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CHATS

Get Fucked

Ein (gefeierter) Act des Ruhrpott Rodeo 2022 waren THE CHATS von der australischen Sunshine Coast. In Down Under ist das 2016 gegründete Trio (die Jungs waren damals gerade mal 17) längst riesig, in Europa hat es immer noch Geheimtipp-Status, wurde aber für 2023 für Rock am Ring/im Park gebucht. Perlen vor die Säue, leider, eine etwas größere Clubtour wäre erquicklicher für all jene, die wirklich Bock auf die Band haben. Mit „Smoko“ und dem viral gegangen Video ging es 2017 richtig ab für Eamon Sandwith (voc, bs) und Matt Boggis (dr) sowie Josh Price (gt) – letzterer stieg 2020 aus, für ihn kam Josh Hardy. Auf dem bandeigenen Label kam nach zig (digitalen) Singles 2021 auch endlich das Debütalbum „High Risk Behaviour“, das in Australien erwartungsgemäß als „Best Independent Punk Album“ ausgezeichnet wurde. Wobei die Band ihre Musik ja als „shed rock“ („Schuppenrock“ – also Schuppen wie Hütte, nicht wie weißes Geriesel vom Kopf) bezeichnet, aber egal. Das Spannende und Aufregende an THE CHATS (und auch AMYL & THE SNIFFERS und GRINDHOUSE oder C.O.F.F.I.N) ist aber die Tatsache, dass in einer Zeit, in der überall Spotify-optimierter Scheißdreckspop zu dominieren scheint, eine junge Band wie THE CHATS überhaupt existieren und florieren kann, die letztlich absolut reduzierte (Punk-)Rockmusik spielt und damit auch 2022 einen Nerv trifft. Hau weg den AutoTune-Rap-Dreck und den Plastik-R&B und den Schmusepop! THE CHATS sind – auch wenn sie musikalisch nicht in deren Fußstapfen treten – die Zwanziger-Jahre-Erben von AC/DC, fegen den Millionärs-Pop-Punk von GREEN DAY in die Mülltonne der Geschichte und verneigen sich tief – Ehre, wem Ehre gebührt – vor den COSMIC PSYCHOS, die diesen radikal reduzierten Aussie-Punk-Style vor vier Jahrzehnten erfanden. Live waren THE CHATS, die auf die Haupt- und nicht nur die Nebenbühne des Rodeo gehört hätten, eine Offenbarung. Und „Get Fucked“ ist es auch. Bleibt zu hoffen, dass THE CHATS nicht zum Opfer schlechter Berater werden, die ihnen irgendeine dumme Weiterentwicklung einreden, denn die 13 Songs hier (14 inklusive des „versteckten“ Bonustracks „Jet lighter“) sind in ihrer direkten, knappen, knackigen Art einfach perfekt. So wie es die RAMONES in ihren ersten Jahren waren.