25 Jahre später: TURBONEGRO

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Apocalypse Dudes (LP/CD, Virgin, 1998)

Um die Begeisterung, die „Apocalypse Dudes“ selbst 2023 noch in mir hervorruft, in Worte zu fassen, muss ich ein bisschen ausholen. Okay, „Are you ready for some darkness?“. Die Neunziger Jahre des 20. Jahrhundert neigen sich langsam dem Ende zu, ebenso meine Adoleszenz, obwohl deren Mindesthaltbarkeitsdatum laut Personalausweis schon längst abgelaufen ist. Diese Tatsache hindert mich trotzdem nicht daran, mit weit über 29 immer noch um die Häuser zu ziehen wie ein wildgewordenes Zirkuspferd mit Wasserstoffantrieb. Punkrock hält halt auf Zack. Skandinavienrock und Punk’n’Roll sind gerade ein Ding, weil es DJs, die „unsere“ Musik auflegen, aber noch nicht an jeder Ecke gibt, dehnt sich der Ausgehradius unserer Gang vom Ruhrpott bis ins Rheinland aus. Auf der Suche nach Amüsement landen wir schließlich eines Nachts im Tor 3 in Düsseldorf. Auf einmal ist da dieser Song. Kenn ich gar nicht, langgezogene Gitarre, 1-2-3-4, Schlagzeug setzt ein, es schreddert und dann ... „Gimme Deathpunk, baby!“ Sekunden später bin ich Feuer und Flamme, hüpfe wie von der Tarantel gestochen auf den Dancefloor und tanze, bis mir das Herz bis in die Ohren pocht. Da passt alles. Das ist Punk, das ist Rotzigkeit, das ist Glam, das ist Rock, das sind die DICTATORS, T. REX, KISS, aber alle zusammen. Das ist verdammt noch mal der größte Hit, den ich jemals gehört habe – okay, okay, ich übertreibe, aber nur ein bisschen. Ganz aufgeregt flitze ich zum DJ und will wissen, was das ist. „Get it on“. Ist auf der Neuen von TURBONEGRO. Ah! Okay! Kenn ich, gehören aber zu der Zeit nicht zu meinen Favoriten. Egal, so schnell es geht besorge ich mir das neue Album, das mir selbst 25 Jahre später mit dem Intro von „The age of Pamparius“ immer noch Gänsehaut beschert. „And so, from the ashes of this golden age of confusion, the denim recruits came to be known as the Apocalypse Dudes“. Keyboard, Sternschnuppenregen, Gitarrenbreitseite, Woah-woah-woah und ab geht der wilde Ritt durch die Musikgeschichte. Wer TURBONEGRO jetzt dreisten Diebstahl vorwirft, der hat vielleicht recht, aber auch keine Ahnung. „Apocalypse Dudes“ ist ein Meisterwerk, von vorne bis hinten, perfekt produziert, ohne jedoch an Dreck und Druck zu verlieren, bombastisch, aber trotzdem Punk as fuck. Dazu diese Band, die alle Rockstar-Klischees bedient und gleichzeitig über den Haufen wirft, die mit Homosexualität kokettiert, allen voran der wahnwitzige Zeremonienmeister Hank von Helvete, der geschminkt wie ein besoffener Alice Cooper im Hermelinumhang auf die Bühne kommt und sich am Ende gerne eine Rakete in den Hintern schiebt. Brennend. Natürlich. Leider hatten sie kurz darauf ihren Zenit überschritten und lösten sich 1998 (2002 vereinigten sich sich wieder) auf. An der Genialität dieser Platte ändert das nichts.