BEATE X OUZO (kurz BXO) zählen im D.I.Y.-Sektor derzeit wohl zu den Bands der Stunde. Anstatt irgendwelchen Szene-Hypes hinterherzujagen, spielen die vier Sauerländer wütenden, kompromisslosen Hardcore-Punk, wie er authentischer kaum sein könnte. Ihre 7“ heimste in sämtlichen Fanzines Bestnoten ein und liefert zudem mit dem Song „SxLxYx“ die ultimative Dorfpunk-Hymne. Nachfolgend ein kleiner Plausch mit Bassist Hoschi und dem mittlerweile nach Hamburg ausgewanderten Sänger Stemmen über Punk in der Provinz.
Es gibt ja noch eine andere Band, die die Idee mit diesem „Beate Uhse“-Wortspiel hatte. Denen fehlt jedoch das „X“ im Namen. Geht’s euch bei diesem Zusatz nur darum, Verwechslungen vorzubeugen oder hat das eine tiefere Bedeutung für euch?
Stemmen: Tiefere Bedeutung? Nö! Vorrangig sollte uns das echt nur von den anderen unterscheiden. Neben der Deutschpunk-Kapelle aus Rostock gibt es sogar noch mindestens zwei weitere, total unlustige Coverbands mit dem gleichen Namen. Erzähl das aber bitte keinem, haha.
Welche Bands zählt ihr zu euren größten Einflüssen?
Stemmen: Die 7“ von BURNED OUT hat mich damals dermaßen umgehauen, dass ich auch so eine Band als Frustventil haben wollte. Diese brachial heraus gebölkte Wut begeistert mich immer noch. Musikalisch inspiriert haben uns sonst noch Bands wie VOID, D.R.I., MDC, FYP, SURF NAZIS MUST DIE, ALARMSTUFE GERD und GALAXOR. Da werden wir in spielerischer Hinsicht natürlich niemals herankommen, aber das war auch nie der Plan. Es ging vor allem um deren ungebändigte Radikalität und dieses ganze Copy/Paste-Layout alter Fanzines, Flyer und Tapes, von dem wir immer noch schwer angetan sind.
Ihr kommt aus dem Sauerland. Wie ist es da um die Szene-Aktivitäten bestellt?
Stemmen: Wir sind in verschiedenen Ortsteilen der Stadt Schmallenberg aufgewachsen, die allesamt gerade mal vierstellige Einwohnerzahlen haben. So eine richtige Szene gab es in der Umgebung nirgends. Man hatte nur die Wahl zwischen Kneipe und Verein. Und die wenigen Leute, die darauf keinen Bock hatten, machten es sich in ehemaligen Schweineställen, leerstehenden Schuppen, alten Bauwagen oder ungenutzten Gartenhäusern bequem. In Dorlar haben wir uns sogar selbst einen Treffpunkt gezimmert. Der von allen abgöttisch geliebte Käse-Flex-Bunker stand noch bis 2010, musste in Folge eines Nachbarschaftsstreites aber leider rückgebaut werden. In der neun Quadratmeter großen Bretterbude fand damals auch der erste BXO-Gig statt! An solchen Orten traf man sich zum Rumgammeln, Feiern, Musik hören und Mixtapes tauschen. Und ein- oder zweimal im Jahr bekamen wir es auch immer hin, Freibierkonzerte zu organisieren, wo dann jeder so 15 Euro Eintritt zahlte, um den ganzen Abend für lau trinken zu können. Dadurch entstanden weitere Kontakte bis in den Ruhrpott hinein. Das oft zitierte „Network of Friends“ eben, nur in viel, viel kleiner.
Hoschi: Es gibt hier keine richtige Punk-Szene, dafür sind wir wohl zu wenige. Es gibt aber zumindest eine aktive Bandszene, in der so ziemlich alle Genres vertreten sind. Dies führt oft zu sehr bunt gemischten Shows, wo Hardcore, Indie, Metal und so weiter sich eine Bühne teilen. Es gibt ein paar Läden, die Konzerte veranstalten, aber die werden immer weniger. Damals wie heute gilt meist, D.I.Y.-Läden besuchen, mit den Leuten sprechen und die Show dann selbst organisieren. Am meisten geht im Jugendzentrum Grevenbrück. Das Orgateam stellt regelmäßig was auf die Beine und mischt lokale und größere Bands zusammen. Zudem gibt es hier noch ein Mal im Jahr das Rockade Festival.
Und wie sieht es mit empfehlenswerten Bands aus?
Hoschi: Wer Bock hat, kann mal bei BURY THE KILLJOY, JUICEBIX, ERADICATOR, SOCIAL DISTRUST, A SECOND GLANCE, LIVING AND FADING und SPLUFF reinhören. Damit hätten wir auch alle Stile von Thrash Metal bis HipHop abgedeckt, haha.
Es gibt ja dieses sich leider immer wieder bewahrheitende Klischee vom Dorfproll mit Aufklebern gewisser Deutschrock-Bands auf der Heckscheibe, die auch kein Problem damit haben, mal einen mit Nazis zu trinken. Hattet ihr auch oft Stress mit solchen Typen?
Stemmen: Richtig organisierte Nazis gab es nicht, zumindest sind uns gegenüber nie größere Gruppen in Erscheinung getreten. Ich glaube, dafür waren wir einfach zu unspektakuläre Gegner, haha. Man kannte zwar einzelne Wichser vom Sehen, doch aufeinandergeprallt sind wir so gut wie nie. Die typischen Onkelz-Prolls hingegen fuhren natürlich überall herum und so Klischee-Idioten gab es auch zuhauf. Ständigen Ärger hatten wir mit denen allerdings nicht. Es war im Großen und Ganzen einfach stinklangweilig. Ehrlich gesagt, ging es damals aber eh noch nicht so arg politisch zu. Unsere Politik war eher simpel und beschränkte sich auf Scheiße bauen. Es gab ab und an Hauereien mit Arschlöchern, Beamtenbeleidigung, Sachbeschädigung, Hochsitze umkippen, Wahlplakate anmalen und so was. Also eher asoziales Verhalten gegenüber der Normalbürgerlichkeit, mehr nicht.
Im Song „SxLxYx“ thematisiert ihr das nicht immer einfache Dasein als Punk in der Provinz. Wie frustrierend ist es, wenn die örtliche Tristesse einen zwingt, für Konzerte stundenlang im Auto oder Zug sitzen zu müssen, nur um am Ende von den Punks aus der Stadt belächelt oder gar dumm angemacht zu werden?
Stemmen: Ursprünglich sollte das eine fiese Abrechnung mit der alten Heimat sein, doch das fanden meine Bandkollegen zu recht unpassend, weil sie im Gegensatz zu mir ja noch dort leben und sich zudem auch wohl fühlen. Beim Reflektieren über die gemeinsame Zeit kamen wir dann auch sehr schnell zu dem Schluss, dass wir eigentlich echt coole Sachen verwirklicht haben. Selbstverständliche Dinge, für die Punks in der Stadt nicht einen Finger krumm machen müssen, haben wir uns dort in der Pampa in kleinerem Rahmen Stück für Stück selbst organisiert. Da taten vereinzelte Sprüche über uns „Bauernpunker“ oder „Freizeitpunks“ echt weh, weil man ja schon irgendwie dazugehören wollte. Im Bewusstsein dessen lacht man da heute natürlich drüber. Aber deswegen haben wir das Stück dann in eine Art Dorfpunk-Hymne umgetextet. Das passt besser.
Ihr zählt zu den wenigen Bands, die auch im Jahr 2014 nicht bei Facebook vertreten sind. Desinteresse, Faulheit oder gezielte Anti-Haltung?
Stemmen: Ganz klare Anti-Haltung! Wir möchten niemanden auf den Keks gehen und ständig um Aufmerksamkeit heischen. Wer etwas über uns erfahren möchte, findet auf unserem Blog alle Infos. Oder man spricht uns einfach auf einem Konzert an. Soweit ich mich erinnern kann, funktionierte das auch schon vor den ganzen asozialen Netzwerken, oder nicht? Warum muss es dann immer das neueste Medium sein, wenn sich an der eigentlichen Kommunikation doch sowieso nichts weiter verbessern lässt? Und über die Datensammelwut der Anbieter müssen wir gar nicht erst reden. Für uns verhält es sich da wie mit dem Layoutstil: Warum altbewährtes Scherenhandwerk ersetzen, wenn man damit auch zum Endergebnis kommt?
Trotz fehlender Social-Media- und überschaubarer Live-Präsenz war eure letzte 7“ „Frust x Wut x Tristesse“ zügig ausverkauft. Setzt sich Qualität einfach immer durch? Und wird es eine Nachpressung geben?
Stemmen: Tja, ich würde sagen, der Erfolg gibt uns einfach recht, haha! Nee, ist schon echt der Hammer, wie das lief. Ich glaube, eine gewisse Leidenschaft setzt sich immer durch. Wenn man begeistert an etwas arbeitet und es schafft, dass auch etwas Enthusiasmus mit rüberkommt, dann reißt das andere immer mit. Wir sind aber nicht so größenwahnsinnig, jetzt ernsthaft zu glauben, dass wir zur Zeit mit den besten Hardcore-Punk im Land spielen, wie in Reviews schon geurteilt wurde. Natürlich schmeicheln uns derartige Worte, aber wir werden niemals auch nur ansatzweise solche Meisterwerke wie VOID mit „Think“ oder „The unseen Homocaust“ aus dem Hut zaubern. Außer mir beherrschen zwar alle ihre Instrumente, aber um Musik ging es uns noch nie in erster Linie. Es ist wohl eher das Gesamtpaket aus Layout, Texten, Musik und Attitüde, das so gut ankommt. Nachpressungen sind aber nicht geplant. In der einen oder anderen Plattenkiste stehen sicher noch vereinzelte Exemplare herum und in Kürze werden wir auch mal alles für lau online stellen.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #117 Dezember 2014/Januar 2015 und Florian Feldmann
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #103 August/September 2012 und Florian Feldmann
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #112 Februar/März 2014 und Ute Borchardt