ZOO

Eine Besprechung von Robinson Devors „Essayfilm“ (der Begriff Dokumentation wäre hier fehl am Platz) beginnt man am besten mit der Frage, was man als unethischer erachtet, mit einem Pferd Sex zu haben oder es zu essen? Soviel zum Thema Doppelmoral.

In beiden Fällen dürfte es sich aber um Missbrauch handeln, denn schließlich hat das Tier zu beidem in einem kognitiven Sinne nicht seine Einwilligung gegeben, mit dem feinen Unterschied, dass das Pferd nach einer sexuellen Handlung noch am Leben ist.

Fraglich ist allerdings, ob das Tier daraus irgendeine Form von Lustgewinn hat ziehen können, denn letztendlich wurde es dabei nur von einem intellektuell überlegenen Lebewesen manipuliert und seine Triebhaftigkeit ausgenutzt.

Bei der sexuellen Vereinigung von Tier und Mensch spricht man gemeinhin von Sodomie, der etwas nettere Begriff lautet Zoophilie – worauf sich auch der Titel von Devors Films bezieht –, der zuerst einmal nur ein sexuelles Hingezogensein zu Tieren beschreibt, was nicht zwangsläufig eine konkrete sexuelle Handlung beinhaltet.

Sexuelle Handlungen zwischen Tier und Mensch sind so alt wie der Homo Sapiens selbst, sind allerdings auch seit dem Alten Testament geächtet, also innerhalb unseres christlich geprägten Weltbilds ein Tabuthema.

Und Tabus sind bekanntlich wie die vielzitierten süßen Früchte, die immer am besten schmecken, und so zieht sich eine Beschäftigung mit diesem Bereich menschlicher Perversionen schon lange durch unsere Kulturgeschichte.

Auch die Pornoindustrie hatte schon sehr früh entdeckt, dass es für Darstellungen solcher Art einen Markt gibt, wobei die Verbreitung von Tierpornografie etwa in Deutschland strengstens verboten ist.

Eigentlicher Auslöser für Devors Beschäftigung mit diesem Thema war ein singuläres Ereignis, nämlich der Tod des Ingenieurs Kenneth Pinyan aus Seattle, wo auch der Regisseur lebt, der, nachdem er Analverkehr mit einem Pferd hatte – rein anatomisch betrachtet schon mal eine ziemlich dumme Idee –, an inneren Blutungen starb.

Pinyan führte ein perfektes Doppelleben, ein beruflich erfolgreicher Familienvater, der sich auf einer abgeschiedenen Farm im Staate Washington mit Gleichgesinnten seinen bizarren Vorlieben hingab.

Der Tod von Pinyan sorgte für einigen Wirbel und brachte ein Thema wieder ins Bewusstsein der breiten Bevölkerung zurück, das bisher im Stillen geschlummert hatte, wie so viele Teilbereiche menschlicher Perversionen.

Möglicherweise eines der letzten großen Tabus der Menschheit und ein echtes heißes Eisen, was Devor da anzupacken versuchte. Dabei hätte ein wirklich spannender Film und eine kulturhistorische Aufarbeitung dieses Phänomens herauskommen können.

Stattdessen bietet der Regisseur den Tierliebhabern ein seltsames Forum zur Selbstdarstellung, die ständig betonen, wie liebevoll ihre Zuneigung zu Pferden in Wirklichkeit doch war, eine Form der Argumentation, mit der man natürlich jeden Unsinn bis hin zu Pädophilie entschuldigen kann, was viele Kritiker durchaus berechtigt bemängelten.

Hinzu kommt eine etwas unglückliche filmische Umsetzung, denn da die Betroffenen verständlicherweise nicht vor der Kamera auftauchen wollten, musste Devor die Ereignisse nachstellen, allerdings unterlegt von authentischen Off-Kommentaren.

Für Bodenhaftung sorgt hier alleine die Tieraktivistin Jenny Edwards, die für die Rettung der Pferde auf der Farm sorgte. Ansonsten verliert sich ZOO in einer nebulösen, den Zuschauer einlullenden und um Mystik bemühten Ästhetik, um die doch ganz normale Naturverbundenheit der Zoophilen zu unterstreichen.

Auch die schlauen Belehrungen von Dr. Marcus Stiglegger im Booklet, ganz zu schweigen von dem schwammigen Audiokommentar von Devor, ändern dann nichts mehr daran, dass ZOO seinem Thema unter analytischen Gesichtspunkten leider in keiner Weise gerecht wird.

Da hilft wahrscheinlich nur, im Internet mal nach einem kurzen Clip namens „Mrhands.mpeg“ zu forschen, der einen mit den unangenehmen wie unromantischen Fakten dieser falsch verstandenen Tierliebe konfrontiert, die einem ZOO mit seiner „Artsy fartsy“-Herangehensweise vorenthält.

Brisanten Diskussionsstoff liefert diese, vom reanimierten Label Legend Films neu aufgelegte DVD in jedem Fall.