KAMIKAZE QUEENS

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Berlin Punk Cabaret

Zu behaupten, der optische Eindruck spielte bei Konzerten der Berliner KAMIKAZE QUEENS keine Rolle, wäre gelogen, sind es doch die beiden Sängerinnen und Tänzerinnen Kate und Trinity, die sich mit ihrer exquisiten Show nachhaltig in Erinnerung bringen. Doch die Bühnen- und manchmal auch Thekenshow der spärlich bekleideten Damen ist das eine, die vorzügliche Musik der Instrumentalsektion um Tex Morton das andere, wird auf dem neuen Album „Automatic Life“ doch ein höchst abwechslungsreicher Mix aus Punkrock, Psychobilly (im ursprünglichen CRAMPS-Sinne) und Rock’n’Roll geboten. Wir spielten der Band ein paar Bälle zu, die spielte zurück.

Stellt euch vor, eure Band wäre der Hauptdarsteller eines Films und der Drehbuchautor hätte zu jedem/jeder von euch eine kurze Charakterisierung geschrieben – wie würde die jeweils lauten?

Tex: Elvis Pummel.

Lloyd: Dog that saves the day.

Kate: Siamese twin stunt girl.

Trinity: Alien brain eater.

Nico: Latin lover.

Wie wäre die Handlung von „The Kamikaze Queens“?

Tex: Ein Zombie-Tankwart verliebt sich in ein Schwein.

Trinity: Eine gigantische, außerirdische Frau fällt aus dem Weltraum und hat ein Gehirn-Festmahl mit siamesischen Stuntgirl-Zwillingen und Elvis Pummel. Die Zwillinge verführen den Latin Lover, und kurz bevor sie sein Gehirn essen, fliegt ein Wunderhund durch das Fenster und rettet den Tag. Und deshalb ist die Welt so, wie wir sie kennen.

Und was ist auf dem Soundtrack zu hören?

Tex: NEW YORK DOLLS „Lookin’ for a kiss“, Cab Calloway „Minnie the moocher“.

Trinity: THE MISFITS „Hybrid moments“, THE BRIEFS „Rotten love“, Wanda Jackson „Fujiayama mama“.

Lloyd: AC/DC „Hell ain’t a bad place to be“, Elvis Pummel „Love of my life“.

Kate: X-RAY SPEX „Oh bondage up yours“!

Nico: Gene Krupa „Drum boogie“.

„Burlesque Punk Cabaret“ – wie würde der Wikipedia-Eintrag dazu lauten?

Trinity: Ich weiß nicht – frag die Person, die uns so bezeichnet hat. Wir sind das „Berlin Punk Cabaret“, inspiriert durch die Geschichte und durch unseren eigentlichen Wohnsitz in der Hauptstadt. In unserer Show sind burleske Bestandteile enthalten, aber darauf liegt nicht das Hauptaugenmerk. Das Punk-Kabarett ist eine Mischung aus musikalischen Einflüssen und den sozialen Hintergründen, die jeder von uns hat. Ich mag alles von Hot-Jazz über Soul und R&B der Fünfziger/Sechziger bis Garage und Punkrock. Schütte das alles in einen Mixer, mische alles durch und du erhältst KAMIKAZE QUEENS.

„Burlesque“ betreibt ihr ja schon lange, zumindest habt ihr das schon gemacht, bevor das zu so einer Art Mode wurde. Was ist für euch der Reiz daran?

Kate: Bei Burlesque geht es darum, mit allerlei Sticheleien, Humor und Ironie die Fantasie der Leute anzuregen und zu provozieren. Für mich als Aktivistin der Performance-Kunst bedeutet Burlesque eine Möglichkeit, mit weiblichen Geschlechts- und Sexualitätskonzepten gleichzeitig zu spielen und sie umzudrehen.

Lass mich eine bewusst polemische Aussage machen und kommentiere die bitte: „KAMIKAZE QUEENS? Ich habe nie verstanden, was das soll, wenn da ein paar Tussen halbnackt auf der Bühne tanzen und davor geifernde Typen rumhüpfen, die denen auf die Titten starren. Die Musik ist doch da völlig zweitrangig.“ Solche saublöden Sätze habe ich schon gehört, ich würde da gerne eine direkte Antwort dazu haben.

Lloyd: Wer das gesagt, soll seinen Schwanz aus der Hand nehmen und der Musik zuhören ... got me?

Kate: Rock’n’Roll hat mit Sex-Appeal zu tun. Kennt ihr noch das Cover von „Sticky Fingers“ von den Stones?

Trinity: Fuck off! Es geht erst einmal um die Musik, dann um die Show. Niemand macht, was wir machen. Man vergleicht uns gern mit anderen Bands, die vielleicht ähnlich aussehen, aber überleg mal – es gibt keine andere Band auf dieser Erde wie uns und das ist das Besondere.

Nico: Das ist die typische Attitüde von Leuten, die immer was Negatives suchen, um sich besser zu fühlen. Konzentriere dich auf die Musik, Idiot.

Mit „Automatic Life“ ist eben euer neues Album erschienen. Ist euer Leben wirklich so fremdgesteuert und „automatisch“?

Trinity: Der Text lautet doch: „You got an automatic life“, nicht: „I got an automatic life“. Das war inspiriert von einem Automatenrestaurant an der holländischen Grenze und hat sich durch meinen Einblick in die amerikanische Kultur weiter entwickelt. Dort ist das Leben so durchorganisiert: Schule, College, einen Traumjob in der Businesswelt, heiraten, Haus, 2,5 Autos und 1,5 Kinder. Das hat für mich nie einen Sinn ergeben. Unser Leben spiegelt genau das Gegenteil wider. Wir überleben die abgefuckte moderne Welt mithilfe unserer Kreativität und kommen damit gut durch.

Ihr seid viel unterwegs, tourt eigentlich den ganzen Herbst durch Europa. Wie sieht für euch das Verhältnis zwischen Platte einerseits und Live-Auftritt andererseits aus, wo doch sehr viel vom optischen Eindruck abhängt?

Trinity: Natürlich ist ein Live-Auftritt etwas ganz anderes als Studioaufnahmen, aber ich denke, die neue Platte kommt da nah dran. Wenn man uns kennt, kann man das hören und sich gut vorstellen, was bei einer Show von uns abgeht. Wenn nicht, hat man Pech – dann sollte man auf alle Fälle die nächste Chance wahrnehmen, um uns live zu sehen, und dann die Platte kaufen. Oder andersherum.