VOM RITCHIE

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My Little Drummerboy – Teil 5

Der Duracell-Hase der TOTEN HOSEN heißt Vom Ritchie. Wer immer beeindruckt ist von Schlagzeugern mit baumstammdicken Oberarmen und Bodybuilder-Statur, wer der Meinung ist, nur solche Typen hätten den nötigen Wumms, den eine ordentliche Rockband braucht, der sollte an dieser Stelle nicht weiterlesen. Denn Vom ist so ziemlich das exakte Gegenstück: klein, dünn, schmächtig, und man ist immer wieder erstaunt, was der Kerl da hinter seinem Drumkit so leistet – und das nicht nur bei den Hosen, bei denen er 1998 die Nachfolge von Wöllie antrat. Ausgelastet ist der Herr nämlich nie, trommelt auch für die BOYS, für seinen alten Freund TV Smith, für SPITTIN’ VICARS, für Steve Ignorant von CRASS, und, und, und. Logisch, dass wir Vom mal für die Drummerboy-Serie befragen mussten.

Vom, warst du so ein Kind, das schon früh auf Küchentöpfen zu trommeln anfing und seine Eltern nervte?

Oh ja, ich habe wirklich alle verrückt gemacht, weil ich auf allem herumklopfte – abends, vor dem Fernseher, auf der Sessellehne, überall ... Ich war auf der Junior School, als das so richtig losging, da war ich also neun oder zehn. Da wurden im Musikunterricht Instrumente herumgereicht und jeder durfte mal spielen. Meine Mitschüler versuchten da einen Takt zu halten, und ich konnte das nicht mitansehen, ich wollte, dass die Trommel endlich zu mir kommt, weil ich wusste, dass ich das besser kann. Tja, aber ich bekam die Trommel nie. Das war für mich frustrierend. Bald darauf fing ich an Musik zu hören, Rockmusik, richtig heavy, und ich wusste, dass ich das mit dem Schlagzeugspielen auch drauf habe. Ein paar Freunde hatten Gitarren, und ich holte Töpfe und Deckel aus der Küche und wir legten los. Ich hatte übrigens seit damals und bis vor ein paar Jahren auch die Angewohnheit entwickelt, mit meinen Zähnen im Takt zu klackern, und das war so nervig, dass sogar mein Vater mich vor ein paar Jahren mal fragte, ob ich eigentlich ein Kokain-Problem hätte. Ich machte da die Bass-Drum mit den Backenzähnen und die Snare mit den Schneidezähnen. Ich machte das ständig! Ich habe mittlerweile mitbekommen, dass es auch andere Leute gibt, die das machen – ständig mit den Zähnen einen Rhythmus spielen. Nach einer Weile kann man davon ganz schön Kopfschmerzen bekommen.

Unglaublich ... Aber lass mich ganz direkt fragen: Hat das auch was mit einem nervösen Tick zu tun bei dir?

Oh ja. Zu meiner Schulzeit hatte ich davon mehrere. Mal verdrehte ich den Unterkiefer ganz seltsam, mal die Augen, mal schüttelte ich den Kopf – ich muss da manchmal wie ein total Bekloppter ausgesehen haben! Meine Mutter schleppte mich zum Arzt und der sagte, das seien Symptome nervöser Anspannung.

Und statt Medikamenten hast du dann ein Schlagzeug bekommen.

Kein Witz: Kaum hatte ich mein Schlagzeug, war das alles weg. Das war vorher für meine Mutter wirklich ein Problem gewesen, das hat sie echt verrückt gemacht, die war mit den Nerven fertig, als sie mich endlich zum Arzt schleppte. Mit dem Schlagzeug hatte ich dann eine Möglichkeit, all diese Aggression, Frustration und Anspannung loszuwerden. Ich hatte schon immer zu viel Energie in mir drin, und das Schlagzeugspielen wurde zu meiner Therapie. Ich war bis dahin einfach auf der Suche nach einer Möglichkeit, diese Energie loszuwerden, und da ich kein gewalttätiger Mensch bin, aber auch kein Sportler, äußerte sich das eben in diesem Verhalten. Vor dem Schlagzeug hatte ich übrigens eine Gitarre, die mir aber nicht half, meine Aggressionen loszuwerden, das Spielen war zu kompliziert für mich. Dann, ich war dreizehn, hatte ich so lange gebettelt, dass sie mir meinen Wunsch endlich erfüllten, als ich eines in der Zeitung inseriert sah für 45 Pfund. Ich zog mit meinem Vater los, wir bekamen es für 35, und das war’s! Meine Mutter sagte bald „Oh Gott, was haben wir da getan!“, aber es war zu spät.

Wo stand dein Drumkit?

In der Garage, denn in England haben die wenigsten Häuser einen Keller. Es dauerte nicht lange, bis die Nachbarn zu rebellieren begannen. Die standen wirklich mit einem von allen unterschriebenen Brief vor der Haustür: „Bitte sorgen sie dafür, dass ihr Sohn woanders trommelt.“ Wir brachten es dann zu einem Freund von mir, und da konnten wir eine Weile proben, bis auch da die Nachbarn genervt waren. Schließlich bekamen wir im örtlichen Jugendzentrum einen Raum zugewiesen, wo wir zweimal die Woche proben konnten. Den Rest der Zeit trommelt ich mit meinen Händen auf irgendwelchen Möbelstücken herum.

Schlagzeuger scheinen dazu generell zu neigen. Ich hatte schon unzählige Interviews, bei denen Drummer backstage herumsaßen und durch ständiges Herumgeklacker nervten. Bist du auch so einer?

Ich versuche andere Leute damit nicht zu nerven, denn dieses Verhalten nervt mich ja schon. Ich mache dann irgendwelche Dehnübungen vor einem Konzert. Aber gerade die Drummer von US-Bands sind in der Hinsicht recht extrem, GREEN DAY etwa haben sogar ein weiteres Schlagzeug backstage. Ich trommle dann lieber auf meinen Oberschenkeln herum und halte mich von anderen Leuten fern. Andererseits hilft es auch, ständig zu üben, und ich würde mir wünschen, ich wäre disziplinierter und würde mich vor Auftritten besser warmspielen. Denn wenn deine Muskeln sich verkrampfen, ist das ein schreckliches Gefühl. Ich mache deshalb oft Dehnungsübungen mit den Händen – das ist zwar schmerzhaft, aber es hilft.

Was stellt das Schlagzeugspielen mit dir an?

Es ist eine gewaltlose Möglichkeit, sich seiner Aggressionen zu entledigen. Hätte ich das Schlagzeugspielen nicht, wäre ich vielleicht schon tot oder im Knast oder beides. Schlagzeugspielen ist einfach großartig, es hat mir viel Stress und Probleme erspart. Vor vielen Jahren hatte ich mal Ärger mit der Polizei und wurde zu 85 Stunden Sozialarbeit verurteilt, und da habe ich dann versucht, Problemkindern das Schlagzeugspielen beizubringen. Das war verblüffend, wie die sich öffneten. Aber das ging nur in 1:1-Situationen – hattest du fünf von denen, brach die Hölle los. Alle Arten von Musik sind eine sehr gute Therapie, die allerdings nicht bei allen Kids funktioniert, vor allem dann, wenn sie bis dahin nie die Gelegenheit hatten, ein Instrument zu spielen. Ich habe diesen „Job“ ja nicht lange gemacht, aber in der relativ kurzen Zeit hat man bei denen schon eine Veränderung bemerkt.

Wie war das bei dir, hast du Unterricht genommen?

Ich habe mir das selbst beigebracht, doch später, als ich schon Konzerte spielte, wurde ich dann neugierig, wie man sich vielleicht manches leichter machen kann. Meine Eltern schenkten mir eine Stunde pro Woche zum Geburtstag, und ich hatte einen sehr guten Lehrer, der mir zeigte, wie man sich das Spielen mit ein paar technischen Kniffen viel leichter machen kann. Das half mir immens. Und ich hatte auch keine Ahnung von den verschiedenen Takten, so was zeigte mir mein Lehrer, und wie man kleine Breaks spielt, Tempowechsel. Es sind ein paar grundsätzliche Sachen, die man sich zeigen lassen sollte, denn dann ist alles andere viel leichter.

Würdest du dich als typischen Rock-Schlagzeuger bezeichnen, oder könntest du beispielweise auch Jazz spielen?

Jazz musste ich nie spielen, ich war nie in einer Jazz-Band, von daher kann ich dazu nichts sagen. Bei Jazz geht es viel um Tempowechsel, und das ist, nun, etwas zu „fortgeschritten“ für mich. Das ist so, wie wenn ein Maler etwas malen soll, was er nicht malen will. Jazz liegt mir einfach nicht. Mein Herz gehört dem Rock und Punkrock. Ich habe auch nie wirklich versucht Reggae zu spielen, obwohl ich mir den gerne mal anhöre. Die Musik, die ich spiele, ist die Musik, die ich mag.

Braucht es denn dann spezielle Fähigkeiten, um das zu machen, was du machst, nämlich Punkrock?

Eine ganz wichtige, universelle Fähigkeit ist die, einen Takt halten zu können. Und Geschwindigkeit: Bei den Hosen hast du immer diese Sechzehntel auf dem Hi-Hat, das ist ziemlich schwierig und harte Arbeit.

Gab und gibt es für dich Vorbilder am Schlagzeug?

Oh ja! Ich habe schon Musik gehört, bevor es Punk in der heutigen Form gab. Okay, da gab es bereits den Sixties-Garage-Punk und die STOOGES, aber das fand ich erst später heraus. Als ich anfing, Musik zu hören, war ich neun, zehn, und da hörte ich THE JIMI HENDRIX EXPERIENCE, und deren Drummer Mitch Mitchell war unglaublich!

Hast du damals schon Musik mit dem Fokus auf dem Drummer gehört?

Nein, ich fand einfach Hendrix gut und fand dann toll, was der Drummer da machte. Zuerst hatte ich auch mehr auf Hendrix’ Gitarre gehört, doch dann war das Schlagzeugspiel, das mich mehr und mehr faszinierte. DEEP PURPLE liebte ich auch sehr, und deren Drummer Ian Paice war auch ein sehr großer Einfluss auf mich. Gleiches gilt für Bill Ward von BLACK SABBATH, der in technischer Hinsicht kein herausragender Drummer war, aber ich liebte einfach, was er spielte, er machte diese wundervoll trashigen Lärm auf den Crash-Cymbals. Das also ist meine Schule in Sachen Drumming, ich bin definitiv kein Anhänger einer technischen Spielweise. Spiel mit deinem Herzen und richtig laut! Ich bin ein lauter und aggressiver Drummer, aber auch dabei kann man smart sein – auch da muss ich wieder auf Mitch Mitchell verweisen. Gleiches gilt für Keith Moon, da denke ich immer wieder: „Was zur Hölle macht der da?!“ So ein Schlagzeugspiel muss aber auch immer zur Band passen.

Du erwähntest eben DEEP PURPLE, und auf deren Live-Klassiker „Made in Japan“ ist ein endloses Drum-Solo zu hören. Wie stehst du zu Drum-Solos?

Ich habe als Zuschauer schon Schlagzeugsoli gesehen, wo ich nur „Wow!“ sagen konnte. Aber an sich stehe ich da nicht so drauf, wenn sich Musiker an ihrem Instrument einen abwichsen. Ich habe als Rockmusiker angefangen, doch Metal hat mich nie wirklich begeistern können. Ich schaue mir gerne mal Metal-Konzerte an, finde das Publikum interessant, wenn es total abgeht, aber Gitarrengefidel ist nicht mein Ding. Ich will da jetzt nicht Musiker und Fans irgendwie niedermachen, aber mir liegt das einfach nicht. Mich beeindrucken einfach gute Musiker, wenn ich da stehe und mich frage, was der Typ da auf der Bühne macht, weil das wirklich unglaublich ist und der acht Arme zu haben scheint. Ich hingegen bin jemand, der mehr für den Song als für die Technik spielt.

Ich und viele andere sind aber auch immer wieder sehr erstaunt, dich spielen zu sehen, denn du bist ja nicht gerade ein großer, muskulöser Typ und jeder fragt sich, woher deine Energie kommt.

Hahaha, das bringt mich zurück zu diesem nervösen Tick. Vielleicht ist das einfach die innere Spannung, keine Ahnung. Denn wenn ich von etwas viel habe, dann ist das Energie.

Die Hosen sind aber dafür bekannt, lange Konzerte zu spielen, zwei Stunden und mehr – wie hält man das rein körperlich durch?

Es ist schon harte Arbeit, und es gibt Extreme. Als wir letztes Mal in Argentinien tourten, spielten wir in einer Halle mit Metalldach, und als wir da ankamen, noch bevor Menschen in der Halle waren und die Lichtanlage arbeitete, war es schon unmenschlich heiß. Die Bühne war auch noch richtig hoch, das Schlagzeugpodest noch höher, es war Sommer, die Sonne brannte den ganzen Tag auf dieses Dach, und dann auch noch die Scheinwerfer ... Ich habe hinterher meine Klamotten ausgewrungen und fragte mich, wo all das Wasser herkam. Und so was zwei bis zweieinhalb Stunden durchzustehen, ist manchmal echt hart. Aber ich muss ja, und da geht der Körper während des Spielens irgendwann in den Autopilot-Modus.

Schön, aber wenn zu mir jemand sagen würde, ich solle einen Marathon laufen, ich aber gerade mal 5 km schaffe, dann ist das keine Frage des Wollens, sondern der Körper muss das auch leisten können.

Ich bin ziemlich fit, und wenn ich nicht mit den Hosen spiele, spiele ich mit einer anderen Band. So halte ich ein recht hohes Fitness-Level. Ich würde Schlagzeugspielen aber nicht unbedingt als Fitnessdisziplin empfehlen. Die Intensität des Körpereinsatzes hängt auch davon ab, wie man spielt. Man kann ganz relaxt und faul spielen, wenn man eine PA im Einsatz hat, die dich so laut macht, wie du willst. Oder du haust richtig rein.

Und das bist du.

So mache ich das, ja. Das ist eben mein Stil, den ich über viele Jahre entwickelt habe. Klar, es gibt Momente wie da in Argentinien, wo ich mir wünsche, dass der Auftritt bald vorbei ist, aber nicht, weil die Show schlecht war, sondern weil es einfach eine Spur zu hart war. Aber du kannst da ja nicht einfach aufhören und von der Bühne gehen, und irgendwie kommt da dann immer so ein Push von irgendwoher.

Und wie bereitest du dich auf ein Konzert vor, auch was Getränke und Essen betrifft?

Maximal zwei Bier vor dem Auftritt, das ist meine Regel bei den Hosen. Bei den großen Konzerten muss man sich einfach absolut unter Kontrolle haben. Und was das Essen betrifft, so muss ich auf Tour immer aufpassen, genug zu essen – ich verhungere immer fast, haha. Ich kann zu knapp vor dem Auftritt nichts essen, das raubt dir Energie. Und hinterher bin ich so aufgedreht, dass ich nichts essen will. Auf einer der letzten Touren aß ich außer einer Mahlzeit mitten am Tag gar nichts – ich verpasste immer das Frühstück, aß mittags was, und abends dann nichts mehr.

Und trotzdem verbrennst du 2.000 Kalorien bei so einem Auftritt, das ist Schwerarbeit.

Ja, ich weiß, da nicht ausreichend zu essen, ist nicht gut. Es gibt sicher gesündere Lebensweisen und ich würde mir wünschen, ich wäre da disziplinierter. Ich habe in letzter Zeit aber verstanden, dass es Sinn macht, auch mal etwas langsamer zu machen.

Als Drummer ist man immer der Typ irgendwo im Hintergrund, den man manchmal kaum sieht. Hat dir das nie was ausgemacht?

Nein, nie, ich bin froh, dass ich da hinten sitze.Wenn das Publikum Sachen auf die Bühne wirft, trifft es mich am wenigsten, hahaha. Andererseits kann man als Schlagzeuger Wurfgeschossen auch nicht ausweichen. Ansonsten fühle ich mich wohl, ich bin kein geltungsbedürftiger Musiker, das ist für mich kein Problem.

Was für ein Drumkit spielst du, und warum?

Ich spiele auf einem von Mapex. Die haben mir meine eigene Signature-Snare angeboten, das fand ich cool, und außerdem klingen ihre Sachen wirklich gut und sind auch bezahlbar. Für sein Geld bekommt man da echt sehr gute Qualität, und ich benutze ein ganz normales Schlagzeug von denen mit meinen Snares. Die Qualität ist heutzutage einfach so gut, da kommt es darauf an, wie du spielst, und nicht wirklich auf das Material. Meine Snares sind im unteren Preissegment angesiedelt, die kann man für knapp über 200 Euro kaufen, während die Signature-Snares anderer Drummer meist über tausend Euro kosten. Ich will aber nicht, dass meine Fans so viel Geld ausgeben für eine Vom Ritchie-Snare.Hast du auf Tour immer dein eigenes Schlagzeug dabei?

In Südamerika beispielsweise habe ich jeden Abend auf einem gemieteten Schlagzeug gespielt, und wenn es geht, nehme ich ein Mapex. Ich kann aber auf jedem Schlagzeug spielen, ich bin da nicht wählerisch. Der Trick ist einfach, immer gute Cymbals zu haben, es kommt nicht so auf das Schlagzeug an sich an. Klingen die Cymbals gut, passt auch der Rest. Ich spiele die von Paiste, seit vielen Jahren schon, die bieten einfach großartigen Service. Ich habe die immer selbst dabei, inklusive eines Ersatz-Sets, aber da die weltweit etabliert sind, ist das unproblematisch.

Bekommt man als Schlagzeuger einer so bekannten Band alles, was mit dem Schlagzeug zusammenhängt, von den Herstellern umsonst gestellt?

Ja, Cymbals, Snares, Drums, Heads bekomme ich eigentlich immer. Meine Sticks sind von Pro-Mark, die liebe ich, die bestelle ich in den USA. Eine bestimmte Anzahl bekomme ich umsonst, den Rest muss ich bezahlen. Ich sehe schon, dass das eigentlich eine unglückliche Situation ist für Musiker: Wenn du kein Geld hast und echt Hilfe brauchen könntest, musst du viel Geld für die Sachen ausgeben, und wenn du es geschafft hast und von deiner Musik leben kannst, bekommst du die Sachen geschenkt. Irgendwie ist das falsch, oder? Andererseits habe ich auch jahrelang irgendwie zu überleben versucht und eine Menge Geld ausgegeben.

Wie groß ist der Wald, der bislang für deine Drumsticks abgeholzt werden musste?

Halb Brasilien, schätze ich. Bei manchen Konzerten brechen keine Sticks, bei anderen vier, fünf. Und früher habe ich auch noch viele Sticks verschenkt, warf sie ins Publikum, aber dann tauchten die bei Ebay für bis zu 80 Euro pro Stick auf, und ich will nicht, dass jemand dafür so viel Geld ausgibt. So sehr mir das also Spaß gemacht, ich lasse es jetzt bleiben, denn ich mag es nicht, wenn meine Fans abgezockt werden.

Du hast deinem Sohn ein kleines Drumkit geschenkt, als er noch sehr klein war. Was hat er daraus gemacht?

Er spielt heute Gitarre. Ich war mit ihm bei AC/DC, und seitdem ist er total gitarrenbesessen. Er ist elf, spielt aber schon richtig gut – das erschreckt mich beinahe! Er spielt eine SG, wie Angus Young. Es ist schön zu sehen, wie schnell er lernt und wie begeistert er bei der Sache ist. Er hat zu Beginn in meinem kleinen Studio in unserem Haus auch mal am Schlagzeug gesessen, aber nie mit der Begeisterung, mit der er heute Gitarre spielt.

Klingt so, als ob du bald eine Familienband aufmachen könntest, denn deine Frau Mary spielt auch Gitarre.

Wir haben tatsächlich Anfang 2010 so was mal gemacht, mit Pascal Briggs am Bass, als Band von Honest John Plain. Das war eine coole Aktion. Dummerweise gab es die RICHIES schon mal, THE RITCHIES würde man da verwechseln, haha. Mein Sohn hat aber auch eine eigene Band namens DEAD SOLUTION, und wer weiß, vielleicht ist es ihm ja auch peinlich in einer Band mit seinem Vater zu spielen.

Und was ist mit Vom Ritchie als Schlagzeuglehrer?

Als ich in den Neunzigern nach Düsseldorf kam, da habe ich das mal versucht, aber mir mangelt es an Geduld, um das außer hier und da mal für befreundete Drummer zu machen. Und ich hätte auch gar nicht die Zeit, denn wenn die Hosen mich nicht beschäftigt halten, ist es mein Label, meine anderen Bands – oder Interviews. Ich stehe lieber auf einer Bühne, statt jemandem die Schlagzeug-Basics beizubringen. Und im Studio bin ich sowieso nicht gerne – live is where it’s happening!

Deshalb spielst du auch in circa fünf verschiedenen Bands. Fällt es dir so leicht, neue Songs zu lernen?

Ja, ich finde das leicht. Ich habe ein ziemlich gutes Gedächtnis und kapiere neue Stücke sehr schnell – trotz einer Menge Parties, die ich über die Jahre gefeiert habe ... Andererseits hasse ich das Proben, das liegt mir überhaupt nicht. Wenn ich mit den BOYS spiele, dann gehen wir die Songs vorher mal akustisch durch, und dann habe ich das drauf. Mein härtester Job war allerdings der als Drummer von Steve Ignorant.

Du spieltest 2007 in London Schlagzeug, als Steve mit Band das „The Feeding of the 5000“-Album von CRASS live aufführte.

Ja, denn der Schlagzeugstil von Penny Rimbaud ist wirklich einzigartig, und CRASS haben ihre Platten einfach so runtergespielt, die haben sich keine Gedanken übers Timing gemacht. Das macht sie so großartig. CRASS waren immer richtige Helden für mich, wobei „Helden“ in Verbindung mit CRASS sicher nicht der richtige Ausdruck ist. Sie haben mich aber sehr stark beeinflusst. Ich dachte also, ich kenne ihre Musik, und als ich mich dann hinsetzte, um ihre Lieder zu lernen, merkte ich, wie wenig ich wusste. CRASS, das ist beinahe wie Jazz. Ich habe mich auf den Boden gesetzt, die Platte angehört, mitgetrommelt und Song für Song aufgeschrieben, wo die Stops sind – in Worten. So schaffe ich es, mir einen Song zu merken. Das war echt eine harte Nummer, aber ich habe die beiden Konzerte in London genossen. Steve ist ein sehr netter Kerl, und leider habe ich keine Zeit, um bei den Konzerten im Herbst mit ihm zu spielen.