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VLIMMER

Menschenleere

Wer hätte gedacht, dass Alexander Leonard Donat aka VLIMMER sich teilweise aus seiner dunkel-elektronischen Dark-Wave-Hölle herauslöst und nun teilweise in der Welt von DRANGSAL und LEVIN GOES LIGHTLY angekommen ist. Songs wie „Zielzweifel“ sind so nahe, auch der Stimmlage nach, an Max Gruber aka DRANGSAL, dass es eine wahre Pracht ist. Das kommt nach den Vorgängeralben von VLIMMER etwas überraschend. Offensichtlich hat der Mann Lust zu tanzen. „Erdgeruch“ ist fast visionärer Industrial-Sound, „Mathematik“ ein polterndes Post-Punk-Intermezzo, das ein wenig an SCHWEFEL („Metropolis“) erinnert, und „Noposition“ offensiver In-your-face-EBM. Die Apokalypse hat VLIMMER ein wenig hinter sich gelassen, ohne aber den Druck aus dem Kessel zu lassen, denn „Menschenleere“ ist ein musikalisches Stroboskopgewitter. „Fatigo“, mit einer KILL SHELTER-Bassline, könnte in einer langen Zwischenrille auf dem „Pornography“-Album (1982) von THE CURE laufen, vor oder nach deren „Cold“. Viel dreht sich thematisch um zwischenmenschliche Barrieren und oft muss man realisieren, dass man sich selbst nicht begreifen kann. Gekonnt ist die wortintensiv orchestrierte Wahl der Songtitel wie „Schädelhitze“, „Zielzweifel“, „Menschenleere“ oder „Schwimmhand“. Die Texte von VLIMMER sind ohnehin Könner. Er selbst stellt sich die subsumierende (rhetorische?) Frage: „Kann der Mensch überhaupt Herr seiner Lage werden, wenn er die Fehler der Vergangenheit wiederholt?“ Subjektiv ist „Menschenleere“ bisher der abwechslungsreichste und beste Release von VLIMMER.