Die BBC-Sendung „Songs of Praise“ stellt Kirchenmusik vor. Und das seit 1961 bis heute, damit ist sie die am längsten laufende Reihe der Welt. Diese dezent blasphemische Anspielung unterstelle ich den ADICTS jetzt einfach mal, schließlich sind mediale Referenzen ein wichtiger Bestandteil ihres Bandkosmos. Zentraler ist natürlich der auf Anthony Burgess’ Romanvorlage basierende Stanley Kubrick-Film „Uhrwerk Orange“. Den daran angelehnten Look mit Springerstiefeln, Hosenträgern, weißer uniformartiger Kleidung und einem clownhaft geschminkten Frontmann hatten die ADICTS nicht von Anfang an, erst nach und nach adaptierten sie das schick-abstoßende Äußere. Und sie waren nicht die ersten, „Clockwork Orange“ hatte zu Beginn der Siebziger in ästhetischer Hinsicht einen kleinen Boom ausgelöst. Was sich in London unter anderem im Aufstieg gewalttätiger Straßengangs im Droogs-Look äußerte und nach mehreren Verbrechen, die in direkten Zusammenhang mit dem Film gebracht wurden, und 1973 schließlich auf Kubricks ausdrückliche Bitte zu einem Verbot des Films im Vereinigten Königreich führte. Bowie und LED ZEPPELIN – um nur zwei große Namen zu nennen – motzten ihre Bühnenshow mit dieser Optik auf.
Angesichts des Albumcovers drängt sich eine weitere Kubrick-Referenz auf: Jack Nicholsons irres „Shining“-Grinsen. Klar passt Nicholson als Batman-Joker noch besser, scheidet allerdings aus, da der Film erst 1989 veröffentlicht wurde. Ob Tim Burton sich da nicht von den ADICTS hat inspirieren lassen? Das ursprünglich von Sänger Keith Warren und Gitarrist Pete Davison entworfene Artwork wurde jedenfalls schon 1982 in der ersten Neuauflage auf dem frisch gegründeten Label Fallout Records aktualisiert: Statt des selbstgezeichneten Droogs-Anführers ziert ein stilisiertes Schwarz-Weiß-Porträt des mit weit aufgerissenen Augen wirr grinsenden ADICTS-Frontmanns das Cover.
Fallout schiebt neben der schwarzen Standardpressung mit gelbem Vinyl, rotem Vinyl in rotem Cover und einer Picture-Disc auch gleich ein paar Sonderauflagen nach, ADICTS-Fans legen ja bekanntlich Wert auf die Optik. Obwohl die Band bei halbwegs geschicktem Vorgehen in Merchandise-Hinsicht sicherlich im Laufe der Jahre eine Menge verdient haben könnte, haben alle Mitglieder nach wie vor normale Jobs. Und machen nebenbei just for fun noch ein bisschen Musik: „Das zu tun, was wir lieben, macht uns glücklich. Wir sind keine kommerziell erfolgreiche Band. [...] Unsere Platten verkaufen sich definitiv nicht gut genug, um uns Häuser mit Pools zu leisten.“
So oder so liefert „Songs Of Praise“ eine ganze Menge knackig-simpler Punkrock-Nummern mit poppiger Note und zelebriertem Sarkasmus.