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WILD HUNT

Es ist immer wieder schön, auf Independent-Produktionen zu stoßen, die nicht sofort an ihren Budget-Restriktionen zu erkennen sind und nicht wirkliche Originalität durch pseudointellektuelles Geschwafel ausgleichen wollen – schaut doch mal, wie sehr „real life“ wir sind im Gegensatz zu den fiesen Hollywood-Blockbustern.

Die Prämisse von Alexandre Franchis Spielfilmdebüt ist dabei noch nicht mal besonders ungewöhnlich, denn schon viele Filme zuvor kreisten um die Problematik der Zivilisationsmüdigkeit des Homo sapiens, denn bekanntlich ist „der Mensch dem Menschen ein Wolf“.

Und William Goldings „Herr der Fliegen“ ist da natürlich auch nicht weit. Umrahmt wird WILD HUNT dabei von dem Konflikt zwischen zwei Brüdern: während der eine, Erik, den kranken Vater versorgen muss, flüchtet der andere in ein reales Rollenspieluniversum, bei dem sich gleichgesinnte Kostümierte in den Wäldern in primitive Wikinger verwandeln und deren Gebräuche wiederaufleben lassen.

Und als ob es nicht schon ärgerlich genug wäre, mit der Betreuung des Vaters alleine gelassen zu werden, findet auch noch Eriks Freundin Evelyn Gefallen an dem kindischen Mummenschanz, offenbar als Flucht aus der eher lahmen Beziehung in Erwartung von animalischem Sex mit richtigen Kerlen wie dem Schamanen Murtagh.

Ganz kampflos will Erik dann auch nicht aufgeben und macht sich auf ins Wikingerlager, um seine Freundin zurückzugewinnen und wird dabei in eine unkontrollierte Gewalteskalation hineingezogen, in einem sozialen Vakuum mit eigenen Spielregeln.

THE WILD HUNT vermittelt dabei durchaus die Faszination, die von so einer Form von Realitätsflucht ausgeht, ein Cowboy & Indianer-Spiel für Erwachsene, das allerdings die große Gefahr birgt, dass manche Personen nicht den Weg zurück in die eher unangenehme Alltagswelt finden.

Und so werden schließlich Gummischwerter- und äxte durch ein wesentlich todbringenderes Waffenarsenal ersetzt. Mit 500.000 Dollar Budget war WILD HUNT eine recht kostengünstige Produktion.

Gut angelegtes Geld, wie man sagen muss, denn mal abgesehen von einzelnen nicht ganz so starken darstellerischen Momenten, erzeugt Alexandre Franchi mit seinem starken Spielfilmdebüt einen dunklen Sog, der immer angenehm realistisch bleibt.

Hinzu kommt auch visuell ein durchweg düsterer, atmosphärischer Look, der eine gute Mischung aus pseudodokumentarischer Wackelkamera und stylischeren Momenten findet. Man weiß zwar in den ersten 10, 15 Minuten nicht so recht, was man von THE WILD HUNT halten soll, aber wer dranbleibt, wird auf jeden Fall mit einem intensiven Filmerlebnis belohnt, inklusive einiger überraschender Schockszenen.