KJU:

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Over The Top

KJU: – nicht nur aufgrund des Namens eine in jeder Hinsicht außergewöhnliche Formation. Warum? Erstens: Die Band spielt Alternative-Rock mit Nu-Metal-Anleihen und versinkt nicht im Einheitsbrei ihrer Artgenossen. Zweitens: Das Debüt erscheint trotz richtig großer Produktion auf einem Indie-Label. Drittens: Entgegen aller Erwartungen kommen KJU: und ihre wunderbar griffigen Arrangements nicht aus der Hitmetropole Los Angeles, sondern haben ihre Zelte im Bundeskanzler-Revier Hannover aufgeschlagen. Wenn die Qualität des Erstlings „Draw Lines On„ auch nur im Entferntesten mit angemessener Touraktivität belohnt wird, werden KJU: in nächster Zeit nur noch sehr selten zu Hause schlafen.

Der Kontakt zum Label Swell Creek kam über eine weitere Band aus Hannover zu Stande, wie Schlagzeuger Peter erzählt: „Nachdem wir Ende 2000 unsere 4-Track-Demo-EP mit Martin Rohlfing aufgenommen hatten, schickten wir sie Veranstaltern und auch diversen Bekannten. So auch Baake von RASHEED. Zu dieser Zeit waren sie das erste Signing auf Swell Creek Records, und so gelangte die Scheibe zum Labelboss Bauke de Groot. Kurz nach der Heimkehr vom 2001er Hurricane-Festival klingelte unser Telefon, und Bauke lud sich auf eine Visite in unserem Proberaum ein. Schon wenig später wurde dann der Vertrag unterzeichnet.„

Ein wirklich guter Zug Baukes, dem die Band auch mit dem nächsten Album treu bleiben wird. „Wir werden nächstes Jahr voraussichtlich eine weitere CD über Swell Creek veröffentlichen„, resümiert Peter, „und sind bisher auch sehr zufrieden mit unserer Labelwahl. Alles Weitere steht in den Sternen.„

Betrachtet man das inzwischen beachtlich angewachsene Label, das auch die Heimat von Bands wie COAN TEEN und BYRON ist, fällt auf, dass es in Hannover anscheinend einen regelrechten Newcomer-Boom gibt. Sollte sich die Expo-Stadt etwa klammheimlich zum Mekka für potentielle Shootingstars gemausert haben? „Mit Sicherheit gibt es noch viele gute Bands in H-Town, wie zum Beispiel SOMETREE und AUBURN LANE„, lautet Peters Einschätzung. „Die sind mittlerweile übrigens auch mit einer Split bei Swell Creek am Start. Aber auch sonst gibt’s mit HAMMERHAI und WISECRÄCKER noch einige gute Bands; hier bewegt sich schon relativ viel.„

Nicht nur musikalisch, sondern auch in Sachen Layout heben sich KJU: von der Konkurrenz ab, ziert das doch Cover ein „Malen nach Zahlen„-Prinzip, welches in wenigen Sekunden mit Hilfe des im Jewelcase beigelegten KJU:-Bleistifts ausgefüllt werden kann. „Ein großer Vorteil eines Indielabels war„, erklärt Peter, „dass die gesamte Gestaltung und Songauswahl in unserer Hand lag. Da das Album ein Gesamtkonzept verfolgt, welches beim Hören und Lesen zu Tage tritt, ergab sich die Sache mit dem Stift von ganz alleine. So hat zum Beispiel jeder von uns sein eigenes Symbol im Artwork, welches sich auf die Charaktereigenschaften jedes Einzelnen bezieht.„

So steht die Flamme für Gitarrist Kord, das Ahornblatt für Drummer Peter, das Sonnensymbol für Sänger Tobias und das Wellen-Emblem für Bassist Sven-Olaf. Recht positive Zeichen, wenn man bedenkt, dass Hannover in einigen Statistiken und laut Aussage einiger Bewohner mit der höchsten Selbstmordrate Deutschlands nicht gerade ein Party-People-Flecken ist. Doch diesen Unkenrufen sollte man nicht voreilig Glauben schenken, wie Peter durch sein Outing als Fußballfan verrät: „Hannover hat gemeinhin einen unverdient schlechten Ruf. So mies ist es hier wirklich nicht, dass die Leute reihenweise vom Fernsehturm hüpfen müssten. Klar, die letzten dreizehn Jahre waren hart, aber jetzt, nachdem Hannover 96 wieder erstklassig ist, sollte diese Statistik wohl hinfällig sein.„

Obwohl er neben seiner Tätigkeit bei KJU: auch in einer Musik-Promotion-Firma „hinter der Bühne„ arbeitet, lässt sich Peter nicht von offensichtlichen Nachteilen des viel zu häufig hochgejubelten Musicbiz demotivieren, wie er erzählt: „Bisher war es eher hilfreich, selbst im Musicbiz zu arbeiten. Auf diese Weise knüpfen wir eine Menge Kontakte und können einige Dinge aus einem anderen Blickwinkel betrachten. Wir wussten allerdings schon vorher, dass das Geschäft nicht nur aus den Top-100-Charts besteht und wir den Arsch gepudert bekommen, weil wir einen Plattenvertrag unterschrieben haben. Wir wissen genau, warum wir Musik machen: Songs schreiben, diese live spielen und gemeinsam erleben. Darum geht’s!„

Genau das werden KJU: in Bälde in Angriff nehmen: eine Clubtour in Deutschland und wahrscheinlich auch in den Benelux-Ländern ist in Planung. Und man darf wetten, dass die Vereinigten Staaten auch nicht lange auf sich warten lassen.