35 Jahre später: SEPULTURA

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Beneath The Remains (LP, Roadrunner, 1989)

Nachdem die brasilianische Thrash-Metal-Band SEPULTURA mit ihren ersten Alben „Morbid Visions“ (1986) und „Schizophrenia“ (1987) nicht wirklich landen konnte, flog Sänger und Gitarrist Max Cavalera im Februar 1988 nach New York, um dort potenzielle Plattenfirmen abzuklappern. Einen Fuß in die Tür bekam er schließlich bei Roadrunner Records, die die Band unter Vertrag nahmen. Das dritte Album mit dem Titel „Beneath The Remains“ wurde im Dezember 1988 in Brasilien aufgenommen. Roadrunner schickte Scott Burns, der bis dahin nur als Tontechniker gearbeitet hatte, als Produzenten nach Rio de Janeiro. Man wählte ein bekanntes Studio, das die Band allerdings nur vom Abend bis in die frühen Morgenstunden nutzen konnte, da es tagsüber von bekannteren Künstlern belegt war. Das Ergebnis ist trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) ein mächtiger Schlag in die Fresse. SEPULTURA wussten, dass dieses Album vielleicht ihre erste und letzte Chance war, um durchzustarten, und waren dementsprechend motiviert und vorbereitet. Die neun Tracks auf dem Album klingen gewaltig und wie aus einem Guss, angefangen beim Opener und Titeltrack hin zum totalen Abräumer „Inner self“, dem weitere Thrash-Klassiker in Form von „Stronger than hate“, „Slaves of pain“ und „Primitive future“ folgen sollten. Ausfälle gibt es keine. Scott Burns startete mit diesem Album seine Karriere als Produzent und prägte mit seinem knochentrockenen Sound das Genre, vor allem im Death- und Thrash-Metal-Bereich. Unter anderem stehen ORBITUARY, CANNIBAL CORPSE und DEATH auf seiner Liste. Zum gnadenlosen Tempo und den brettharten Gitarren auf „Beneath The Remains“ gesellte sich ein extrem angepisster Max Cavalera am Mikro, dem man jede Zeile seiner kritischen, desillusionierten und düsteren Texte abnahm. Die Jungs kamen von der Straße und wussten, was in Brasilien alles schief lief. Diese Punkrock-Attitüde und Authentizität erklären aus meiner Sicht auch den großen Erfolg von SEPULTURA. Keine gekünstelten Statements, keine plumpe Show, keine Pyros, kein Bullshit. Das habe ich zu jener Zeit gespürt und offensichtlich auch ein paar andere Menschen. 600.000 Einheiten hat die Band damals weltweit verkauft, 1997 erschien eine remasterte Version mit drei Bonustracks. Diese ist cool, weil überschaubar und mit deutlich mehr Druck. Im Jahr 2020 folgten zwei weiteren Varianten, eine davon mit überflüssigen 22 (!) Bonustracks, bestehend aus Demos und Live-Aufnahmen. Der ebenfalls von Scott Burns produzierte Nachfolger „Arise“ zeigte das Quartett noch reifer, doch „Beneath The Remains“ steht als Klassiker des Genres und als Türöffner in der Geschichte von SEPULTURA aber ganz oben.