35 Jahre später: CRASS - Penis Envy (Crass, 1981)

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Die Hippies wollten in Punk von Beginn an eine neofaschistische Bewegung erkannt haben, die kurzzeitig beliebten Hakenkreuz-Accessoires waren da eher Bestätigung der These denn „shock value“. Und dann enterten CRASS die Bühnen der Welt: Die Mitglieder schwarz uniformiert, im Rücken riesige Banner, allesamt bedruckt mit einem kryptischen Logo. Einfach machten es die Briten dem Publikum nicht.

Dave King hatte das Logo für ein Pamphlet von Penny Rimbaud kreiert. Rimbaud führt in der Nähe von Epping, Grafschaft Essex, seit 1967 das offene „Dial House“. King war dort ebenso Bewohner, wie es nach und nach die ganze CRASS-Gruppe werden sollte. Eine rechte Gesinnung vertrat niemand im Dial House, CRASS grenzten sich allerdings ebenso gegen links ab und so prangte auf den Bannern das A im Kreis – was zu Kontakten mit knallharten Anarchisten führte, von denen man sich wiederum mit dem Hinzufügen des sogenannten Peace-Symbols distanzierte. Heute mögen die Bandmitglieder zugeben, dass sie sich in der Rolle als politische Ansprechpersonen nicht immer wohl gefühlt hätten, was CRASS damals jedoch zu formulieren imstande waren, erweiterte das Denkvermögen der Punk-Szene und wirkt noch heute nach. Gerade antisexistische Positionen hatte keine andere Band zuvor derart dezidiert vertreten und im Juni 1981 war es Zeit für eine radikale Manifestation dieser Haltung: Das Cover des dritten Albums „Penis Envy“ (deutsch: Penisneid, der Begriff wurde geprägt von Sigmund Freud) zierte die Abbildung der Verpackung einer Sexpuppe. Und wie bereits auf der „Reality Asylum/Shaved Women“-Single (1979) war auf dem Umschlag zu lesen:„Members of CRASS not on this recording: Steve Ignorant, lead singer“.

Während 35 Minuten entlarven Eve Libertine und Joy De Vivre Machtgefüge, beziehen sich dabei immer wieder – aber nicht nur – auf die Rolle der Frau in der Gesellschaft. Die Texte wurden geschrieben von Libertine, De Vivre, Bandgrafikerin Gee Vaucher und Schlagzeuger Rimbaud. Auch Gitarrist Phil Free hat am Text eines Stückes mitgearbeitet – „Our wedding“, das auf dem Plattencover jedoch nicht aufgeführt wurde, hatte dieser Track doch im Vorfeld bereits für Aufregung gesorgt. Der Song wurde per Flexidisc den Leserinnen des Mädchenmagazins Loving untergejubelt, begleitet von Orgel und Glockengeläut singt hier Joy De Vivre mit süßlicher Stimme über die Heirat. Wie beängstigend der Text zu „Our wedding“ auch verstanden werden kann, fiel den Verantwortlichen jedoch erst im Nachhinein auf.

Aufgrund angeblich obszöner Texte wurde „Penis Envy“ zum Gerichtsfall, den die Band schlussendlich zwar gewann, Crass Records jedoch an finanzielle Grenzen brachte. Die Platte wird immer noch im bandtypischen Ausklappcover mit DL-Code angeboten oder als CD in der geremixten „Crassical Collection“-Version.