20 Jahre später: REFUSED - Songs To Fan The Flames Of Discontent (Victory, 1996)

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Was uns REFUSED 1996 mit „Songs To Fan The Flames Of Discontent“ zwischen INTEGRITY, MADBALL, vor dem SNAPCASE Sound/Hype und vor allem vor „The Shape Of Punk To Come“ vorlegten, ist bis heute ein verdammt lauter Aufschrei gegen das System in Form von 12 Songs in 30 Minuten, die alles abreißen, was es bis dato in diesem Bereich gab, mit Songs voller technischer Raffinessen. Ein tanzbares, nachdenkliches, erstaunliches, melodisches, geradliniges, schräges, tiefes, experimentelles und ehrliches Album, weit über den üblichen textlichen und musikalischen Tellerrand hinausblickend.

Auf der einen Seite regt sich die Community darüber auf, dass dieses Album unterbewertet ist und nicht die Aufmerksamkeit bekam, welche es verdient hat. Auf der anderen Seite will die Community lieber im Untergrund schuftende Helden. Egal wie man es am Ende dreht: Dieses Album ist so viel mehr, als alles, was REFUSED davor und danach veröffentlichten, ein unglaublich kompaktes, erwachsenes und vor allem raues Werk des Hardcore-Punk. Man nehme nur allein dieses gottverdammte Intro, bis dich „Rather be dead“ endlich abholt und man jede Zeile mit Lyxen mitschreit. „Coup d’etat“ mit seinem unglaublichen rockigen Drive. „Hook line and sinker“ mit einem unglaublichen Riff, welches SNAPCASE als Blaupause für ihre Karriere hätten nutzen können. Oder der Rausschmeißer „The slayer“, der einem förmlich alle Gliedmaßen ausreißt und einen dann mit Wut und Härte in alle Himmelsrichtungen verteilt.

Lyxen, damals Mitte 20, war gegen alles und zwar sehr. Regierung war für ihn organisiertes Verbrechen und er wollte das Feuerzeug am politischen Molli sein. Er wollte Veränderung und Revolution und die Zerschlagung der Regierung. Dieses Album war deutlicher Ausdruck dieses Wunsches und das ließ sich nicht nur zwischen den Zeilen herauslesen. Mehr als nur Hardcore-Punk in neuem Gewand war es ein Aufschrei, in einer Zeit, in welcher der „neue“ Hardcore überwiegend glatt und straight war.

Produktionstechnisch war das Ganze ebenfalls eine runde Sache: Nicht perfekt oder gar überfett, nein, einfach stimmig und passend, und für eine Hardcore-Punk-Platte durchaus voller Tiefen und Stimmungsebenen, abseits vom damals typischen Sound. Manche mögen sagen, dass dieses Album nur den Grundstein dafür legten, was REFUSED später mit „The Shape Of Punk To Come“ vollendeten. Ich meine: Ein wegweisender Meilenstein des 90er Hardcore und die größte Errungenschaft der Band, bevor sie weiterzog, um schließlich ein Konsenswerk abzuliefern, Hits zu schreiben und am Ende missverstanden zu werden beziehungsweise einfach nur sehr unglücklich zu agieren.