Der Begriff Kahuna entstammt dem Hawaiischen und ist eine allgemeine Bezeichnung für einen Magier, der Traditionen pflegt und ein Meister seines Faches ist. Sind die KAHUNA SURFERS aus Klippan im Süden Schwedens nun begnadete Wellenreiter oder setzen sie einfach nur die Tradition großartiger schwedischer Surf-Pop-Punk-Bands fort? Das wollten wir von Bassist Johnny Weekend, Keyboarderin Cinchilla Vanilla und den beiden Gitarristen Nick Nail und Andy Corona wissen. Drummer Kennie Break fehlte beim Interview leider krankheitsbedingt. Anfang November erschien das Debütalbum „Kahuna Wave“.
Ich möchte euch nicht zu nahe treten, aber ihr seid alle keine 25 mehr. Wie kommt man im fortgeschrittenen Alter dazu, noch eine Band zu gründen?
Nick: Es ist doch ganz egal, ob du 25 bist oder deutlich älter. Letztlich geht es doch immer um das Gleiche: gemeinsam Lärm machen und zusammen viel Spaß haben. Und das hält einen jung und frisch.
Eure Songs klingen so professionell und perfekt arrangiert. Die KAHUNA SURFERS sind bestimmt nicht eure erste Band, oder?
Johnny: Richtig, wir haben alle früher schon in anderen Bands gespielt. Gefühlt in bestimmt hundert verschiedenen Bands.
Andy: Das waren aber alles kleine, nur regional bekannte Bands aus dem Süden von Schweden. Und das mit sehr unterschiedlichen Stilen, da war Punkrock dabei, Rock’n’Roll oder Sixties-Beat.
Cincilla: Und sogar auch Solo-Singer/Songwriter-Sachen.
Nick: Die ersten Aktivitäten liegen jetzt auch schon fast vierzig Jahre zurück.
Cincilla: Auf ganz so viele Jahre Erfahrung komme ich noch nicht, da ich erst 27 bin.
Johnny, Nick und Andy: Haha. Alte Lügnerin!
In fast allen euren Songs geht es um das Wellenreiten. Auf eurem Debütalbum gibt es auch zwei Songs über Non-Surfer und Surf Kings. Karten auf den Tisch, wie sieht es mit euren Surf-Fähigkeiten aus?
Johnny: Im Grunde genommen sind wir Trocken-Surfer. An Land steigen wir schon mal auf ein Brett, im Wasser eher nicht. Es ist eher ein Traum oder eine Sehnsucht von uns allen, Wellenreiten zu können.
Cincilla: Aber wir würden es gerne mal versuchen. Vielleicht wenn wir mal auf Tour nach Japan oder Spanien kommen.
Einige von euch haben schon größere Kinder. Was sagen die zu euren Bandaktivitäten? Was überwiegt, der Stolz oder die Peinlichkeit?
Andy: Ich habe schon in einigen Bands gespielt. In einigen Fällen war es meinen Kindern eher peinlich, aber bei den KAHUNA SURFERS überwiegt der Stolz.
Johnny: Meine beiden Söhne finden die Band richtig gut. Der jüngere hat sogar schon für die Band live und im Studio Posaune gespielt. Das würde er mit Sicherheit nicht machen, wenn ihm die Sache peinlich wäre.
Cincilla: Meine Tochter hat mich darum gebeten, niemand zu erzählen, dass ich in einer Surf-Band spiele. Das passt aus ihrer Sicht wohl nicht zu einer schwedischen Band. Meine Tochter ist 22, sie kann mit dem Begriff „Surfpunk“ nicht viel anfangen. Als sie uns kürzlich aber live gesehen hat, fand sie es richtig gut.
Es gibt ja eine große Tradition fantastischer Surf-Pop-Punk-Bands in Schweden, wie SONIC SURF CITY und PSYCHOTIC YOUTH ...
Johnny: Zu beiden Bands hatten wir schon Kontakt. Mit SONIC SURF CITY haben wir bereits gemeinsame Shows gespielt. Mit Jörgen von PSYCHOTIC YOUTH haben wir den intensivsten Austausch. Er hat für uns auch schon einen Song geschrieben, der auch auf dem Album ist. Beide Bands waren für mich tatsächlich eine wichtige Inspirationsquelle.
Andy: Ich spiele schon seit einigen Jahren zusammen mit Johnny in einer Band. Und wir sprechen bestimmt schon seit mehr als sieben Jahren darüber, dass wir eine Surf-Band gründen sollten. Johnny ist die treibende Kraft und der kreative Kopf hinter den KAHUNA SURFERS und er hat den Stein schließlich ins Rollen gebracht. Ich habe vor der Band keine Surfmusik gehört. Johnny hat sich damit einen lang gehegten Traum erfüllt und wir dürfen Teil des Ganzen sein.
War viel Überzeugungsarbeit durch Johnny nötig, euch für die Band zu gewinnen?
Nick: Aber ja, er hat bestimmt fünf Sekunden gebraucht. Bei mir war es auf alle Fälle nicht schwer, mich zu begeistern. Ich hatte bereits in den Neunzigern eine Surfpunk-Band, aber wir hatten nicht genug Mitglieder, die ordentlich singen konnten.
Das ist ja auffällig bei euch. Ihr steht mit fünf Personen auf der Bühne und jeder singt, sogar euer Schlagzeuger. Ihr seid alle grandiose Sänger, die die gelungenen Gesangsarrangements perfekt umsetzen. Gibt es auch schon mal Streit in der Band, wer was singen darf?
Johnny: Ich glaube, das ist genau das, was diese Band ausmacht. Spaß daran haben, zu singen, und immer nach den perfekten Harmonien zu streben.
Andy: Mir ist tatsächlich keine andere Band bekannt, die über fünf gute Sänger verfügt. Und Streit, wer was singen darf, gibt es nicht. Nick ist zumeist der Hauptsänger, Johnny übernimmt die Falsettstimme und ich die mittleren Tonlagen.
Wie ist das zu erklären, dass es in Schweden so viele hervorragende Surf-Pop-Punk-Bands gibt?
Nick: Es geht um Fantasien, so ein bisschen Disneyland-Feeling. Es geht um unerfüllte Träume von Hawaii und Traumstränden mit Palmen und Beachpartys. Vielleicht liegt es auch an den langen, strengen Wintern. In Schweden haben wir gerade mal drei Wochen gutes Wetter jedes Jahr. Dann sehnt man sich natürlich schon nach endlosen Sommern, nach Wellenreiten und Sonne. Dann kommt man schon mal auf den Gedanken, sich Hawaiihemden anzuziehen und Surfmusik zu spielen.
In Deutschland kocht zur Zeit eine Diskussion um kulturelle Aneignung hoch. Das geht so weit, dass es sogar verpönt ist, sich Hawaiihemden anzuziehen, weil damit die Unterdrückung der indigenen Bevölkerung auf Hawaii gebilligt werde. Ihr tragt Hawaiihemden und habt ein Bandlogo, das an der Tiki-Kultur ansetzt. Wurdet ihr bereits mit entsprechenden Vorwürfen konfrontiert?
Nick: Wir hatten solche Diskussionen bis jetzt noch nicht in Schweden. Wenn wir bei den KAHUNA SURFERS Hawaiihemden tragen, dann fühlt sich das für uns einfach richtig an.
Johnny: Es geht auch darum, Spaß und Lebensfreude auszudrücken. Und wir finden es einfach schön. Und es hat viel positive Energie. Es geht hier um Klamotten und nicht um politische Einstellungen. Wir sehen anders aus als eine Metalband und das ist in Ordnung.
Nick: Wo führen solche Diskussionen noch hin? Willst du vielleicht einem weißen Musiker erklären, dass er keinen Jazz spielen darf?
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #165 Dezember 2022 /Januar 2023 2022 und Axel M. Gundlach
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #165 Dezember 2022 /Januar 2023 2022 und Christoph Siart