Die Anfang der Neunziger gegründete Ska-Punk-Band CITIZEN FISH setzte sich aus Mitgliedern von CULTURE SHOCK und SUBHUMANS zusammen – beides frühere Bands von Sänger Dick Lucas. Um es genauer aufzudröseln: Bei „Life Size“ besteht die Besetzung aus Dick (Gesang), Jasper (Bass, vorher CULTURE SHOCK), Trotsky (Schlagzeug, vorher SUBHUMANS) und Phil (Gitarre, vorher SUBHUMANS). Mittlerweile teilen sich beide Bands nicht nur die Musiker, sondern auch sämtliche Social-Media-Kanäle, inklusive Homepage. Auf „Life Size“ bleiben sich CITIZEN FISH thematisch und musikalisch treu: Abgerechnet wird nicht nur mit dem Kapitalismus und der konsumorientierten Gesellschaft, sondern auch mit der Punk-Kultur selbst. Viele Bands seien nur ein Rädchen innerhalb der Musikindustrie, beugten sich dem Willen der Labels oder setzten Punk nur noch modisch um. Das kritisiert Dick in dem textlich vielleicht stärksten Song „Autographs“. Abgenutzte Punk-Slogans wie „Fuck the system“ werden messerscharf auseinandergenommen. CITIZEN FISH selbst bleiben „true“ und „real“ und halten auch heute noch die DIY-Fahne hoch. Von Starallüren halten sie nichts. Vielmehr stand immer im Vordergrund, die Mitmenschen und besonders die Jugend zum Nachdenken anzustiften und eine Revolution anzuzetteln. Denn die ist laut den Lyrics zu „Revolution“ bisher ausgeblieben. Wie es um echte Veränderungen in der Gesellschaft steht, was Subkulturen dabei leisten und was nicht, brüllt Dick genauso rauh wie intelligent ins Mikro. Die politische Aussagekraft verliert sich aber nicht in langweiligen Schrei-Songs, sondern trägt sich wie von selbst durch Tracks, die zum Mitsingen einladen. Das liegt nicht zuletzt an den Ska-Tupfern, die zwar noch deutlich sparsamer auftreten als zehn Jahre später auf „Goods“, die die wütenden Texte aber gekonnt auflockern und zum Tanzen animieren. Gerade diese Mischung aus Spaß und Politik ist es, die CITIZEN FISH immer schon ausmachten und auch CULTURE SHOCK prägten. Die vier Jungs aus Bath werden nie langweilig, vielleicht auch, weil sie nicht vor mitreißenden Riffs und gelegentlichen Gitarrensoli zurückschrecken. Bei aller Eingängigkeit kommen Frustration und Entrüstung aber nie zu kurz. So zum Beispiel bei „Choice of viewing“ – wow, was für eine Durchschlagskraft. Auch wenn einem Zeilen wie „When the media form your opinion you forget what real life’s about“ in Zeiten von Coronaleugner:innen und Lügenpresse-Advokat:innen sauer aufstoßen. Das Label Honest Don’s ist heute übrigens längst vergessen – es war ein recht kurzlebiges Sublabel von Fat Wreck Chords und wurde 2003 eingestellt.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #159 Dezember 2021 /Januar 2022 2021 und Julia Segantini