Das erste Mal begegnete mir der Name BRUTAL POLKA, als die Band vor einigen Jahren in einem kleinen Schuppen in der Mitte von Nirgendwo in Sachsen-Anhalt mit ihrer durchgeknallten Show auftrat. Kurze Zeit später rockte die Band mit unglaublicher Energie die Zeltbühne beim Force Attack-Festival und es war klar, dass niemand diese Israelis noch würde stoppen können. Nun ist mit „The Gargantuan Return Of The Frogz And The Holy Cocks“ eine neue CD erschienen und Sangesmeister und Vorturner Kramer Frog stand uns für die Beantwortung einiger Fragen zur Verfügung.
BRUTAL POLKA haben soeben ihr neues Album „The Gargantuan Return Of The Frogz And The Holy Cocks“ veröffentlicht. Was will uns dieser Titel, dieses Album sagen?
Also, das Album ist voll mit verschiedenen Botschaften und diversen Geschichten hinter den Songs. Für uns bedeutet das Album einen Abschluss nach Jahren des Tourlebens, in denen wir nicht einen einzigen Song aufgenommen haben. Nach fünf Jahren Abstinenz kehrten wir dann ins Studio zurück, um „GRFHC“ aufzunehmen. Wir hatten viele Jahre, in denen Musiker kamen und gingen und die Zukunft der Band sehr unsicher war. Durch die Aufnahmen zu „GRFHC“ haben wir zu uns selbst gefunden.
Wie schafft ihr es, neue Songs zu schreiben und zu proben, wenn doch die Band kreuz und quer über den Planeten verteilt ist?
Das ist ein bisschen schwer zu beantworten, weil jeder Song unterschiedlich entstanden ist. Vor ungefähr sieben Jahren bin ich von Israel in die USA gezogen, um zu studieren, und somit war BRUTAL POLKA schon immer eine Langstreckenbeziehung. Es war nicht immer einfach, aber wir haben es auf die folgende Art und Weise geschafft zu überleben: Ich schicke der Band neues Material oder Rohentwürfe für Songs, die ich zu Hause aufgenommen habe. Die Band bastelt diese Entwürfe zu fertigen Songs zusammen und ich gebe den Jungs dann ein finales Feedback. Im Sommer treffen wir uns dann für zwei bis vier Wochen, um das Material zu vollenden, das in der Langstreckenbeziehung entstanden ist. Manchmal entstehen in dieser kurzen Zeitspanne sogar gute neue Songs. Im Sommer 2008 hat es dann vier Wochen gedauert, um „GRFHC“ aufzunehmen. Wir proben während eines Jahres nicht wirklich, aber bevor wir auf Tour gehen, nehmen wir uns zwei bis drei Tage Zeit, um unser Set in Ruhe durchzuspielen, und dann sind wir bereit zu rocken. Meist sind dann die ersten Shows noch etwas holperig, aber es geht. Manchmal – zum Beispiel bei unserer EP „Politics Shmolitics“ – ist es auch so, dass wir uns einfach für zwei Tage in ein Studio zurückziehen und neue Songs einfach so aus uns herausschießen. Und genau so haben wir es auch für die Aufnahmen zu unserem neuen Album, das wir noch im Sommer 2010 aufnehmen wollen, geplant. Es wird dann vielleicht „Pink Is Brutal“ oder „The Pink Album“ heißen, aber ich kann noch nichts versprechen.
Bist du glücklich und zufrieden, wenn die Leute BRUTAL POLKA in die Fun-Punk-Ecke stecken oder würdest du die Band als politische Band bezeichnen?
BRUTAL POLKA ist definitiv keine politische Band. Manchmal spritzen wir in unseren Songs mit der einen oder anderen kleinen politischen Botschaft in der Gegend herum, aber wir sind eigentlich keine politische Band. Das bedeutet jedoch auf keinen Fall, dass wir nur pures Entertainment sind, denn es gibt im Bereich Punkrock viele Dinge, die wichtiger sind als Politik.
Kannst du „diese Dinge“ etwas näher erläutern?
Da gibt es einen großen Anteil von Kunst, wie Musik, Texte, Gedichte und so weiter, von Kultur, etwa Interaktions- und Sozialisationsstile, Stil im Grundsätzlichen, Ernährung, und von Philosophie, also diverse Ideologien, die nicht notwendigerweise politisch oder nur politisch sind – alle diese Dinge existieren im Bereich Punkrock, sind wichtig für BRUTAL POLKA und sind nicht politisch im eigentlichen Sinne. Das heißt nicht, dass wir die Bedeutung von Politik herunterspielen. Politik ist extrem wichtig, besonders im Punk und BRUTAL POLKA spielen ihre Rolle dabei. Wir sind nur keine Politik-Band, so einfach ist das. Wir haben beispielsweise 2009 zum Anti-Camp-Meeting in Weimar unseren Teil beigetragen, indem wir für die Unterhaltung gesorgt haben. Aber das bedeutet halt nicht, dass es uns nur um die Unterhaltung geht. Unsere Botschaft geht tiefer als das. Wie auch immer, ich muss natürlich zugeben, dass wir vielleicht am besten darin sind, halbnackt und betrunken über die Bühne zu springen. Aber darin liegt vielleicht auch eine Art von Kunst.
Du als in den USA lebender Jude, siehst du eine Chance, dass die Kämpfe zwischen Israelis und Palästinensern jemals aufhören werden?
Ja, es gibt immer eine Chance. Aber wir haben weder genug Datenmaterial noch Hintergrundinformationen, um uns über das Beenden der Kämpfe ein qualifiziertes Urteil erlauben zu können. Meine größte Sorge ist, dass Leute bestimmte Positionen beziehen und sich auf eine bestimmte Seite schlagen, ohne wirklich gründlich über die Situation vor Ort informiert zu sein.
Wenn man sich eure Platten gründlich anhört, erkennt man den Sound alter kalifornischer Bands wie RICH KIDS ON LSD oder NOFX, den ihr mit einer Menge Metal-Riffs mischt. Oder liege ich da falsch?
Klar, NOFX sind definitiv ein riesiger Einfluss für die Band. Wir sind alle mit mit einem klassischen Rock-, Grunge-, Punk- und Metal-Background aufgewachsen. Wir mögen aber auch Klassik und Weltmusik. Andere erwähnenswerte Einflüsse sind BAD RELIGION, MEGADETH, NIRVANA, DEATH, PANTERA, die BEATLES, alles, was mit Mike Patton zu tun hat, und die MISFITS. Ihr seht also, dass wir wirklich viele Einflüsse haben. Man könnte sagen, wir mögen Musik wirklich sehr.
Wo waren BRUTAL POLKA bisher schon auf Tour und wie sind eure Pläne für die Zukunft?
Oh, wir haben bisher Shows überall in Israel gespielt und waren in vielen Teilen Europas unterwegs. Darunter waren bisher Slowenien, die Slowakei, Tschechien, Polen, Deutschland, Österreich, Schweden, Belgien, Frankreich, Spanien, Holland, England und Schottland. Wir waren bisher nie in Italien und würden das gern so bald wie möglich nachholen. Unsere Zukunftspläne umfassen auch Japan, Australien und die USA, und so wird es wohl einige Zeit dauern, bis wir in allen diesen Ländern getourt haben. In diesem Sommer sind wir erst mal wieder in Deutschland unterwegs.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #90 Juni/Juli 2010 und Christoph Lampert
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #82 Februar/März 2009 und Christoph Lampert
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