Auf Album Nummer zwei rief Matt Caughthran noch mit Leib und Seele die Losung „Shitty Future“ aus, spätestens mit dem sechsten Album hat sich das, zumindest für die Band aus L.A., aber definitiv geändert. Höchste Zeit, die Inhalte und auch den musikalischen Anspruch zu justieren, um weiterhin glaubwürdig zu bleiben und eine Perspektive für kommende Veröffentlichungen zu behalten. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Party vorbei ist, berichtet der süffisant grinsende Frontmann.
Tatsächlich ist die Zukunft für euch nicht so beschissen geworden, wie ihr es vor Jahren prognostiziert habt. Würdest du im Rückblick sogar so weit gehen, THE BRONX als Erfolgsstory zu bezeichnen?
Der Spirit ist immer noch derselbe wie damals, aber ich bin mittlerweile deutlich schlauer, haha. Ich habe eine Menge Fehler gemacht, weil das für mich der einzige Weg war, das Leben zu erfahren. Wir haben Platte für Platte veröffentlicht, sind bessere Musiker geworden und auch menschlich ein ganzes Stück vorangekommen. Wir waren immer geerdet genug und alles zusammengenommen war das Leben mit der Band, die vergangenen zwanzig Jahre, eine sehr positive Erfahrung. Auf jeder Ebene ist es stetig vorwärts gegangen und das ist entscheidend. Daher ist es für mich definitiv eine Erfolgsgeschichte. Durch meine Herkunft war ich nicht darauf festgelegt, was aus mir später mal werden sollte, und die Musik war das Einzige, was ich wollte. Dadurch dass ich das jetzt immer noch tun kann und sogar eine Karriere damit aufbauen konnte, die mich um die ganze Welt führt, macht es für mich auf jeden Fall zum Erfolg.
Welche Fehler waren nötig, um dahin zu gelangen, wo du jetzt bist?
Als wir mit der Band gestartet sind, war mir eigentlich alles egal. Ich habe mich weder um meinen Körper noch meine Stimme oder sonst irgendwas gekümmert. Aber mit der Zeit kam ich so langsam auf den Trichter. Als wir das zweite Album in Angriff genommen haben, war ich allein schon von der Tatsache geflasht, dass das passiert. Wenn man eine Punkrock-Band gründet, geht man davon aus, dass sie irgendwann einfach lichterloh ausbrennt. Das Ergebnis war dann aber sogar ein ziemlich erfolgreiches zweites Album, also habe ich mir darüber Gedanken gemacht, dass ich die ganze Geschichte etwas ernster nehmen muss, vor allem meinen Gesang. Ich wollte die Leute, die mit mir auf der Bühne stehen und alles geben, nicht respektlos behandeln, indem ich jeden Abend sturzbesoffen auf die Bühne klettere, nicht in der Lage bin abzuliefern und es als cool erachte, mich auf dem Boden herumzuwälzen. Die erste wichtige Lektion war also, verantwortungsvoll zu handeln und zu erkennen, dass ich nicht allein in dieser Sache bin. Wenn das jeder für sich verstanden hat, kann man gemeinsam den nächsten Schritt gehen und an einem höheren Ziel arbeiten.
Die Wut und die Selbstzerstörung von früher sind mittlerweile einem weitaus positiveren Vibe gewichen. Wenn man die neue Platte hört, scheint ihr das nicht mehr verbergen zu können und sowieso, du bist ein wahrer Sonnenschein.
Bei Punk ging es immer viel um Aggression und es wird für mich auch immer darum gehen, das Tier in mir rauszulassen. Aber natürlich muss man sich gegenüber ehrlich sein. Wenn ich nicht angepisst bin, dann tue ich auch nicht so. Es gibt auf der neuen Platte immer noch genügend Wut, aber trotzdem lächele ich, weil ich generell einfach dankbar für das bin, was ich habe. Es kann also passieren, dass man als Band in eine Situation gerät, in der man recht zufrieden ist, auch wenn man immer noch ein Haufen wütender Punkrocker ist.
Vor kurzem habt ihr unter anderem euer eigenes Beer-Pong-Spiel in euren Merch-Shop aufgenommen. Die Zeiten der Partys sind anscheinend noch nicht vorbei.
Oh yeah, haha! Das Beste daran, Teil von THE BRONX zu sein, war und wird immer sein, dass das Motto „friends first“ gilt. Bei dieser Band geht es um Spaß und darum, uns selbst auszudrücken – um Rock’n’Roll. Für uns ist das definitiv ein Punkt, der niemals verwässert werden darf. Live zu spielen ist für uns der Höhepunkt, wir lieben nichts mehr und danach gehen wir aus, haben ein paar Drinks und treffen Leute. Wir reisen gemeinsam um den Globus oder nehmen Platten auf, das ist das Beste, was es auf der Welt gibt, also warum sollte man dabei nicht auch Spaß haben?
Eure Shows sind auch deshalb legendär, weil du das Talent besitzt, die Leute mit deinen Ansagen dermaßen anzustacheln, dass mit Beginn des Songs zuverlässig die Hölle losbricht.
Als Sänger und Frontmann sehe ich meinen Job darin, der Vermittler zwischen Band und Publikum zu sein. Ich vermittele den Leuten, was die Band zu sagen hat. Für mich ist das der Fun-Part. Die Leute sollen das Gefühl haben, dass gleich alles passieren kann und wird. Das ist doch das Tolle an Punkrock, genau deswegen liebe ich Punkrock. Ich bin der Mediator, das Chaos-Element, das die Leute nicht einschätzen können. Mit den Jahren habe ich gelernt, die Stimmung im Raum zu erkennen und zu wissen, welche Knöpfe ich bei den Leuten drücken muss. Manchmal muss ich Scheiße labern, manchmal ins Publikum springen und manchmal müssen wir einfach auf der Bühne als Einheit abliefern und die Anlage die Arbeit machen lassen, indem sie den Leuten die Ohren ruiniert. Es ist nie derselbe Ablauf für uns und das macht unseren Job so spannend, weil wir nie in eine Routine verfallen.
Mit „Bronx VI“ habt ihr euch in die sehr angenehme Lage gebracht, zukünftig musikalisch so ziemlich alles machen zu können, ohne dass noch jemand die Nase rümpfen wird. So, wie es auch schon eurer Projekt MARIACHI EL BRONX in der Vergangenheit getan hat.
Genauso fühlen wir uns gerade auch. Aber bevor es bei THE BRONX mit neuer Musik weitergeht, müssen wir eine neue Mariachi-Platte machen. Das Verlangen, das zu tun, ist momentan einfach zu groß. Zuallererst möchten wir „Bronx VI“ aber genießen und zusehen, wohin diese Platte uns bringt. Wir werden endlich wieder touren und Festivals spielen und vielleicht steht für THE BRONX dann eine EP auf dem Plan. Wir haben schon seit „La Muerte Viva“ keine mehr gemacht und die ist bereits kurz nach unserem ersten Album erschienen.
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