TIPS

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Alles auf Anfang

Der personifizierte Genrebastard aus Punk, Rock, Reggae und Soul aus Düsseldorf hat die undankbarste Situation hinter sich, in der sich eine Band befinden kann: Der alte Frontmann ist weg, ein neuer steht auf der Bühne und muss sich beweisen. THE TIPS insgesamt müssen beweisen, dass sie noch nicht am Ende sind. Und das tun sie auch. Mit der EP „Come Closer“, die in neuer Besetzung entstanden und ein Statement gegen das Ende ist. Der Neue an Mikrofon und Gitarre, Stefan Imfeld, erklärt anlässlich der Veröffentlichung sich, die Vergangenheit und die Zukunft.

Stefan, du bist neuer Frontmann von THE TIPS und hast deinen Vorgänger Ali abgelöst. Nun sind Frontmannwechsel ja stets eine heikle Sache ...


Ja, aber es hatte sich bei Ali ja abgezeichnet, dass es aus gesundheitlichen Gründen bei ihm irgendwann vielleicht nicht mehr weitergehen könnte. Er hatte sehr häufig diese Magenprobleme. Ich wiederum kannte THE TIPS ein wenig, weil ich mit einer meiner alten Bands schon einmal vor ihnen aufgetreten war. Und vor ihrer geplanten Englandtour im vergangenen Jahr wurde ich plötzlich von ihnen gefragt, ob ich mir vorstellen könne, als Backup-Gitarrist mitzukommen. Ali war ja Sänger und Gitarrist. Und das hätte ihn vielleicht etwas entlastet. So war jedenfalls die Hoffnung. Aber dann wurde es bei Ali in der Nacht, ehe es losging, derart akut, dass er nicht mitkommen konnte – und wurde ich von den anderen gefragt, ob ich mir eventuell auch vorstellen könnte, den Gesang zu übernehmen. Auch das zunächst nur vorübergehend, denn alle dachten, dass Ali zurückkommen würde. Ich willigte ein, erbat mir aber ein wenig Zeit zur Vorbereitung. Wir sagten die Tour also ab. Ich verschanzte mich fünf Tage lang in einem Haus in der Eifel und lernte die Texte. Und dann – stand mein erstes Konzert mit THE TIPS an.

Ein kleiner Kulturschock?

Es war zumindest verrückt. Keiner wusste genau, was passiert. Vor mir standen 15, 20 Hardcore-Fans, die – wie ich schnell merkte – die Texte besser drauf hatten als ich. Aber: Ich bat sie einfach, mir zu helfen, wenn es mal haken sollte. Und sofort war das eine tolle Gemeinschaft. Es klappte. Kurz darauf stand dann fest, dass Ali nicht mehr zurückkommen würde – und ich war drin.

Was unterscheidet dich von Ali?

Da gibt es mehrere Unterschiede. Mir sagen beispielsweise die härteren, rockigen Nummern der Band mehr zu. Stücke wie „Parade“. Die wurden meines Wissens nach bislang nie live gespielt. Ich singe sie aber sehr gerne, weil ich da meinen Duktus einfließen lassen kann. Ich bin live eben ein wenig extrovertierter als Ali – eine größere Rampensau eben. Ich brülle auch mal gerne los und bin stimmlich brutaler. Entsprechend schreibe ich Songs auch eher auf ihre Livetauglichkeit hin. Bei Ali war das, so ist mein Gefühl, anders gewesen: Er hat eher Wohlklingendes für die Couch geschrieben. Und: Nicht zuletzt habe ich das Gefühl, wir stehen in der neuen Besetzung mehr als Kumpels auf der Bühne und im Studio. Ali stand früher, das war jedenfalls mein Eindruck, eher für sich. Auch ein Großteil der Songs kam von ihm. Als wir uns an die neue EP setzten, waren wir dagegen sofort alle gleich stark involviert.

Anstatt eines Albums habt ihr nun „nur“ eine EP herausgebracht. Lautete das Motto: „Wir müssen schleunigst ein Statement abgeben, dass es uns noch gibt“?

Genau das. Wir wollten schnell eine klare Linie zeigen. Zeigen, dass wir souverän weitermachen können. Und ich persönlich wollte mich natürlich präsentieren. Gerade in der Anfangszeit gab es nämlich Situationen, in denen mich Leute, auch Veranstalter, vor Konzerten fragten, wer ich denn sei. Das ging mir schon auf den Zeiger. Genau wie die Kommentare von einigen Menschen, die – das bleibt ja nicht aus – eine persönliche Beziehung zu Ali hatten und in mir einen Sündenbock sahen.

Die EP heißt „Come Closer“. Kommt näher. Rückt zusammen. Das könnte auf die Band bezogen sein – und auf die Gesellschaft draußen, in der mehr Gemeinschaft wünschenswert wäre. Was davon trifft zu?

Beides. Wobei noch die Live-Situation hinzukommt: Dass alle, Fans und Band, zusammenstehen und gegenüber der Musikpolizei, die immer in der letzten Reihe rumhängt und nur am motzen und „Früher war alles besser“ schreien ist, klare Kante zeigt.