Manchmal stolpert man auch als alteingesessener Ox-Redakteur wieder über die eine oder andere musikalische Überraschung. So spielte mir ein Soundcheck das aktuelle Album der Budapester Band THE BANKRUPT in die Hände, welches mich gleich beim ersten Hören vollauf begeisterte. Eingängige, knackige Songs trafen auf teils engagierte, teils unterhaltsame Texte. Und da Ungarn in letzter Zeit wieder auch durch seine politischen Wirrungen in den deutschen Medien auftauchte, Grund genug, einmal Rocco, dem Sänger und Bassisten der Band, ein paar Fragen zukommen zu lassen.
Was war der Grund für einen jungen Kerl außerhalb von Budapest während der 80er Punkrocker zu werden? Denkst du, es gab einen Unterschied zu jemandem in Westeuropa?
Ich kam um 1988 zum Punkrock. Das alte kommunistische System war dabei zu zerbrechen und es war angenehm, Punkbands wie AURORA zu hören, die über die Realität der russischen Unterdrückung sangen, nach all den scheiß Lügen, die wir in der Schule satt hatten. Was ich wirklich am Punkrock mochte, war, dass er ehrlich und einfach war. Da war keine Heuchelei, weder in den Texten noch in der Musik. Ich entdeckte die RAMONES und THE CLASH durch ausgeliehene Kassetten von Klassenkameraden. Sie sind bis heute mein größter Einfluss.
Inwiefern änderte sich dein Leben im privaten und im Punkrock-Bereich, nachdem das kommunistische System zerbrochen war? Was entwickelte sich besser, was dagegen schlechter für dich?
Während des kommunistischen Systems durften wir nur alle drei Jahre einmal in den Westen reisen. Die Welt öffnete sich erst danach für uns und es gab viel mehr Möglichkeiten für junge Leute. Wir konnten uns in der weiterführenden Schule anstelle des obligatorischen Faches Russisch für das Erlernen von Deutsch entscheiden. Alles wurde besser, wir waren endlich frei.
Wann gründete ihr eure Band? Wie war es, Ausrüstung, Proberäume, Konzerte und endlich einen Plattenvertrag zu bekommen?
Die Band gibt es seit 1996. Anfangs spielte William die Gitarre, der Kanadier Michael sang und ich spielte den Bass. Während der ersten vier Jahre hatten wir vier verschiedene Schlagzeuger. Michael verließ uns 1999. William und ich wechselten zum Gesang. Seit Ende 2000 steht nun das bis heute aktuelle Line-up mit Shorty an den Drums. Als Erstes probten wir in einer Schule, dann in einem Kindergarten - mit sehr inspirierendem Spielzeug. Überall wurden wir rausgeschmissen. Jetzt sind wir froh, einen festen Raum zu haben. Mit der Zeit verbesserte sich unser Equipment. Wir veröffentlichten unsere erste CD "Listen" im Jahr 2000. Ende 2002 startete William mit dem Label PiaRRecords und die nächsten zwei CDs - "Bad Hair Day", 2004; "Shorter Than Danny DeVito", 2006 - wurden hier veröffentlicht.
Eure Albumtitel hören sich nicht sehr ernst an. Würdest du eure Band eine Funpunk-Band nennen?
Nicht wirklich. Ich denke, die ganze Zeit witzig zu sein, ist genauso blöd wie zu ernst zu sein. Wir versuchen ein Gleichgewicht zu finden, zwischen wichtigen Dingen und Spaß. Wir werden oft mit den ganzen RAMONES-mäßigen Pop-Punk-Bands in einen Topf geworfen, was sicherlich unserem Stil am nächsten kommt. Allerdings sehe ich uns sowohl musikalisch als auch textlich wesentlich variabler. Ich meine, keine von diesen Bands würde eine Punk-Reggae-Nummer im Stile der CLASH machen und dabei über das Zerbomben von Novi Sad singen. Wir taten das.
Aber hattet ihr so wenig Selbstvertrauen, dass ihr euer letztes Album "Shorter Than Danny Devito" nanntet?
Der Titel bezieht sich auf die Länge des Albums. Es gibt elf Songs unter 21 Minuten. Wir sind selbstbewusster als vorher und unsere Egos sind größer als Akebono.
Und was tut ihr bei einem "bad hair day"?
Wir tragen unsere Haare kurz und daher ist es kein Problem für uns. Aber ich denke, der Sänger von COHEED AND CAMBRIA muss die ganze Zeit unter "bad hair days" leiden.
Und wie wird es mit BANKRUPT nun weitergehen? Ich habe gehört, ihr kommt nach Deutschland?
Im Februar spielen wir in Sachsen und Thüringen ein paar Shows. Weitere Konzerte in Deutschland werden noch folgen. Schaut einfach mal auf unserer Website nach. Wir haben mit Mondo Bizarro eine in Hamburg ansässige Booking-Agentur, so dass da bestimmt noch einiges passieren wird. Außerdem bekommen wir viel Unterstützung von Sandra von der Dresdner Band DIE PUCKS. Sie ist großartig. Außerdem haben wir bereits einen Haufen neuer Songs. Das kommende Album würden wir dann auch gerne auf einem deutschen Label veröffentlichen. Die Reaktionen auf "Shorter Than Danny DeVito" waren in Deutschland sehr gut, so dass wir recht optimistisch sind.
Noch ein paar letzte Worte?
Wir sind immer auf der Suche nach Auftrittsmöglichkeiten in Deutschland. Wenn ihr also möchtet, dass wir in euerm Club spielen, kontaktiert uns über unsere Homepage. Und wenn ihr in oder um Dresden wohnt, verpasst uns am 10. Februar nicht in der Chemiefabrik bei der Geburtstagsparty von DIE PUCKS.
Übersetzung: Kathrin Hassing
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