Erinnert sich noch jemand an die ASEXUALS? Die Band aus dem kanadischen Montreal wurde 1983 gegründet und erfreute sich Anfang/Mitte der 90er gerade auch in Europa großer Beliebtheit mit ihrem bissig-melodiösen Pop-Punk. Nach einer letzten Platte 1997 war‘s dann aber aus und vorbei mit den ASEXUALS, von denen 2001 dann noch eine schöne Zusammenstellung namens „Greater Than Later“ auf Boss Tuneage erschien. Aber, wie man so schön sagt, niemand geht so ganz für immer, und so meldete sich Gitarrist und Songwriter Sean Friesen 2002 mit einer neuen Band zurück – LA MOTTA aus dem sonnigen Kalifornien.
Sehen wir doch zu Beginn einfach mal eure knappe wie stimmige Bandbiographie durch:
„I. SOUNDS LIKE: REPLACEMENTS being assaulted by CHEAP TRICK being molested by the RAMONES being sodomized by THE PIXIES being asphixiated by TEENAGE FANCLUB being brutalized by your already bleeding eardrums.“
„Tja, so klingen wir wirklich, was soll ich sagen? Kommt im März zu unseren Konzerten und hört es euch selbst an, dann wisst ihr, was ich meine.“
„II. HISTORY: Started in the late ‚90s after the ASEXUALS broke up. As of right now (8/2/03), we still exist. (Alfred plays in The NILS, but not the famous NILS).“
„As of January 4th 2004 6:33 pm we still exist!“
„III. MEMBERS: Sean Friesen: guitar/vocals, Alfred Mueller: bass, Waleed Rashidi: drums, plus special guests.“
„Alfred ist in der Band, seit ich damals in einem Anzeigenblättchen nach einem Mitmusiker mit Begeisterung für PIXIES und T.REX suchte. Er stand dann bei mir vor der Wohnung, und das ist die ganze Geschichte – der erste Bassist ist vorher einfach verschwunden, außer einem leeren Koffer hat er nichts zurückgelassen. Waleed stieß nach einem Auftritt in einem Plattenladen zur Band – da hatte er im Hinterzimmer sein Büro, in dem er das grandiose ‚Meanstreet Magazine‘ zusammenbastelte.“
„IV. RELEASES: ‚La Motta‘ full-length disc on Boss Tuneage (2002); ‚Love California‘ EP CD/7“ on Boss Tuneage too (2003). More to come, we totally hope!“
„Später in diesem Jahr kommt unser neues Album, wahrscheinlich nur auf LP, mit dem schönen Titel ‚Kings of the Spaceage‘. Keine CD, die werden sowieso den Weg des Dodo-Vogels gehen – der ist ausgestorben. Ich meine, ich bin nicht so blöd zu glauben, dass LPs jemanden davon abhalten, CDs zu brennen, und ich bin auch kein Vinylpurist. Es ist nur so, dass CDs einfach wertlos geworden sind, die bekommt man überall hinterher geworfen und jede Hillbilly-Band hat eine. Da ist eine LP doch noch was richtig Schönes.“
„V. VAN: 1976 Dodge Tradesman 200 (customization courtesy of the House of Stewart). Purchase price: $0.00.“
„Ich würde dir ja gerne ein Foto des Vans mailen, aber ich habe keines. Stell dir einfach einen schwarzen, Zuhälter-mäßig aufgemotzen Scooby Doo-Van mit roten Teppichen und schwarzem Leder vor, und überall Spiegel. Ziemlich Porno und Koks, die Karre, aber man kann damit sehr stylish riden. Keine Ahnung, wo Alfred die aufgetrieben hat, doch ich fürchte, wir haben nie was dafür bezahlt ...“
VI. UNKNOWN FACTS THAT YOU NOW WILL KNOW: Sean: never bitten by a rattlesnake despite running through their habitat for over a year! Alfred: returned from the other side after flatlining for a couple minutes from partying like a rockstar! Wal: never paid for a french fry throughout his entire high school career!“
„Kein Kommentar.“
Danke, schöne Bio, hatte ich ja bereits erwähnt.
„Danke, danke – wir wollten einfach eine nicht ganz so ernste, denn jeder weiß doch, dass solche Bandbios direkt in die Mülleimer wandern. Die Grundidee stammt übrigens von einer unserer Mütter.“
In einem älteren Info stand was, dass Joey Santiago von den PIXIES als Gastgitarrist mitgespielt hat.
„Hat er! Ich finde es schön, immer wieder verschiedene Gastgitarristen zu haben, denn grundsätzlich ist mir die Triobesetzung lieber, denn das macht vieles einfacher: Du bist nicht so schnell verstimmt, es schleichen sich nicht so schnell mittelmäßige Lieder ins Programm. Und mir ist pro Platte ein fester Gast auch lieber, als ständig neue Leute im Studio, das ist so verkrampft. Außerdem gilt: Weniger ist mehr.“
Die ASEXUALS waren Kanada, LA MOTTA sind Kalifornien.
„Ja, die Zeit der ASEXUALS war einfach abgelaufen, und so beschloss ich, die Szenerie zu wechseln. Ich wollte immer schon mal an der Westcoast leben, also ließ ich Montreal hinter mir und ging nach Hollywood. Die Szene in Kanada schränkte mich ein, und ich hatte keine Lust mehr auf das miese Wetter. Komischerweise ist ‚canuckland‘ jetzt plötzlich voll von neuen Bands, also habe ich mich wohl doch etwas getäuscht, was eigentlich schön ist. Aber trotzdem ist es in Los Angeles viel einfacher, mit anderen Kreativen in Kontakt zu kommen. Die Stadt ist trotz der ganzen egomanischen Typen, aus denen die schreckliche Medienindustrie sich zusammensetzt, immer noch voller cooler Hipster-Typen.“
Das neue Album kommt also bald, ja? Wird ja auch Zeit.
„Ich weiß ... Ich habe den Kopf die ganze Zeit voller Melodien, aber wenn sie nicht so richtig hängen bleiben, dann haben sie keine Chance auf einen Platz in meinem bereits vollgestopften Süßwarenladen. Ich bin echt stolz auf das erste Album, aber ich habe darauf geachtet, nicht all mein Pulver zu verschießen, so dass das Zweite sogar noch etwas besser geworden ist – it will kick fucking ass! ‚Kings Of The Spaceage‘ will be a Must Have in 2004!“
Auf eurer Website sowie auf der EP, die im Herbst kam, gibt‘s als Bonus das wirklich schöne Video zu „Love California“– wer hat das denn gedreht?
„Dave Murphy von Quest Pictures hat sich dafür so richtig ins Zeug gelegt. Wir fuhren alle nach Südkalifornien, um an richtig schönen Locations zu drehen, und das hat sich gelohnt, wie ich finde. Dank auch noch an Steve Carnan für die coole Karre.“
In einer besseren Welt wäre der Song ja ein Radiohit.
„Oh, danke, aber du weißt ja, wie das ist: Die Typen im Musicbiz haben einfach nicht den Hauch einer Vision, die sind wie blinde Fledermäuse auf der dunklen Seite des Pluto. Die sind zufrieden, wenn sie Scheiße signen dürfen, und ansonsten beschäftigen sie sich mit dem Polieren von Kothäufchen. FUCK ‘EM! Und deshalb: Downloadet, was das Zeug hält, bis die sich alle heulend und jaulend im Dreck winden, und wir von Grund auf neu beginnen können.“
Warum LA MOTTA? Wusstest du, dass das in Südeuropa eine sehr bekannte Eiscreme-Marke ist?
„Nein, das wusste ich nicht, aber das klingt nach einer sehr guten T-Shirt-Idee! Bei LA MOTTA denkt man in den USA aber zuerst an den Boxer Jake La Motta, den Robert DeNiro in ‚Raging Bull‘ gespielt hat, und außerdem ist es Mexikaner-Slang für ‚Marihuana‘.“
Mit den ASEXUALS warst du ja recht erfolgreich, mit LA MOTTA musstest du wieder von vorne anfangen. Vermisst man da auch mal die alten Tage?
„Äh, frag‘ mich das in ein paar Jahren noch mal. Die Jury berät derzeit noch ... Aber es wäre schön, wenn es mit LA MOTTA noch mal klappen würde.“
Im März seid ihr in Europa auf Tour – wie sind deine Erinnerungen?
„An Europa habe ich eigentlich gute Erinnerungen, nur dass auf der zweiten ASEXUALS-Tour alles schief ging: Der Teufel folgte uns auf den Fersen ... Unter anderem gingen wir unseres Bassisten verlustig, wegen einer Armverletzung, weshalb wir unseren alten Basser Cheetah aus seinem wohlverdienten Rentnerdasein in Spanien aufschrecken mussten, und dann schmolz der Motor unserer Tourvans irgendwo in der Wüste dahin. Da hatte ich die Schnauze voll und setzte mich nach Portugal ab.“
Sean, danke fürs Interview.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #54 März/April/Mai 2004 und Joachim Hiller
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