40 Jahre später: David Bowie - Heroes (LP, RCA, 1977)

Foto

David Bowie lebte von 1976 bis 1978 in West-Berlin – um dem Drogenkonsum in Los Angeles zu entkommen, wie es heißt –, zunächst bei Edgar Froese (TANGERINE DREAM) und später mit Iggy Pop in der Hauptstraße 155 in Schöneberg in einer Altbauwohnung. Im Vergleich zur Kokainhölle L.A. erschien ihm West-Berlin wie eine Insel der Glückseligen. In diesen Jahren entstand die „Berlin Trilogy“ („Low“, „Heroes“, „Stage“). RCA vermarktete „Heroes“ mit dem holprigen Slogan „There’s old wave. There’s new wave. And there’s David Bowie“. Das Album war nicht so minimalistisch wie der Vorgänger „Low“, welches durch seine düsteren von Krautrock und Ambient inspirierten Songs geprägt war (der Song „Warszawa“ vom „Low“-Album war Namenspate für WARSAW, wie sich JOY DIVISION zunächst nannten).

Im Meistersaal der Hansa Tonstudios mit Blick auf die Mauer aufgenommen, reflektierte es den Zeitgeist dieser Jahre. Der Titel „Heroes“ ist eine von Bowie bewusst gewählte Reminiszenz an die Krautrockband NEU!, ein wichtiger Einfluss für ihn (mehr noch als KRAFTWERK und TANGERINE DREAM, wie er betonte), und deren Song „Hero“ auf dem Album „Neu! ’75“ (1975). Der Titelsong, den David Bowie mit Brian Eno (ROXY MUSIC) schrieb, handelt von einer Liebesgeschichte über die Mauer hinweg. Angeblich war eine Inspiration für den Song, dass Produzent Tony Visconti, der auch im Background im Studio sang, aus dem Fenster schaute und ein sich küssendes Paar unmittelbar an der Mauer gesehen hatte.

Vermutlich ist „Heroes“ Bowies bekanntester Song, der Berlin zu dieser Zeit ein entsprechendes Image verpasste. Eine Fußnote zu „Heroes“ ist, dass Vince Clark angeblich Dave Gahan deshalb zum Sänger von DEPECHE MODE machte, weil dieser bei seiner Vorstellung bei der Band „Heroes“ im Rahmen einer Jam-Session sang. Bowie betonte rückblickend oft, dass er damals nicht solche Musik hätte machen können, wenn er nicht vollkommen im Bann der künstlerischen Spannung von Berlin gewesen wäre. Hier war Bowie selbst als Maler aktiv und porträtierte beispielsweise Iggy Pop. Kunst hatte zu dieser Zeit eine enorme Bedeutung für ihn. Er war später Redaktionsmitglied der Fachzeitschrift Modern Painters und interviewte Maler wie Jeff Koons, Tracey Emin oder Balthus. Die Parallelen zwischen der Malerei und seinem Schaffen drückte er so aus: „Ich war glücklich, der Marcel Duchamp des Rock zu sein. Er war alles für mich, weil er sagte, dass die Kunst tot sei. Diese Aussage war so mutig.“ „Heroes“ ist bis heute ein unvergleichliches Album mit einer verklausulierten Liebeserklärung an Berlin und den frühen deutschen Expressionismus.