30 Jahre später: SUICIDAL TENDENCIES - How Will I Laugh Tomorrow When I Can’t Even Smile Today (Virgin, 1988)

Foto

Neben den Bostonern GANG GREEN und D.R.I. aus San Francisco zählen SUICIDAL TENDENCIES aus Venice, einem Stadtteil von Los Angeles, zu den Aushängeschildern des Crossover Mitte und Ende der Achtziger Jahre. Der Sänger und Chef der Band, Mike „Cyco Miko“ Muir ist bis heute bei SUICIDAL TENDENCIES aktiv. 1983 brachten sie eine selbstbetitelte Debüt-LP heraus, die man im Bereich Hardcore einsortieren kann, auch wenn sie einen ziemlich eigenständigen Stil besaß. 1987 erschien mit „Join The Army“ die zweite Platte, hier stand Punkrock bereits mehr im Vordergrund. Mit dem neuen Gitarristen Rocky George kam aber ein melodischerer Einfluss in die Band, der durch seine im Heavy Metal üblichen Soli ihren weiteren Werdegang schon mal ankündigte. Mit „Possessed to skate“ ist auf diesem Album die Skater-Hymne enthalten, die selbst über dreißig Jahre danach noch durch die Halfpipes schallt.

Der neue Rhythmusgitarrist Mike Clark, der von Speed- und Thrash-Metal geprägt war, kam an Bord und sollte fortan den größten Einfluss auf das Songwriting bekommen. 1988 erschien dann auf Virgin Records „How Will I Laugh Tomorrow When I Can’t Even Smile Today“. Auf der LP sind zehn Songs vertreten, auf der CD-Version ist mit „Suicyco mania“ ein völlig aus dem Rahmen fallender weiterer Track enthalten. Auf dem Plattencover kann man den nackten Oberkörper Muirs und die charakteristischen Gang-Attribute wie sein blaues Bandana bestaunen. Bei der musikalischen Orientierung in Richtung Metal half Produzent Mark Dodson, der beispielsweise auch die eine Woche später erscheinende ANTHRAX-LP „State Of Euphoria“ produzierte.

Bei den Songs steht musikalisch die Melodie im Vordergrund – Rocky Georges Soli sind aus meiner Sicht im Heavy Metal unerreicht, egal, welche Götter da immer genannt werden. Mike Muir hat auf dieser Platte seinen Gesangsstil gefunden, den er noch einige Jahre so clean beibehalten würde. Man hört eine sanfte, coole, eigenständige und sensible Stimme, die wie die Faust aufs Auge zu den neuen Texten passte. Damit wurden die Stücke zum Soundtrack für Leute, die melancholische und depressive Momente kannten. Sie erzählen vom Alleinsein, von Orientierungslosigkeit und undefinierbaren negativen Gefühlen. Ein Augenzwinkern gab es aber ab und an, das Video zu „Trip at the brain“ zeigt es exemplarisch, im Gegensatz zum Clip zum Titeltrack, in dem es um einen Suizid geht. Für einige alte Fans von SUICIDAL TENDENCIES war es mit dieser LP vorbei, aber umso mehr neue gewannen sie hinzu und läuteten mit „How Will I Laugh Tomorrow When I Can’t Even Smile Today“ ihre kommerziell erfolgreichsten Jahre ein.