35 Jahre später: COCK SPARRER - Shock Troops (LP, Razor, 1982)

Foto

Zehn Jahre nach ihrer Gründung und fünf Jahre nach ihrem Debüt auf Decca bewiesen COCK SPARRER mit ihrem zweiten Album, dass sich Qualität über kurz oder lang immer durchsetzt. Begonnen hatte die Band als Pub-Rock-Kapelle mit Rhythm&Blues-Einflüssen, um 1977 im Zuge der Punk-Welle mit damals geringem Erfolg vermarktet zu werden. Mit deren Abebben kristallisierte sich an mehreren Orten der Welt aber eine Bewegung von Kindern dieser Welle heraus, die sich des verlassenen Genres annahmen und Punk so interpretierten und spielten, wie es ihnen selbst passte. So wurde beispielsweise im Jahr 1979 durch die US-Tour der UK SUBS und EXPLOITED der Begriff „Hardcore“ geprägt, während 1980 Gary Bushell, ein Kolumnist des Sounds-Magazins, eine neue Gattung des Punk, die stadiontauglich sang und auftrat, und die in der arbeitenden Bevölkerung verwurzelt war, mit dem Term „Oi!“ belegte. Die Beiträge von COCK SPARRER zu Bushells Compilations „Oi! The Album“ und „Strength Thru Oi!“ weckten endlich ein breiteres Interesse an der Band, was sie 1982 dazu bewegte, das „Shock Troops“-Album aufzunehmen, das sie augenblicklich zur Speerspitze dieser neuen Bewegung machen sollte.

Gleich in „Where are they now“ beschrieben sie jene Kündigung der Punktreue und ihre eigene Naivität den leeren Versprechungen gegenüber, um zugleich zu bekennen und zu mahnen: „You know, I believed in them, don’t you believe in us“. Diese Weisheit, dieser Humor und diese entspannte Einstellung ließen COCK SPARRER auch die Auswüchse der Oi!-Bewegung Anfang der Achtziger Jahre bis zum heutigen Tag in annähernder Originalbesetzung überstehen. Wahrscheinlich wären COCK SPARRER gescheitert, hätten sie einen Plan verfolgt, anstatt nur stets das zu tun, was ihnen Spaß macht. So mag ihnen der große Erfolg verwehrt geblieben sein, doch ihr Einfluss ist dafür umso größer. Das oben beschriebene Lied ist derart stark, stärker als die Band selbst, dass es mehrere internationale Bands in ihrer eigenen Muttersprache gecovert haben, darunter die BECK’S PISTOLS als „Wo sind sie jetzt“. Das Gleiche gilt für „Take ’em all“ durch die LOKALMATADORE („Anne Wand“), das im Original zum US-amerikanischem Allgemeingut in den Stadien des Major League Soccer gehört.

Auf Razor Records hatte das Album zehn in einer treffenden Reihung präsentierte Lieder. Die Wiederveröffentlichungen wurden zunächst um die beiden Tracks der „England Belongs To Me“-Single am Ende von A- und B-Seite ergänzt, was den ursprünglich intendierten Ausklang mit „Out on an island“ über den Falkland-Krieg etwas verzerrte, bald wurde noch der „Colonel Bogey“-Marsch hinzugefügt, später Lieder des ersten Albums oder des Nachfolgers „Running Riot In ’84“.