Wenn Seth auch nur versuchen würde, alle in diesem Band versteckten Ideen umzusetzen, wäre er wohl bis an sein Lebensende beschäftigt. Aber auch so versorgt er die Welt mit manchmal tiefgründigen, manchmal absurden, immer aber bis ins Detail durchdachten Strips und Geschichten.
Zugegeben, es dauert eine Weile bis man sich an den bebilderten Stream of Consciousness gewöhnt hat, mit dem „Vom Glanz der alten Tage“ erzählt wird, aber die Mühe zahlt sich aus. Wer sich erst damit angefreundet hat und bereit ist, in die Geschichten in den Geschichten einzusteigen und Seths ein wenig ironischen Blick auf einen ganz eigenen Comic-Kosmos mit seinen Charakteren und Kuriositäten einzunehmen, kann nicht mehr aufhören zu lesen: Nach und nach entfaltet sich eine frei erfundene Geschichte des kanadischen Comics, im knubbeligen Stil des frühen 20.
Jahrhunderts gezeichnet, im betont lässig, gönnerhaften Kennerton erzählt (wie man ihn von manchem Sammler kennt) und mit zahlreichen Anekdoten gespickt. Ob architektonische Nachbildung eines Waldes als überdimensionierter Partyraum, in Bordüren versteckte Frivolitäten und Obszönitäten oder der Huldigung von Comiczeichnern auf alle erdenkliche Arten und Weisen (Paraden, Auszeichnungen, Statuen, Bildbände, Biografien, etc.), dieser Band sprüht vor Kreativität.
Gerade deswegen ist „Vom Glanz der alten Tage“ vielleicht ein Stück weit richtungsweisend. Schließlich ist der Comic ja gerade auf dem besten Wege, sich als allgemein anerkanntes Kulturgut zu etablieren.
Bis das literarische Quartett sich über Comics auslässt, scheint nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Und den Kanadiern würde ich ein Comicarchiv in Igluoptik mitten im ewigen Eis durchaus zutrauen.
Haha!
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #116 Oktober/November 2014 und Anke Kalau