Aus dem Schrank geholt: PUNKS IN DER GROSSSTADT / PUNKS IN DER PROVINZ

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Bruno Hefeneger, Gerd Stüwe, Georg Weigel (Leske + Budrich, 1993, 124 S., damals DM 19,80, als Neuauflage für 54,99 Euro)

And now for something completely different: Ein Blick von außen auf Punk, hier in Form zweier Berichte über soziale Projekte mit Punks Ende der 1980er Jahre in Frankfurt/Main und Fulda. Das Buch ist vom Wissenschaftliche-Literatur-Konzern Springer für einen exorbitanten Preis neu aufgelegt worden, die Sinnhaftigkeit dieser Entscheidung erschließt sich mir aber nicht recht. Denn viele der dort beschriebenen Verhaltensweisen von Punks stehen in direktem Zusammenhang mit den damaligen gesellschaftlichen Verhältnissen, die heute so nicht mehr existieren.

Beobachtungen wie die, dass die Punks die Verachtung der Umwelt als „negative Zuwendung“ umdeuten und zur Stützung ihrer eigenen Identität brauchen, sind historisch korrekt, aber in der heutigen Anything-Goes-Gesellschaft nicht mehr aktuell. Aber als Reflexion über die Zeit von vor 30 Jahren und Punk an sich bietet das Buch insbesondere in den theoretischen Passagen jede Menge Material. So überraschen die Autoren mit der These, dass Punk jugendkulturell konservativ, ein „Fossil vergangener Zeiten“ sei, weil Punk eine „umfassende Lebenshaltung“ propagiere, „der bestimmte Werte und Normen zugeordnet sind und über die nahezu alle Lebensbereiche definiert werden“. Im Gegensatz zu dem nachfolgenden Jugendtypen der „Postmoderne“, die nur an individueller Selbstdarstellung interessiert seien, aber nicht mehr auf der Suche nach personalen und gesellschaftlichen Entwicklungsmöglichkeiten oder einem gemeinsamen Lebensgefühl.

Dem würde ich entgegenhalten wollen, dass Punk im Gegensatz zu den älteren Jugendkulturen nie eine positive Gruppenidentität entwickelt hat, sondern sich immer in Abgrenzung zu anderen definiert hat. Das ermöglicht(e) eine ständige Wandlungs- und Anpassungsfähigkeit über Jahre hinweg und somit die lang anhaltende Aktualität von Punk im Gegensatz zu Jugendkulturen wie Mods, Hippies, Psychobillies oder Bikern. Ob diese Einmaligkeit angesichts der massiven Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse in den letzten 30 Jahren noch existiert, bleibt zu diskutieren. Ein historisch interessantes Buch, aber der Nutzen für die heutige Zeit ist begrenzt.