BLACK FRIDAY 29 sollten ja spätestens seit ihrem grandiosem Album „The Escape“ jedem Hardcore-Freund ein Begriff sein. Musikalisch lassen sich die Jungs aus dem Ruhrpott nicht so leicht zuordnen. Irgendwo zwischen altem NYHC mit ordentlichem CRO-MAGS-Einschlag und Bands aus den 90ern wie MOUTHPIECE und RIGHT BRIGADE sind BLACK FRIDAY 29 live jedenfalls pure Energie. An einem verregneten Donnerstagabend im August legen die Jungs dann auch wieder ein Konzert hin, dass ich mich schäme, jemals gezaudert zu haben. Außer BLACK FRIDAY 29 spielen noch MENTAL aus Boston, REJUVENATE, JUSTICE und FOR THE GLORY. Noch gewichtiger aber: Pete hat für BLACK FRIDAY 29 zum letzten Mal die Gitarre in der Hand. Zitat aus einem niederländischen Hardcore-Forum: „Pete? Is dat die dikke met die tats?“ Ja, das ist er. Selbst als auf die Bühne kiloweise vegane Schokolade und ein Sack Karnevalskamelle (laut Sänger Björn noch in diesem Jahr gefangen) gebracht werden, lässt sich Pete von seinem Entschluss jedoch nicht abbringen. In den zugigen Backstage-Katakomben des Julius Leber-Hauses in Essen erfuhr ich von Pete, wie es zu alldem kam, und von Björn, wie es weitergehen soll mit der Band.
Heute hast du wohl deine vorerst letzte Show für BF29 gespielt, war das ein schwerer Abschied für dich oder bist du froh, weg zu sein?
Pete: Nee, ich verlasse die Band ganz schweren Herzens, BLACK FRIDAY 29 war mein ein und alles. Das Problem ist, ich habe drei Dinge in meinem Leben im Moment, das ist die Schule, das ist die Arbeit im Tattoo-Laden und das ist BLACK FRIDAY 29. Die Band ist leider das Einzige, was mir meine Miete nicht zahlt. Und das ist eben auch das Zeitaufwendigste von allem, deswegen muss ich das einfach machen, sonst werde ich halt irgendwann ohne Arbeit und ohne Kohle dastehen, da habe ich natürlich auch keinen Bock drauf. Aber es tut mir in der Seele weh.
Keine Hoffnung, mit BF29 etwas Geld zu verdienen?
Pete: Von Hardcore kann man eigentlich gar nicht leben, schon gar nicht von dem Hardcore, den BLACK FRIDAY 29 macht. Du kannst froh sein, wenn du mal eine Tour hast, wo du kein Minus machst. Bands, die ganz gut verdienen, gibt’s wenige, vielleicht HATEBREED oder TERROR. BORN FROM PAIN sind auf dem Weg, die haben meiner Meinung nach auf jeden Fall das Potenzial, die größte europäische Hardcore-Band zu werden. Bei uns müssen wir die ganzen Instrumente zahlen, unser Bus frisst uns finanziell quasi auf, und wir wollen ja auch keine horrenden Gagen nehmen, weil es eben Hardcore ist. Ganz ehrlich, ich will auch gar nicht davon leben, dafür ist mir die Musik viel zu wichtig, dass ich das so ausbeuten wollte.
Warum nennt ihr euch eigentlich BLACK FRIDAY 29, da war ja mal ein großer Crash an der Wall Street, oder?
Björn: 1929 war der erste Börsencrash der extrem schnell weltweite Folgen und auch in Europa enorme Folgen hatte. In Amerika kam es zur großen Depression und auch in Deutschland. Wir haben uns danach benannt, weil wir ursprünglich auch politische Texte rüberbringen wollten, auch politische Meinungen oder sozialkritische Statements. Dann sind ein paar Leute von uns mit persönlichen Problemen konfrontiert worden, so dass wir unsere Texte mehr darauf bezogen haben. Man kann so einen „Black Friday“ ja auch persönlich sehen, wie die Broker, die von den Wallstreet-Dächern gesprungen sind, und es haben eine ganze Menge Menschen ihre Arbeit verloren. Bei uns in der Band war das dann halt so, dass ich private Probleme hatte und unserem damaligen Gitaristen Fink, der jetzt bei ZERO MENTALITY spielt, mit dem ich damals die Texte geschrieben habe, ging es auch nicht so gut. Wir haben das sehr stark auf die persönliche Ebene bezogen.
Aber jetzt sind eure Texte ja immer noch sehr emotional und eher unpolitisch ...
Björn: Eher emotional, ja, aber wenn man sie richtig liest, denke ich, kann man auch politische Statements herauslesen. In dem Text von „2 cent“ geht es um die Käuflichkeit vieler Leute heutzutage. Manche Leute schmeißen ihre Ideale für Geld oder einen Job über Bord. Ansonsten sind die meisten Texte doch eher persönlich. Es ist für uns einfach selbstverständlich, dass man sich nicht rassistisch verhält, und insofern wollen wir das nicht noch mal vorbeten.
Was hältst du denn von der momentanen Metalcore-Welle?
Björn: Schade finde ich natürlich, wenn Leute bei Shows sind, ohne die Werte, für die Hardcore steht, zu kennen. Zum Beispiel haben wir im letzten Jahr auf dem Pressure-Festival gespielt, da waren Leute, die wussten nicht, warum ein Stand mit veganem und vegetarischem Essen auf dem Pressure-Festival ist, die haben die Verbindung zwischen Vegetarismus und Hardcore nicht gesehen. Das ist dadurch gekommen, dass dieser Metalcore sehr weit in den Mainstream reicht. Andererseits ist das natürlich auch eine Möglichkeit, neue Leute dazu zu gewinnen und denen dann auch diese „hardcore ethics“ nahe zu legen. Also ist das irgendwo ein zweischneidiges Schwert. Bei jungen Kids, die noch nicht so viel auf Shows waren und zwangsläufig noch nicht so viel wissen, weil sie eben über SLIPKNOT und solche Bands zum Metalcore gekommen sind, muss man versuchen, Werte zu vermitteln. Dass es auf den Shows nicht nur darum geht, sich grün und blau zu schlagen, wie es heutzutage manchmal eben ist. Was steckt dahinter, warum ist man da? Weil man Spaß haben will, aber warum ist man auf Shows und nicht im verdammten Rave-Club? Da steckt ja auch was dahinter.
In dem Song „Pressure release“ geht es ja darum, dass die Musik so was wie ein Ventil für euch ist, ist das der Hauptgrund, warum ihr in einer Band spielt?
Björn: Ich würde sagen, mittlerweile schon, auf jeden Fall. Das ist einfach was ganz anderes als das normale Alltagsleben, wo man sich eben über alles mögliche Gedanken machen muss. Wenn du auf die Bühne gehst, dann vergisst du einfach die ganze Scheiße. Du singst dir deinen Frust vom Leib. Du vergisst einfach, dass du am nächsten Morgen um sieben Uhr aufstehen und dir von deinem Chef irgendeine Scheiße anhören musst, und versuchst, etwas Positives daraus zu machen. Du baust Frustrationen ab, du hast einen richtigen Adrenalinschock. So gesehen ist das für uns alle schon ein positives Ventil, um Dampf abzulassen. Wir gehen auf Tour und das Tourleben ist echt was ganz anderes. Wir sind teilweise schon zehn Stunden gefahren, um eine halbe Stunde zu spielen, haben dann gespielt, schnell was gegessen und dann wieder zehn Stunden nach Hause. Das können manche natürlich gar nicht nachvollziehen. Aber wir sitzen dann mit fünf bis sieben Leuten im Bus, haben dabei schon eine richtig gute Zeit, beim Konzert Spaß, und das ist einfach ein richtiger Ausbruch aus dem Alltagsleben.
Was macht ihr eigentlich beruflich?
Björn: Ich studiere Englisch und Sport auf Lehramt, Sven studiert Naturwissenschaften, Dennis Sommer macht Nebenjobs und spielt bei BF29 und ZERO MENTALITY. Pete ist ja jetzt ausgestiegen, weil er Tätowierer wird und noch zur Schule gehen muss, weil er da durch Bafög angebunden ist. Deshalb haben wir jetzt Christian als Gitarristen, der ist Handwerker und will vielleicht bald Lehrer an der Berufsschule werden. Dann haben wir noch Dennis an den Drums, der ist Altenpfleger, was dann auch zu Problemen führt, weil der am Wochenende oft Schichtdienst hat. Wir haben einen Ersatzdrummer, der uns oft aushilft. Und wir haben auch Freunde, die uns regelmäßig an den Saiteninstrumenten aushelfen, zum Glück. Wir versuchen so viele Shows wie möglich zu spielen, auch wenn wir nicht immer mit dem Kern-Line-up dabei sind.
Seit ihr 2004 bei GSR euer erstes Album „The Escape“ rausgebracht habt, gab es ja überall nur positive Resonanzen. Was hat sich seitdem für euch als Band geändert?
Björn: Also, durch den guten Vertrieb und die gute Promotion, die GSR für uns gemacht hat, sind wir viel präsenter überall, deswegen beschäftigen sich Leute auch mehr mit der Band und der CD. Überall, wo wir hinkommen, gibt es ein paar Leute, die die Texte mitsingen können. Wir haben das also schon deutlich gespürt, da die Shows auch besser geworden sind. Wir verkaufen mittlerweile auch mehr Merch, trotzdem haben wir immer ein dickes Minus in der Tasche, das ist ganz komisch. Aber wir sind halt eine Hardcore-Band und keine BWLer. Also es ist definitiv sehr positiv gelaufen bisher.
Macht ihr denn direkt weiter mit der Band, jetzt wo der Pete aufgehört hat?
Björn: Definitiv! Pete hinterlässt natürlich ein riesiges Loch, weil er auch immer ein Sympathieträger in der Band gewesen ist, und wenn man den mal auf der Bühne gesehen hat, vergisst man ihn einfach auch nicht. Wir versuchen einfach, so gut es geht weiterzumachen, wir haben jetzt Christian, das ist ein richtig cooler Typ, alles klappt super soweit, sieht man davon ab, dass er sich vor drei Wochen auf der Arbeit die Finger fast abgeschnitten hat. Wir machen jetzt noch eine kurze Pause und dann wollen wir langsam mal wieder ein paar neue Songs schreiben für das nächste Album.
Habt ihr schon einen konkreten Termin für das nächste Album?
Björn: Nein, dadurch, dass wir sehr viele Shows auch mit Ersatzleuten gespielt haben, mussten wir auch immer mit Ersatzleuten proben, und so hatten wir nicht viel Zeit, was Neues zu machen. Wir haben seit einem Jahr noch nicht einen neuen Song geschrieben, was natürlich ein bisschen traurig ist.
Deshalb spielt ihr auch immer so viele Coversongs ...
Björn: Ja, das stimmt, keine Tricks verraten ... Nee, wir würden auch keine neuen Songs spielen, wenn wir die hätten, weil die Leute die alten Sachen hören wollen. Das wird bald kommen.
Und was habt ihr demnächst für Konzerte und Touren geplant?
Björn: Wir wollen definitiv versuchen, nach Russland zu kommen, weil das ein Land ist, wo bisher kaum Hardcore-Bands waren. Hier in Europa haben wir schon viel gesehen, wir haben schon fast jedes Land in Westeuropa gespielt, als nächstes wollen wir eben nach Osteuropa. Unsere CD kommt jetzt in Südamerika raus, deshalb haben wir auch dafür was geplant, ich denke mal, innerhalb des nächsten Jahres werden wir da gespielt haben. Wir werden auch versuchen, nach Nordamerika zu kommen, weil da bald eine Split-7“ mit DEATH BEFORE DISHONOR auf Bridge Nine Records rauskommt. Europa ist natürlich immer cool, weil uns hier schon viele Leute kennen. Wir sind aber auch selber gespannt, was in anderen Ländern los ist, und es gibt da vielleicht auch Leute, die uns sehen wollen und sonst halt nicht die Chance haben.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #64 Februar/März 2006 und Sebastian Fritsche