BENEDIKT GRAMM (ACHT EIMER HÜHNERHERZEN, DIVING FOR SUNKEN TREASURE, THE INCREDIBLE HERRENGEDECK ...)

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My Little Drummer Boy Folge 66

Drummerboy dieser Ox-Ausgabe ist der umtriebige Benedikt Gramm aka Bene Diktator, der sich das Trommeln in seinen Jugendtagen in Freiburg selbst beigebracht hat und nach seinem Umzug in die Hauptstadt versucht hat, in so vielen Bands wie möglich gleichzeitig aktiv zu sein. Damit nicht genug, ist er neben seinen Bands auch noch solo als Singer/Songwriter unterwegs, so dass es in seinem Leben wahrscheinlich alles andere als langweilig zugeht.

Bene, kommst du aus einer musikalischen Familie und bist musikalisch vorbelastet?

Man kann nicht sagen, dass es in meiner Familie unmusikalisch zuging. Explizit musikalisch ging es aber auch nicht zu. Es wurde sich an Instrumenten ausprobiert, aber lange dabeigeblieben ist außer mir niemand. Woher meine Besessenheit kommt, kann ich nicht genau sagen, aber sicher ist, dass ich schon in frühestem Alter alle möglichen Instrumente interessant fand und meine Eltern genervt habe, um möglichst viele davon in die Finger zu bekommen.

Mit welcher Art von Musik bist du bei euch zu Hause aufgewachsen?
Meine Eltern haben viel BEATLES gehört, BEACH BOYS auch, dazu etwas Jazz, Blues, Ragtime und natürlich Bach, Mozart, Beethoven und andere Klassik. Ich habe viele Stunden unsere Rumpelkammer durchsucht, da es laut meiner Mutter irgendwo noch Tonbänder von BLACK SABBATH geben sollte. Leider habe ich sie nie gefunden. Die sind wohl irgendwo unter die Räder gekommen.

Wann hast du dich das erste Mal für ein Schlagzeug interessiert?
Das kann ich nicht genau sagen. Ich habe mich, so lange ich denken kann, erst mal für so ziemlich jedes Instrument interessiert, natürlich auch für jegliche Art von Trommeln und Schlagwerk. Wenn da irgendwo etwas rumstand, habe ich sofort darauf herumgehauen. Das erste Instrument, das ich mir mit sechs Jahren ausgesucht habe, war allerdings das Akkordeon. Mit zwölf Jahren bekam ich meine erste E-Gitarre und kurze Zeit später hat sich das Schlagzeug dazugesellt.

Hast du als Jugendlicher irgendwelche Drummer als Vorbild gehabt?
Durch die Tapes meiner großen Schwester war ich schon im Grundschulalter DIE ÄRZTE-Fan. Das hat mich vielleicht insoweit beeinflusst, als dass ich acht Jahre lang Standschlagzeug in der Gypsy-Punk-Band DIVING FOR SUNKEN TREASURE gespielt habe. Das war allerdings schon weit nach meiner Jugendzeit und eigentlich eher aus praktischen Gründen. Anfangs sind wir als Musikguerilla durch Bars gezogen und ich hatte keinen Bock, extra einen Hocker mitzuschleppen. Später bin ich dann einfach dabeigeblieben. Aber um auf die eigentliche Frage zu antworten: Nein, den einen Helden gab es bei mir nicht.

Wann hast du dir dein erstes eigenes Schlagzeug besorgt?
Das erste Schlagzeug, auf dem ich jahrelang gespielt habe, war geliehen, weil ich einfach nie genug Geld hatte. Der Vater eines Freundes hatte ein wunderbares Sechziger-Jahre Pearl Set auf dem Speicher stehen, das da vor sich hin gegammelt hat. Ich habe ihn so lange bequatscht, bis er mir das Teil geliehen hat, und dann sicher die nächsten drei, vier Jahre darauf gespielt. Mein späteres Standschlagzeug war komplett zusammengewürfelt und bestand unter anderem aus der Bassdrum eines Kinderschlagzeugs vom Flohmarkt, die mikrofoniert übrigens echt geil klang. Das erste fabrikneue Set habe ich mir tatsächlich erst vor etwa sechs Jahren geholt. Das mag aber auch daran liegen, dass es viele Jahre gab, in denen ich Gitarre und Bass in Bands gespielt habe und kaum Drums.

Hattest du Unterricht oder bist du kompletter Autodidakt?
Schlagzeugunterricht hatte ich nie. Einfach rumprobieren, am besten mit anderen Leuten zusammen, war eher mein Ding. Das finde ich bis jetzt am besten und spannendsten.

Hast du in der Schule in einer Schülerband gespielt und wann hast du deine erste Band gegründet?
Nein, das habe ich nie. Da durften nur Schüler mitspielen, die Unterricht an ihren Instrumenten hatten und entsprechende Standards erfüllt haben. Ziemlich öde, so wie der gesamte Musikunterricht in der Schule. Zum Glück habe ich eines schicksalhaften Tages einen Freund und Mitstreiter gefunden, mit dem ich viele musikalische Schnittpunkte hatte. In unserer kleinen Stadt war es aber sehr schwer, einen Bassisten zu finden. Die Leute in unserem Alter, also 13, 14, haben sich eher für Videospiele und Sport interessiert, und für die Älteren waren wir wohl nicht cool genug. Deshalb haben wir einfach zu zweit Songs geschrieben und uns an Drums und Gitarre abgewechselt. Irgendwann haben wir dann einen Kumpel breitgeschlagen, sich am Bass zu versuchen. Mit dieser Band namens GUNG hatten wir dann Mitte der Neunziger unseren allerersten und gleichzeitig letzten Auftritt, denn die Basskarriere unseres Kumpels war danach vorbei. Wir haben aber einfach zu zweit weitergemacht und in den folgenden 25 Jahren zusammen in ziemlich vielen Bands gespielt.

Erinnerst du dich an deine ersten Live-Auftritte?
Ziemlich gut sogar. Und obwohl die bestimmt nicht besonders gut waren, habe ich mich sofort zu Hause gefühlt und gemerkt, dass ich genau das am liebsten machen will.

War dir schon frühzeitig klar, dass du sowohl Gitarre als auch Schlagzeug spielen wolltest?
Ja. Ich wollte von Anfang an auch eigene Songs schreiben und dafür ist die Gitarre wichtig. Irgendwann kam auch noch der Bass dazu. Macht beides Spaß, und es hilft einem auch zu verstehen, wie die Instrumente miteinander funktionieren.

Konntest du bei euch zu Hause üben und zu welchen Platten hast du am liebsten getrommelt?
Zu Platten habe ich eigentlich nie getrommelt. Die Eltern meines Freundes waren zum Glück so freundlich und geduldig, uns in einem kleinen Raum im Untergeschoss des Hauses proben zu lassen. Gefühlt haben wir da unsere halbe Jugend verbracht und uns die Ohren weggeschossen.

Mit welcher Band bist du das erste Mal im Studio gewesen und wie war diese Erfahrung für dich?
Das war mit BULLETS AT THE BIRTHDAY PARTY, im Temple Studio, Freiburg. Wir hatten davor schon kleinere Aufnahmen gemacht, aber nie mit einem so versierten Tontechniker. Mir hat das sehr viel Spaß gemacht, und es hat mich umgehauen, die Songs genau so zum Leben zu erwecken, wie sie in meinem Kopf klingen sollten.

Wie und wann ist aus dem „Standtrommler“ von DIVING FOR A SUNKEN TREASURE der Sitztrommler von THE INCREDIBLE HERRENGEDECK geworden?
Wir haben DIVING FOR SUNKEN TREASURE Ende 2015 aufgelöst. Zu dieser Band hat das Standschlagzeug in seinem absoluten Minimalismus perfekt gepasst. Bei Herrengedeck bin ich eher zufällig als Aushilfe hineingerutscht. Die Band hat zu der Zeit meist ohne Drummer gespielt, wollte für größere Shows aber mehr Power haben. Das hat uns dann so viel Spaß gemacht, dass ich von da an immer öfter dabei war. Ein Hauptgrund, wieder im Sitzen zu spielen, war für mich die Hi-Hat, die beim Stil von THE INCREDIBLE HERRENGEDECK und später auch bei HUCK BLUES wichtig war. Im Stehen kann man die nur entweder geschlossen oder geöffnet spielen, ich habe aber beides gebraucht. Nach acht Jahren war das wie ein Neuerlernen des Schlagzeugs.

Du bist ja auch solo als Songwriter unterwegs. Fällt es dir schwer, die vielen Bands und Verpflichtungen unter einen Hut zu bekommen?
Seit einigen Jahren habe ich das stark reduziert. Teilweise hatte ich die Live-Sets von bis zu fünf Bands im Kopf, und habe mit diesen über das Jahr verteilt geprobt und Konzerte gespielt. Und das, obwohl Organisation nicht gerade meine Stärke ist. Zu der Zeit habe ich nicht mal einen Kalender besessen. Hat viel Spaß gemacht, war aber irgendwann zu viel. Wenn dann noch ein Kind in dein Leben purzelt, geht das in dem Umfang nicht mehr. Mit ACHT EIMER HÜHNERHERZEN bin ich glücklich und wir sind, sofern nicht gerade weltweite Seuche ist, auch viel unterwegs. So oft es sich ergibt, spiele ich, in kleinem Rahmen, meine Solosachen. Außerdem stehe ich regelmäßig hinterm Tresen und mache Musikangebote für Kinder. Damit bin ich dann auch gut ausgelastet. Ich habe jetzt sogar einen Kalender.

Egal bei welcher Band du gerade spielst, du bist eigentlich immer mit einem reduzierten Drumset unterwegs. Hast du dich jemals an einem richtig großen Metal-Drumkit ausprobiert?
Nie ernsthaft, nein. Ich saß an so etwas schon dran, aber das ist absolut nicht meine Baustelle. Zu viele Optionen können auch erdrückend sein. Zudem nervt es, wenn im Proberaum und auf der Bühne ständig so ein Gartenzaun rumsteht. Mir macht es viel mehr Spaß zu testen, was man aus reduzierten Gegebenheiten rausholen kann. Da ist fast alles möglich. Als gutes Beispiel fällt mir dazu David Sandström, der Drummer von REFUSED, ein. Was der mit einem sehr klein gehaltenen Set veranstaltet, ist richtig geil.