ALEXISONFIRE

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Screaming and pleading, ugly and beautiful, poetic and obscene

ALEXISONFIRE, eine Band die hierzulande wahrscheinlich den meisten Leuten noch nicht so geläufig sein wird, da der allgemeine Hype diese Band sicherlich gestreift, aber nicht vollkommen in seinen Sog gezogen hat. Eigentlich unverständlich, denn die Musik, die ALEXISONFIRE dem Hörer darbieten, ist den weitaus bekannteren Vertretern der momentanen Schrei-Gesang-Gemeinde absolut ebenbürtig. Zumindest bietet sich dem musikbegeisterten Europäer so doch noch mal die Möglichkeit, die Band live in einem kleinen und familiären Rahmen zu sehen. Aufgrund meiner Plattensammelleidenschaft war ich einst auf diese fünf liebenswerten, jungen Gentlemen aus Kanada gestoßen – Defiance Records hatte die beiden bisherigen Alben in einer jeweils auf 250 Stück limitierten Vinyl-Version herausgebracht – und konnten mich in kürzester Zeit von ihrem Talent und ihrer Spielfreude überzeugen. Ich denke gerade nach der anstehenden Tour wird der Name ALEXISONFIRE nicht nur unter Platten-Nerds bekannt sein.

Eure Gründungsgeschichte ist ja nicht gerade die alltäglichste für eine Band. Wie seid ihr zu dieser Art der Biografie gekommen?


„Die ganze Geschichte hier zu erzählen, würde wahrscheinlich zu viel Platz einnehmen, deshalb der Verweis auf unsere Website. Wir dachten, dass Band-Biografien im allgemeinen langweilig sind, deshalb gibt es von uns eine ganz spezielle Geschichte. Im Normalfall soll so eine Seite eine Band verkaufen, aber unsere Band und das, worüber wir uns definieren, ist schlichtweg die Musik an sich. Wir verwenden unsere Zeit lieber damit, zu spielen und Songs zu schreiben, als uns durch eine ‚tolle‘ Band-Biografie zu verkaufen. Unsere Biografie ist eine, über die wir selbst gut lachen können, wenn jemand in einem Artikel daraus zitiert und scheinbar nicht zwischen den Zeilen gelesen hat und den selbstironischen Unterton verstanden hat. Das ist schon sehr lustig.“

Was würdet ihr selbst als eure Einflüsse bezeichnen?

„Das Leben! Die Einflüsse unserer Musik kommen einfach überall her, von unseren tagtäglichen Lebenserfahrungen innerhalb und außerhalb der Band. Von Situationen, die Freunde durchlebt haben oder von den Briefen, die wir von Kids bekommen. Wir nehmen alles in uns auf und hoffen, dass es dann auch für irgend jemand anderen Sinn macht. Da wir unterschiedlichste Geschmäcker haben, ist es schwer, einen für die Band einheitlichen Einfluss zu definieren. Zum Beispiel mag Jesse Frank Zappa, ich mag LOGH, George liebt FUCKED UP, Wade die MISFITS und Dallas liebt Jeff Buckley. Wir sind fünf unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichen musikalischen Vorlieben, deshalb ist es schwierig diese Frage konkret zu beantworten.“

Was denkt ihr, ist eure große Stärke als Band?

„Wir tun unser Bestes, um so viel Spaß wie möglich zu haben, vielleicht sogar mehr Spaß, als das Publikum vor der Bühne. Die Tatsache, dass wir die Welt bereisen können und unsere Musik auf so vielen unterschiedlichen Bühnen, vor so unterschiedlichen Menschen spielen können, die extra dafür ein Ticket gekauft haben, ist ein Privileg und eine Ehre. Dessen sind wir uns stets bewusst. Unsere eigene Stärke basiert aber auch auf der Tatsache, dass wir ebenso große Musik-Fans sind. Wir lieben und genießen jede Sekunde, die wir auf der Bühne verbringen dürfen und eins werden mit dem Publikum.“

Was sind eure Erwartungen für die Europa-Tour?

„Dies ist unsere erste Tour durch Europa, bei der wir England verlassen werden. Ehrlich gesagt, haben wir versucht, uns keine genaue Vorstellung von dem zu machen, was uns eventuell erwarten wird. So lange jemand erscheint, um uns zu sehen und mit uns zu feiern, sind wir zufrieden. Die Kids werden überrascht sein, eine solche vor Energie strotzende Show zu sehen zu bekommen. Neue Länder zu besuchen, wo Menschen deine Songs kennen, ist schier unglaublich. Ich denke, das zerschlägt unsere möglichen Ängste. Anstatt angespannt und verunsichert zu sein, ist es deshalb eher eine nervöse Aufgeregtheit.“

Wie ist eure Einschätzung hinsichtlich der Hardcore-Szene in Kanada?

„Die Musikszene im Großen und Ganzen ist toll. Wir reduzieren uns jedoch nicht auf ein bestimmtes Genre, denn es gibt im Endeffekt nur zwei Arten von Musik: gute und schlechte. Warum sollte man all die ganzen anderen Arten von Musik ignorieren, nur weil man Teil einer Subkultur ist oder einem bestimmten Genre angehört? Aber generell ist die Musikszene in Kanada großartig. Unser Manager betreibt die Website bedlamsociety.com, die sich jeder mal anschauen sollte, der an der kanadischen Musikszene interessiert ist.“

Aus Nordamerika zu stammen ist heutzutage ja nicht besonders populär. Aber da ihr ja nicht aus den Staaten kommt, solltet ihr auch nicht gerade von dem betroffen sein, was die Bush-Regierung verzapft. Berührt euch die momentane Situation in Nordamerika?

„Speziell als Band hat es uns noch nicht berührt oder beeinträchtigt, aber es berührt uns wie jeden Menschen, der durch seine Umwelt beeinflusst wird. Als Band, die durch die USA reist, treffen wir auf genau dieselben Schwierigkeiten, die man auch als eine Privatperson hat, die internationale Grenzen überschreitet. Aber ich muss gestehen, dass ich darüber noch nicht wirklich nachgedacht habe. Wir sind stolz darauf, Kanadier zu sein, und wir lieben es, überall auf der Welt zu spielen. Man muss nicht aus einem bestimmten Land stammen, um ein anständiger Mensch zu sein, und man sollte auch nicht von der Regierung eines bestimmten Landes auf die gesamte Bevölkerung schließen. Wir hatten noch nie ein seltsames Gefühl, irgendwo zu spielen, alleine aufgrund der Tatsache, wer wir sind und woher wir kommen.“

Was war euer intensivster Moment als Band?

„Wir hatten ein paar Sorgen aufgrund von Krankheiten. George wurde einmal auf Tour ernsthaft krank, so dass wir ihn nach Hause schicken und ohne ihn spielen mussten. Es ist einfach ein ungutes Gefühl, wenn du als Team unterwegs bist und dann eine Person ausfällt, du ihr aber nicht helfen kannst und trotzdem weiter machen musst, als ob nichts wäre. Auf dieser letzten Tour hatte ich einen unheimlichen Moment, als ich auf einmal Probleme mit den Augen hatte und nach Hause fahren musste, aber die Jungs waren für mich da. Etwas, das unglaublich viel wert ist. Wir sind wie eine Familie, und sie waren ebenso glücklich wie ich, als sich herausstellte, dass alles wieder in Ordnung kommen würde. Solche Momente sind etwas sehr persönliches, und allzu viel davon sollte auch nicht an die Öffentlichkeit gelangen.“

Was wollt ihr noch als Band erreichen?

„Wir wollen uns so gut es geht weiterentwickeln und uns selber als Musiker fordern. Und hoffentlich mögen uns immer mehr Menschen, je länger wir dabei sind, und begleiten uns auf unserer Reise. Ich bin neugierig auf die Zukunft, ob mit dieser oder einer anderen Band. Wir sind jung und haben noch einen interessanten Weg vor uns.“

Und wenn ihr nicht in der Band spielen würdet, was würdet ihr stattdessen tun?

„Wir würden beschissene Jobs haben und versuchen herauszufinden, wie man eine Fulltime-Band wird. Musik ist unser Leben, und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir, falls das mit der Band einmal vorbei sein sollte, sicherlich noch ins Musikgeschehen involviert sein werden.“