Fun-Punk war für die Nietenpunks mit Iro von jeher nur eine Kinderkrankheit, der man sich baldigst zu entledigen hatte. Ich verstand dies nie, denn vor allem jene Band aus Hannover, um die es hier gehen wird, hatte es mir früh angetan. Eine Gitarre, ein Schlagzeug und wechselnder Gesang, das war alles. Es darf somit getrost die Floskel „zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“ bemüht werden – bei der gegenwärtigen Sucht nach Gitarrensoundwänden dürfte der dauerhafte Erfolg, der den beiden Herren beschieden war, heutzutage schlicht nicht mehr möglich sein. Ihre vierte LP erschien am 16.10.1989 und verkaufte sich binnen nur vier Wochen satte 55.000 Mal, so dass es noch im gleichen Jahr dreier Nachpressungen bedurfte. Insgesamt drei Videos wurden zur Scheibe abgedreht („Das Grauen kehrt zurück“, „Du brauchst es“ und „Im Strandbad“). Die folgende Tour brachte Micro und Konrad dann innerhalb von nur 50 Tagen in 39 Städte, und Micro fühlte sich zu Recht „ausgeklinkt aus der normalen Welt“. Später hielt man ihm sogar im Berliner Nobelhotel Kempinski die Tür auf, nachdem es die Tauben in die Kinoproduktion „Kein Pardon“ geschafft hatten. Der Höhepunkt war da allerdings schon längst erreicht, denn am 4. Januar 1990 zierten die beiden bunt gefärbten Punker das Titelbild der Bravo. Ein Meilenstein und zugleich ein rotes Tuch für all jene, die es mit bissigen Parolen versucht hatten, populär zu werden. Nur Fun-Punks wie Campino (ex-ZK), DIE ÄRZTE (auch Titel) oder DIE GOLDENEN ZITRONEN (schon 1987 im Heft) wurden erwählt. Wie war dieser „Witz, der Karriere machte“, wie es ein Insider in einer Doku so treffend formulierte, möglich? Da kamen in erster Linie drei Elemente zusammen; die starke Originalität der Texte, gute Promo durch ein Majorlabel und nicht zuletzt der enorme Leistungsnachweis auf dieser 1989er Tour. Das kleine Postfach in Hannover reichte anschließend nicht mehr aus und man stellte ihnen nun des Öfteren einen gefüllten Wäschekorb daneben. Und ich naiver Anhänger wunderte mich, warum diese Brieftauben so arrogant geworden waren und mir nicht endlich antworteten ... Die LP stieg übrigens seinerzeit auf Platz 39 der Albumcharts ein, was wirklich ein dickes Ausrufezeichen darstellte, der Song „Betzy Fraitag“ lief sogar im Radio der DDR. Die Scheibe vermag auch heute noch Frische auszustrahlen. Albern sein, ohne peinlich zu werden, hart arbeiten und dies locker aussehen lassen, das hatten sie einfach drauf, und die Prognose von „einem halben Jahr“, das diese Combo allerhöchstens existieren würde, war schnell zu Schall und Rauch geworden. Brieftauben kommen eben immer wieder zurück.