Die meisten Bands, die man so kennt, sind in den häufigsten Fällen aus anderen Bands hervorgegangen. Die Leute fangen an, Musik zu machen, proben in irgendwelchen Kellern oder im eigenen Zimmer, nehmen ihr Geschrammel in der Regel auf Tapes auf, und vergessen die Aufnahmen.
Das ist auch fast immer gut so. Mal ehrlich, was bei solchen Sessions alles schon auf Tapes aufgenommen wurde, reicht doch in den meisten Fällen nur dazu, zwölf Jahre später im besoffenen Kopf rausgekramt und den Kumpels mit den Worten: "Ey, wollt ihr mal was echt schräges hören?" vorgedudelt zu werden.
Die 12 Jahre waren nötig, um den Wechsel von Peinlichkeit zum vermeintlich Schrägen umzuwandeln. Wenige Ausnahmen gibt es. VOID FORUM ist eine davon, was aber mit Sicherheit daran liegt, dass die Band, die daraus hervorgegangen ist, ebenfalls eine Ausnahmeerscheinung ist: VIBRAVOID.
"Turned on Acid" ist eine Zusammenstellung von Aufnahme-Sessions zwischen 1992 und 1997, die teilweise im Studio entstanden, einige daheim und einige von Liveauftritten. 1992 als MOTLEY MOTION und ab 1994 als VOID FORUM, die in ihren verschiedensten Besetzungen jeweils nur eine Konstante hatten, Christian Koch, der Doktor, Mr.
VIBRAVOID. (mehr dazu siehe Interview Ox # 45). Dass diese Aufnahmen erst jetzt Veröffentlichung finden, ist nahezu eine Schande, nicht desto weniger eine großartige Dokumentation des bisherigen Schaffens.
Erweiterung dazu findet sich auch in der hier besprochenen VIBRAVOID-Split-LP. Erstaunlich vor allem, wie gut die Aufnahmen sind und wie wenig Abnutzungserscheinungen gegenüber dem heutigen Schaffen auffallen.
So findet sich auf der Platte auch eine Aufnahme des Stückes "Adjustment" von 1994, der gleiche Song, der 2001 als Nasoni-Single von VIBRAVOID neu eingespielt wurde. Daran sieht man, dass die Vorgabe zu den heutigen Meilensteinen schon längst gegeben war.
Während die A-Seite der Platte überwiegend aus Studioaufnahmen besteht, finden sich auf der B-Seite auch ältere Livedokumente, die nicht nur soundtechnisch fast alle sehr gut sind, sondern vor allem auch zeigen, dass die psychedelischen Klänge auch live jederzeit in einer Intensität dargeboten wurden, welche die zusätzliche Einnahme verbotener Stimmlanzen unnötig machen, wenngleich nicht ausschließen müssen.
Eindrucksvoll zeigt die Platte aber auch, dass ein Großteil der Wurzeln der Band durchaus im Punk Rock zu finden ist. Trotz aller Einsätze von Wah Wah, Sitar, Fuzz- und Flirrereffekten, geht es bei den meisten Stücken immer ein wenig schneller und härter zu Gange, als man das sonst im psychedelischen Bereich gewöhnt ist, was nicht zuletzt von VIBRAVOID immer wieder aufs Neueste belegt wird.
Der Doktor ist halt kein Hippie. Um die Anlage richtig zu rocken brauch es keinen auf Dauer ermüdenden Kick Ass Punk. Ein Stück wie "Sick Creation" haut einem nämlich bereits vorher die Beine unterm Arsch weg.
Meisterwerk! (10)
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #53 Dezember 2003/Januar/Februar 2004 und Claus Wittwer