VOM SEGELN

s/t MC

David von VOM SEGELN hat mich gebeten, ihr Tape zu verreißen, damit nicht der Eindruck entstünde, hier wäre Klüngelei im Spiel, denn immerhin habe ich vor einem Jahr einmal für zwei oder drei Wochen bei ihnen mitgespielt, bevor ich rausgeflogen bin.

Ich konnte nämlich nicht gut genug spielen. Und VOM SEGELN können eben zu gut spielen, machen daraus ätzend drögen Rock, äh natürlich Hardcore-Punk, der so unverblümt bei YAGE und DUESENJÄGER klaut, dass ich Jensen und SCHNELLER AUTOS ORGANISATION gar nicht mehr erwähnen will, so peinlich ist das.

Die sechs Songs sind musikalisch derart unter aller Kanone, dass die unsäglich pathetischen Texte zu Titeln wie "Emolied" oder "Tatort Pazifik (eine Allegorie auf den Erfolg)" gar nicht weiter ins Gewicht fallen.

Wüsste ich es nicht besser, würde ich behaupten, hier sind Studenten am Werk. Und dann gibt's den Scheiß auch noch als Tape, handverpackt und nummeriert, wer braucht denn so was? Weit erfreulicher ist dagegen die selbstgebrannte CD der (ebenfalls) Berliner KRYSMOPOMPAS, und die sind definitiv Studenten (wissen tu ich das aber nicht).

Und auch wenn sie sich schwer tun mit Verweisen, geben sie doch gleich selbst die üblichen Verdächtigen vor: DACKELBLUT, FEHLFARBEN und frühe BLUMFELD. Nicht zu vergessen: TREND. Ja, höre ich alle raus, aber keine falsche Bescheidenheit, denn die nötige Eigenständigkeit bringen sie auf jeden Fall mit.

Alles, was VOM SEGELN falsch machen, machen KRYSMOPOMPAS genau richtig: Das Hauptaugenmerk liegt auf den Texten aus dem beschädigten Leben ("Reinhold will nicht den ganzen Tag dein Leben reparieren"), die sind intelligent und kritisch, ohne Phrasen, dafür voller Verweise auf Fassbinder und Brinkmann, mit der nötigen Prise Humor ("Coca ohne Koka? - Du Schwein!") und im aggressiven Sprechgesang vorgetragen und mit abwechslungsreichem Powerpop/Punk unterlegt.

Besonders gefallen mir die Orgel und die einfachen Steigerungen auf der Gitarre. Da braucht nun wirklich niemand mehr das neue Indie-Segment von Universal, die schlauen Punks sind hier besser aufgehoben.

(27:41) (8)