geld ausbezahlt. Tja, mein Trick war, dass ich natürlich gewisse Gestaltungsmöglichkeiten hatte. Wenn da ein Konzert von UB 40 zu erfassen war, die ich hasste, gab ich stattdessen einfach SEX PISTOLS-Songs ein, so dass die das Geld für dieses Konzert bekamen, hehe. So bekamen etwa die REZILLOS eine ganze Menge Geld für Liveauftritte, und GENERATION X, hahaha. Ja, das war böse von mir, aber damals dachte ich mir nicht viel dabei. Ich hatte dann 1988 900 Pfund gespart, und mit dem Geld startete ich das Label. Die erste Single wurde von Rough Trade vertrieben, ich verkaufte selber welche auf Plattenbörsen und tauschte auch eine Menge, und innerhalb von zwei Wochen waren die 1.000 Singles weg.

Und was kam dann?


Dann rief ich Decca an und sagte, ich wolle auch das Album von SLAUGHTER & THE DOGS neu auflegen. Innerhalb von zwei Wochen war alles klar, das Album verkaufte sich echt gut, und ich hatte auch etwas Geld verdient, so zwei-, dreitausend Pfund, und damit konnte ich die nächsten Releases finanzieren. Und hier sitze ich jetzt, 15 Jahre später, danke für das Interview.

Moooooment! Da hätte ich doch noch ein paar Fragen. Zum Beispiel zum Geschäft der Rereleases. Das ist ja zu einem enormen Geschäft geworden. Wie stehst du der Sache gegenüber, denn auf Damaged Goods erscheinen ja auch Wiederveröffentlichungen? Es wird ja auch kritisiert, dass Labels doch besser neue Bands unterstützen sollten statt, um es polemisch auszudrücken, nur alten Scheiß neu zu verpacken.

Ich mache sowieso nur, wozu ich Lust habe. Und wenn ich eine tolle Platte neu auflegen kann, dann mache ich das auch, wobei ich nichts davon halte, Platten zu machen, zu denen ich keinen Bezug habe. Oder so Sachen, wo jemand 1980 in einer Band spielte, zwei Songs mal als Single erschienen sind, und ansonsten nur miese Demoaufnahmen vorhanden sind. So was sollen andere veröffentlichen, mein Ding ist das nicht. Ich arbeite dann doch lieber mit neuen, aktiven Bands, das ist aber manchmal auch ein ziemliches Abenteuer, das in einem Alptraum enden kann. Zu Anfang kamen auf Damaged Goods acht Rereleases, und der Name des Labels war ja auch in dieser Hinsicht gewählt. Aber ich ging ja ständig auf Konzerte, traf Bands, die mich fragten, ob ich nicht ihre Platten machen wolle. Mein Kommentar war dann immer, wer denn ihre Platten kaufen solle. Das war hart, aber in den meisten Fällen fair. Und so bin ich auch mit meiner ersten neuen Band auf die Fresse gefallen, das war die vom Drummer der REZILLOS/REVILLOS, und davon habe ich gerade mal 100 verkauft. Damals war ich von der Idee begeistert, weil ich auch Fan der REVILLOS war, aber letztlich war die Band nicht wirklich gut. Er ist echt nett, aber manchmal, das ist meine Erfahrung, ist es auch besser, seine Helden nicht zu treffen. Du denkst, du kannst ihnen einen Gefallen tun, und stattdessen nutzen sie dich nur aus. Eine sehr schöne Ausnahme sind da die BUZZCOCKS, die sind sehr relaxt, die wollen eigentlich nur trinken.

Ich nehme an, du lebst seit einiger Zeit von Damaged Goods.

Ja, das ist mein Hauptjob, aber ich mache auch noch andere Sachen, so gestalte ich für andere Labels Plattencover. Man wird davon nicht reich, aber es ist genug. Aber mal sehen, vielleicht verkauft Holly Golightly ja bald eine Million Platten, dann sieht das sicher anders aus. Wenn man sonst mal das Glück hat, von einer Platte 10.000 zu verkaufen, dann finanziert das die ganzen Sachen, die sich nicht verkaufen. Die ganzen Sachen von Billy Childish verkaufen sich ganz gut, das ist schön für Billy und schön für mich, denn wir teilen alles 50:50 und so habe ich mit einer Ausnahme kein Problem mit irgendwem. Es ist für ein Label auch wichtig, Platten zu haben, die sich kontinuierlich verkaufen. Die MANIC STREET PREACHERS sind da ein gutes Beispiel, die erste Single verkauft sich seit dreizehn Jahren konstant und hat mir schon mehrfach den Arsch gerettet. Du gibst 2.000 Pfund für die Aufnahmen einer Band aus, und die löst sich direkt nach Erscheinen der Platte auf, da verkaufst du nichts mehr. Oder die Leute mögen die Band einfach nicht und du bleibst drauf sitzen.

Aber warum wirst du nicht einfach schlau? Andere Labels haben nur ein paar gute Bands, aber auch sehr viel Crap und verdienen gerade daran richtig gut. Aber bei Damaged Goods kann ich mich fast immer darauf verlassen, dass mir eine Platte gefällt, denn du bringst einfach keinen Scheiß raus.

Haha, es ist ganz einfach: Ich mache einfach nur Platten, die ich mag. Würde ich Platten veröffentlichen, nur weil ich sehe, dass die Band Potential hat, wäre es nicht mehr Damaged Goods. In einem gewissen Rahmen war das bei Fierce Panda der Fall, dem Label, das ich bis letztes Jahr zusammen mit Simon Williams gemacht habe. Das Label existiert noch, es war immer mehr Simons Label, aber er wollte dann einen Major-Deal machen, und darauf hatte ich keine Lust. Wir hatten das schon einmal versucht, mit MUSHROOM, und schafften es, 600.000 Pfund von Rupert Murdoch in den Sand zu setzen. Die Sache floppte, aber dafür waren wir oft in den USA und das machte auch Spaß. Ich habe also auch die richtig heftige Business-Seite des Geschäfts mitbekommen, und das ist wirklich schrecklich. Ich saß da 15 Leuten gegenüber, die alle an einer Platte arbeiteten, und die verkaufte sich weniger als eine gute Platte auf Damaged Goods. Das war extrem lächerlich, alles Idioten, und viel von dem Majorlabel-Zeug ist einfach Scheiße, aber das bekommst du ja selbst mit. Die schicken teilweise mehr Platten als Promos raus, als ich verkaufe. Aber gut, dafür haben sie andere, die sich millionenfach verkaufen, und damit bezahlen sie den Müll.

Wie kam deine Verbindung zu Billy Childish zu Stande?

Das war so 1990, zu einem Zeitpunkt, als die Garage-Szene im Gegensatz zu heute überhaupt nicht cool war. Ich hatte die MIGHTY CAESARS regelmäßig gesehen, leider nicht die MILKSHAKES, und als aus denen die HEADCOATS wurden, war ich beim ersten Konzert und gab Billy die SLAUGHTER & THE DOGS-Single und fragte ihn, ob ich nicht was mit ihm machen könne. Er fand die Idee gut, und so kamen wir ins Geschäft. Und zu diesem Zeitpunkt änderte ich auch die Katalognummer der Platten, die ab diesem Zeitpunkt mit ‚DamGood‘ anfängt, während es davor ‚FNARR‘ war, ein Witz, den man nur in England versteht, und der aus einem beliebten Comic geklaut war. DamGood1 war dann die Split-Single von den HEADCOATS und HEADCOATEES, und die verkaufte sich richtig gut, wir kamen damit sogar in die Indie-Charts. Das war 1991, und das war der Wendepunkt in der Geschichte des Labels, denn ab diesem Zeitpunkt machte ich dann vor allem neue Releases, von Rereleases wie den DILS mal abgesehen. Vor allem mache ich natürlich Sachen, die irgendwie mit Billy zusammenhängen, denn wenn man mal anfängt, kommt der jede Woche mit einer neuen Single an: ‚Ah, do you wanna have a single?‘ Na klar! Als ich bei DamGood20 angelangt war, waren fünf von den zwanzig Releases von Billy. Ich komme mit Billy bis heute gut klar, er ist mein Freund. Im Laufe der Zeit habe ich dann die Strukturen ausgebaut, in verschiedenen Ländern Vertriebspartner gefunden und mich schließlich auch etwas um die Promo gekümmert und mal ein paar Platten an die Presse rausgeschickt. Anfangs habe ich in England wirklich für jede Platte eine schlechte Besprechung bekommen, vor allem im NME. Der gute alte NME, mein Lieblingsblatt ... Das ist die schlimmste Form von Papierverschwendung überhaupt!!! Und so war dann auch DamGood18 ‚We hate the fuckin‘ NME‘ von Billy Childish – und das war dann auch ‚Single of the week‘ im NME. Die beste Geschichte war, wie einer vom NME einen Konzertbericht über die HEADCOATEES geschrieben hat, in dem er sich erstaunt zeigte, dass da keine Frau mitspielt. Tja, das Problem war, dass er nur die HEADCOATS gesehen hatte und gegangen war, bevor die HEADCOATEES anfingen. Das fing aber schon damit an, dass wir den Typen absichtlich nicht auf die Gästeliste gesetzt hatten, und er zahlen musste und total angepisst war. Seine Konzertkritik druckten wir dann auf der Rückseite der ‚NME‘-Single ab.“

Du machst immer wieder Platten mit Frauenbands bzw. Bands mit einer Frau als Sängerin.

Ja, das zieht sich irgendwie seit HELEN LOVE durch. Aber ich mag eben guten Indie-Pop, und ich mag Sängerinnen, die nicht singen können, die irgendeinen ‚Makel‘ haben, zum Beispiel lispeln. THROW THAT BEAT IN THE GARBAGE CAN mag ich übrigens sehr gerne, wo wir doch hier in Deutschland sind, und deshalb habe ich eine Platte von denen gemacht, die ich übrigens von EMI lizenzieren musste. Na ja, die 10“ hat sich nicht wirklich gut verkauft.

Reden wir noch mal über Billy Childish. Ich erinnere mich noch an meine erste Begegnung mit den MILKSHAKES: Ein älterer Bekannter hatte mir die empfohlen, als ich siebzehn oder achtzehn war, und ich hörte mir die Platte im Laden an und fand sie schrecklich. Erst später entdeckte ich dann Childish für mich.

Mir ging das genauso, ich mochte die MILKSHAKES bis auf eine Single – ‚Jaguar & The Thunderbird‘ – auch nicht. Das erinnerte mich etwas an ‚Brand New Cadillac‘ von THE CLASH, doch als ich mir das Album kaufte, gefiel mir das gar nicht, das war so komischer Beat-Pop.

Was ist das Geheimnis von Billy Childish?

Hm, was ist gut an Billy Childish? Also er geht keine Kompromisse ein, macht immer nur was er will, sogar jetzt, da die BUFF MEDWAYS, seine derzeitige Band, überall gute Presse bekommt, sogar im NME. Und er ist einfach ein netter Kerl, sehr bodenständig und ehrlich. Und er nimmt das, was er macht, sehr ernst. Er macht Musik, er schreibt Gedichte, er malt: Jeden Sonntag fährt er zu seiner Mutter aufs Land ans Meer und malt. JEDEN Sonntag! Vier Bilder kommen da auf jeden Fall raus, und während der Woche baut er dafür die Rahmen. Er hat auch regelmäßig Ausstellungen, ist aber kein Teil der Kunstszene, und wenn das passieren sollte, wären seine Bilder sicher ein Vermögen wert. Bei seiner letzten Ausstellung sollte ein Bild 3.000 Pfund kosten, ich bin da richtig erschrocken, denn ich habe auch ein paar Bilder von ihm. Ich sprach ihn darauf an und er meinte, so teuer habe er noch kein Bild verkauft, meist sprächen ihn die Leute hinterher drauf an, und er würde sie ohne den Umweg über die Galerie für ein ganzes Stück weniger verkaufen.

Was ist für die nächste Zeit zu erwarten?

Eine Platte der BUFF MEDWAYS, wobei ich sagen muss, dass Billy Childish nie mit einem Label einen Exklusivvertrag macht. Das kommt wohl über Graham Coxon von BLUR, der bringt die auf seinem Label raus. Ich arbeite an einem Reissue der beiden ersten POP RIVETS-Alben, und das ist eine höllische Arbeit, die ganzen Bänder zu rekonstruieren und auch das Artwork.

Wo verkauft sich Childish?

In den USA, in Japan, in Europa und auch etwas in England.

Das heißt, das Damaged Goods als Label außerhalb der ganzen Hype-Strukturen der britischen Musik-Medien-Maschinerie existiert.

Absolut! Erst jetzt, mit dem HOLLY GOLIGHTLY-Album, interessiert sich wieder jemand für uns. Zuletzt war das 1990 der Fall, als wir das MANICS-Album veröffentlichten. In all den Jahren dazwischen hat uns die britische Musikpresse ignoriert, die Platten, die ich geschickt habe, nicht mal rezensiert. Da wird man etwas verbittert, und so schicke ich heute nur noch was an Leute, die ich mag. Fuck the NME, fuck Q, fuck all these magazines! Die schreiben nur über Sachen, die ihnen jemand mit Gewalt hinten reinschiebt, wo jemand rumprotzt, wie viel Geld da in den Marketingplan gesteckt wurde und so weiter. Das ist der ganze Business-Scheiß, auf den ich keine Lust habe. Gut, bei Holly ist das jetzt auch etwas anders, da muss ich etwas professioneller arbeiten, denn ich arbeite schon seit Jahren mit ihr zusammen, und jetzt, da es so aussieht, als könne sie den Durchbruch schaffen, müssen wir die Platte einfach pushen. Die einzig akzeptablen Hefte sind Kerrang und Mojo.

Wie kam eigentlich die Verbindung von Holly und den WHITE STRIPES zustande?

Die sind bzw. waren Labelmates auf Sympathy For The Record Industry und in den USA zusammen auf Tour. Als die beiden dann in England waren, wohnten sie bei Holly, die wiederum gleich um die Ecke des Toe Rag-Studios wohnt. So trafen sie Liam Watson, der schließlich ihr neues Album aufgenommen hat, dessen Artwork von Bruce von den HEADCOATS stammt. Das ist also alles Inzucht, haha. Und ich finde es gut, dass die WHITE STRIPES dafür gesorgt haben, dass ein Teil des Geldes in der Szene bleibt, dass sie mit Freunden gearbeitet haben. Und sowieso ist Holly wie Billy ein unglaublich netter Mensch – man darf nur nie den Fehler machen, sie beim Fernsehen zu stören: Sie ist absoluter Fan von dieser schrecklichen Soap ‚The Eastenders‘, verpasst keine Folge und würde, während die läuft, nicht mal ans Telefon gehen, wenn die größte Radiostation des Landes wegen eines Interviews anruft. Sie nimmt ab, sagt ‚Fuck off‘ und legt wieder auf.

Ian, ich danke dir für das Interview.