15 Jahre später: JIMMY EAT WORLD - Bleed American (Dreamworks, 2001)

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„If you still care at all, don’t go, tell me now / If you love me at all, don’t call“. Es ist, als könne man Jim Adkins’ Herz ein weiteres Mal brechen hören, wenn „Your house“ läuft. JIMMY EAT WORLD haben Emo gemacht, als das Genre noch wenig mit bunt gefärbten Haarsträhnen auf den Köpfen trauriger Teenager zu tun hatte, als die Bands hinter der Musik schlicht aussahen wie der Typ, der im US-College-Wohnheim im Zimmer nebenan wohnt. Der Schmerz war nicht minder groß als bei den später folgenden Kollegen, die Emo einen Dresscode verpassten, die anfingen, daraus Screamo zu machen, herumzuschreien und Schwarz zu tragen.

JIMMY EAT WORLD waren nicht die ersten Vertreter von Emo-Rock, „Bleed American“ auch nicht ihr Debüt (es war bereits ihr viertes Album), aber es ragt heraus und der Grund ist recht einfach. Das Album enthält ausschließlich Hits. Vom traurigen „Your house“ über das wütende „Bleed American“, das fast optimistisch fröhliche „The middle“ und den melancholischen Hochzeitswalzer „Hear you me“, bis zu dem am Wahnsinn kratzenden „Get it faster“, ein Song, der so leise anfängt. Und wenn man fast schon vergessen hat, dass da Musik läuft, verpasst er einem fast einen Herzinfarkt. Das alles sind zeitlose, große Hits. Ohrwürmer, eingängig, laut und ausgezeichnet produziert.

Mag sein, dass der Vorgänger „Clarity“ auch schon die eine oder andere Perle beinhaltete, „Lucky Denver Mint“ beispielsweise wies schon in die richtige Richtung. Großartig wurden JIMMY EAT WORLD aber erst mit „Bleed American“ und so gut wie auf diesem Album waren sie danach leider nie wieder. Der leicht poppige Einschlag, der der Band schon bei „Bleed American“ dazu verhalf, einen Song im Abspann der amerikanischen TV-Serie „Malcom mittendrin“ zu platzieren, wurde später zu dominant; die Wut, die das Album so auszeichnet, diese Wut, die auch ohne zu brüllen funktioniert, kam Jim Adkins irgendwie abhanden.

„Bleed American“ ist ein Album, das man wirklich immer und immer wieder hören kann. Ein Album, das bei jedem Mal einen anderen Lieblingssong hervorbringt, auf dem Zeilen zu finden sind, die einfach niemals alt werden, schlicht, einfach, stark: „All I need is just to hear a song I know“ oder „I’m not alone ’cause the TV’s on, yeah / I’m not crazy ’cause I take the right pills everyday“. Dass das Album bereits 15 Jahre alt sein soll, ist kaum zu fassen.