ASTEROID KANE

Foto© by Clemens Porikys

Geschmackvoller Hauptstadt-Gitarrenkrach

Es sind die Gitarrenwände, die mich beim ersten Hören von ASTEROID KANE zusammenzucken ließen. Und dabei können es die vier Berliner auch ganz zart und fast schon zuckersüß. Und genau diese Spannung innerhalb ihrer Songs hat mich dazu veranlasst, die Band mal etwas genauer unter die Lupe zu nehmen und euch näherzubringen. Dieser Tage erscheint nun ihre zweite EP „Marigold“, und hätte sich ein Porträt bereits nach ihrem Debüt empfohlen, so ist nun zwingend nötig.

Begonnen hatte alles 2018, als die beiden Gitarristen Hanke und Alex es an der Zeit fanden, gemeinsame Sachen zu machen. Eine Rhythmus-Sektion wurde schnell gefunden und bald entstanden die ersten Songs, die wenig später auf dem Einstand „An Asteroid Called Kane“ zu hören sein sollten. Schon hier ließen sich die unterschiedlichsten Einflüsse erkennen. Da wurde schon ganz munter mal losgepunkt, wie beim herrlich eingängigen „Pissing in the snow“, ohne in stumpfes Geprügel abzudriften. Denn es geht auch immer um den Song und die richtige Melodie. Und so kamen mir schnell die LEMONHEADS, HÜSKER DÜ aber auch DINOSAUR JR. in den Sinn. Doch schon im nächsten Moment nimmt die Band das Tempo raus und setzt auf „zart statt hart“. Weg vom Noise- hin zum Indierock, ohne mit der Wimper zu zucken. Aber das haben ja schon ganz anderen Kapellen geschafft. Und so sind wir bei weiteren Referenzen von ASTEROID KANE. Nämlich dem Werdegang der einzelnen Musiker. Diese sind nämlich keine Novizen im Geschäft, sondern haben bereits in zahlreichen Bands der Hauptstadt gespielt, wie zum Beispiel bei DRUNK MOTORCYCLE BOY, THE HYPE oder KINGS AND THE QUEEN.

Das sagt euch nichts? Seid beruhigt, ihr müsst nicht vor Scham in den Staub fallen, denn außerhalb Berlins hielt sich der Ruhm in Grenzen. Aber dafür sind ja jetzt ASTEROID KANE am Start. Und vielleicht wird ja genau 2022 ihr Jahr. Denn als ihre erste EP erschien, tauchte auch dieses blöde Virus auf und mit Konzerten zum Release war erst mal nichts. Also nutzte man die Zeit und feilte am Songwriting und perfektionierte es, was nun in den sieben Songs auf der neuen EP „Marigold“ seinen bisherigen Höhepunkt findet. Denn ohne durch die Mühlen des Live-Business gehen zu müssen oder vielmehr Pandemie-bedingt zu dürfen, hatten Hause, Alex, Kola und Hannes viel Zeit, an neuen Stücken zu basteln. Diese sind wesentlich ausgefeilter und durcharrangierter als noch auf dem Debütwerk. Und so klingen nun auch Bands wie THE NOTWIST, PLACEBO oder SCUMBUCKET durch. Doch beim Durchhören von „Marigold“ entdeckt man auch schnell die Begeisterung für Modern Americana und Folk-Rock. Bei Songs wie „Crazy boy“ muss ich zwangsläufig an CALEXICO und GIANT SAND denken.

ASTEROID KANE laden ihre Zuhörer also auf eine abwechslungsreiche Reise ein, bei der hinter jeder Ecke eine Überraschung wartet. Und das macht doch eine gute Band aus, oder? Vielleicht haben wir es ja hier mit dem nächsten heißen Hipster-Scheiß aus Berlin zu tun. Wahrscheinlich aber nicht. Eher werden sich ASTEROID KANE ordentlich den Hintern wund spielen, um Menschen mit gutem Musikgeschmack für sich zu gewinnen Und davon gibt es ja bekanntermaßen nicht allzu viele, so dass sie wohl doch „nur“ eine sehr interessante Indie-Band bleiben werden. Doch wer die Band für sich entdeckt und schätzen gelernt hat, darf sich zu einem elitären Zirkel zählen. Und das ist doch viel wichtiger – für Band und Fans –, als jedem neuen Hype hinterherzujagen.

Bleibt also abzuwarten, wie sich die Konzertsituation in diesem Land in den kommenden Monaten entwickelt und ob auch im Herbst weiterhin aufgetreten werden kann und ob auch wieder zahlreiche Leute ihre Allerwertesten in die Clubs und vor die Bühnen bewegen werden. Denn gerade live haben ASTEROID KANE ihr Publikum verdient. Vor allem auch außerhalb Berlins, denn dort haben sie bereits etablierte Häuser wie das Wild at Heart oder die Junction Bar beehrt. Nun solle das auch mal über die Hauptstadtgrenze hinaus funktionieren. Viel zu lange schon war da dank Corona zu wenig möglich. Ein Problem, das ASTEROID KANE mit zahlreichen anderen Bands teilen, ohne sich aber entmutigen zu lassen. Warum auch? Das Karussell muss sich ja immer weiterdrehen und da können sie ja ein spannendes Zugpferd werden.