Bereits 2013 ist Danielle de Picciottos grafisches Tagebuch „We Are Gypsies Now“ im Metrolit Verlag (im Original: „We Are Gypsies Now: A Graphic Diary“, Amok Books) erschienen und hat erst jetzt, kurz nach Veröffentlichung der US-Ausgabe und Picciottos erstem Soloalbum „Tacoma“, den Weg in meinen Briefkasten gefunden.
„Hast du dich schon mal so gefühlt, als ob dein Leben in einer Sackgasse geendet sei?“ Danielle und ihr Gatte, EINSTÜRZENDE NEUBAUTEN-Bassist Alexander Hacke, fühlten sich so und beschlossen darum, sich auf die Suche nach einem Ort zu machen, der all ihre Bedürfnisse erfüllt.
Der Untertitel „Der Weg ins Ungewisse“ verweist auf diesen recht lose eingewobenen roten Faden, unter dem bruchstückhafte Gedankenströme zu etlichen Themen, darunter Konsum, Besitz, Kunst, Arbeit, Gentrifizierung, Hierarchien, zwischenmenschliche Interaktion, Songwriting, Konzerte, Touren, Zeit(wahrnehmung), versammelt sind, jeweils mit selbst gezeichneten, dazu passenden Bildern oder Verzierungen versehen.
Das lässt sich zügig runterlesen und bietet einige interessante Denkanstöße. Ein wenig irritierend ist der gelegentlich eingeflochtene esoterische Unterton. Astrologie, Sternbilder und ähnliche Späße sind einfach so gar nicht mein Ding.
Aber es ist ja auch ein Tagebuch, da treten größere und kleinere Spleens des Schreibenden eben ziemlich deutlich zutage. Umso mutiger, diese teilweise sehr persönlichen Einblicke zu veröffentlichen.
Picciotto schließt ihr Reisetagebuch mit der Feststellung, zwar noch keine neue Heimat gefunden zu haben, aber nicht aufgeben zu wollen: „Wir werden unsere Suche nach einem Zufluchtsort fortführen, auch wenn es bedeutet, dass wir noch sehr viel länger unterwegs sein müssen.
We are gypsies now.“ Hm. Ist der Weg nicht eigentlich das Ziel?
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #122 Oktober/November 2015 und Anke Kalau