Benjamin Berton
Dreamworld
Oder: vom fabelhaften Leben des Dan Treacy und seiner Band Television Personalities
Hardcover, mit farb. Abb., 280 Seiten
London 1977. Daniel Treacy schmeißt die Schule, in der er sich zu Tode langeweilt. Mit Freunden nimmt er dank ein paar Pfund Sterling, die ihm seine Eltern geliehen haben, einige Songs auf und schickt die fertige Single an den legendären Radio-DJ John Peel, der sofort hellauf begeistert ist – die Television Personalities sind aus der Taufe gehoben …
Im turbulenten Leben von Daniel Treacy treffen wir auf Jimmy Page, Bob Marley, Alan McGee, David Gilmour, Wham!, Nico und Kurt Cobain. »Dreamworld« ist die sehr reale, sehr verrückte Geschichte eines Genies der Musikgeschichte, dessen Bedeutung nicht selten mit der von Mark E. Smith von The Fall verglichen wird. Angereichert mit reichlich Szene- und Zeitkolorit aus dem britischen Pop von den 1960er-Jahren bis zur Gegenwart, erzählt »Dreamworld« von allen Höhen und Tiefen einer Legende, die sich selbst einmal ironisch (jedoch völlig zu recht) in einem Interview als »Godfather of Indie-Pop« bezeichnete.
Die Übersetzung von Gregor Kessler erscheint mit einer vollständig überarbeiteten farbigen Bildstrecke und zahlreichen Abbildungen.
»Ob sich jemand eine Geschichte ausdenken kann wie die meines Lebens? Ich glaube nicht.«
– Daniel Treacy
»Die Television Personalities sind die ultimative Punk-Band.«
– Joe Strummer
„Dan Treacy ist einer der großen wundersamen Tagträumer der britischen Popmusik.“
– Christoph Dallach
"Als junger Punk waren die TVPs für mich sehr wichtig, weil sie die starren Punkschalen aufbrachen und einen anderen, neuen Ton in die Kunst brachten."
– Rocko Schamoni
"Geoffrey Ingram für diese Geschichte aufzuspüren, war nicht so leicht. Das lag sowohl an seiner Qualität als fiktive Figur als auch daran, dass er seit Ende der 1980er-Jahre nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten ist. Auf seine eigene diskrete und wohlwollende Art blieb Geoffrey Ingram dennoch in ständigem Kontakt mit Daniel Treacy – seit ihrer ersten Begegnung, die sich etwa auf das Jahr 1974 datieren lässt, bis zu den Jahren, in denen der Sänger praktisch von der Bildfläche verschwand (wir kommen später darauf zurück), also zwischen 2000 und 2005. Geoffrey Ingram und Daniel Treacy standen drei Jahrzehnte lang auf höchst diskrete und fast geheimnisvolle Weise miteinander in Kontakt. Keiner von Daniel Treacys Freunden oder Verwandten konnte mir sagen, wie nahe sie sich standen oder welche Beziehung zwischen den beiden bestand, abgesehen vom Songtitel, der den Namen des Protagonisten trägt und zum Kanon der Television Personalities gehört. Geoffrey Ingram zeigt sich darin von seiner besten Seite und scheint mit übernatürlichen Kräften ausgestattet, die es ihm erlauben, sich den Regeln der Natur (wie dem Regen) und jenen der Gesellschaft (wie dem Zugang zu besonderen Orten) zu widersetzen.
Nachdem ich es geschafft hatte, Ingram ausfindig zu machen, war natürlich alles viel einfacher. Der Mann ist jetzt vierundsechzig Jahre alt (fragen Sie nicht, warum er erst vierundsechzig ist, obwohl er in den frühen 1960er-Jahren etwa zwanzig Jahre alt war) und war paradoxerweise erfreut darüber, dass sich jemand die Mühe gemacht hatte, ihn zu finden. Er war froh, mich zu sehen. Genauer gesagt lud er mich ein, ihn in seinem Club zu treffen, der sich genau an jener Stelle befindet, an dem vor vierzig Jahren The Living Room war. The Living Room ist ein Ort, der in der Geschichte der Television Personalities eine gewisse Bedeutung hat. Die Band spielte in ihren Anfängen mehrmals dort. Genau hier lernte der Schotte Alan McGee Daniel Treacy und auch Joe Foster kennen und genau hier entwickelte er das Promotion-Modell, das es ihm später erlaubte, Creation Records zu gründen und nacheinander die Karrieren so wichtiger Bands wie Jesus and Mary Chain, Primal Scream oder, viel später, Oasis zu starten. Als ich ankam, saß Geoffrey Ingram geduldig wartend in einem üppigen und übertrieben breiten Sessel. Er saß leicht nach vorne gebeugt, die Beine übereinandergeschlagen und das Kinn zur Seite geneigt, um zu zeigen, wie entspannt und zufrieden er war. Selbst in dieser Position konnte man erkennen, dass seine schlaksige Figur in mehreren Jahrzehnten kein bisschen zugelegt hatte.
Er empfahl einen Cocktail mit Gin und Guavensaft, der so ziemlich das Delikateste und Leckerste war, das ich je getrunken hatte, dann stieg er in die Geschichte seiner Freundschaft mit Daniel Treacy ein. Geoffrey Ingram sprach mit einem klaren und perfekten Londoner Akzent. Seine Stimme hatte sich kaum verändert seit Tony Richardsons Film „A Taste of Honey“, in dem er an der Seite Rita Tushinghams gespielt hatte. Sie war jugendlich und frech, voller Autorität, demonstrativ und doch gleichzeitig von einer Sensibilität durchdrungen, die sie fesselnd machte. Um es ganz offen zu sagen: Ingram gab sich nicht schwuler als vor dreißig Jahren. Wenn er sprach, fuchtelten seine langen Hände in der Luft herum, und er hatte ein paar schmollmündige Gesichtsausdrücke drauf, die ihn hätten verraten können, aber nichts deutete darauf hin, dass er überschwänglicher oder weiblicher wäre als früher." (Auszug aus "Dreamworld")