Was Menschen als extrem empfinden, ist Gewöhnungssache. 20 Kilometer Wandern, 80 Kilometer Doppelmarathon – kommt darauf an, wie geübt man ist. Oder um es auf Musik zu übertreiben: D.R.I. fand ich mal extrem, es muss 1987 gewesen sein, „Dealing With It“ war härter als alles, was ich bis dato gehört hatte.
Die Platte verschob meine Wahrnehmung, schmerzte anfangs, aber dann nicht mehr. Ein Gewöhnungseffekt tritt eben überall ein, der Mensch ist ein natural born junkie, immer auf der Suche nach dem nächsten Kick.
UNITED NATIONS sind extrem, waren es auch schon bei ihrem titellosen Debüt 2008 – in musikalischer Hinsicht. Nun hat die Band, die bereits 2005 von Geoff Rickly von THURSDAY ins Leben gerufen wurde, ein neues Album veröffentlicht, bei dem mal wieder unklar ist, wer daran überhaupt beteiligt ist.
Die Tourversion der Band umfasste zuletzt David Haik und Zac Sewell von PIANOS BECOME THE TEETH (die damit bewiesen haben, dass sie angesichts ihres neuen, eher seichten Albums harten Klängen doch nicht ganz abgeschworen haben), doch wer sich im Detail außer Rickly hinter den Reagan-Masken auf dem Bandfoto verbirgt, ist und bleibt unklar – ein Teil des Spiels, an dem Rickly offensichtlich großen Spaß hat.
Aber zurück zur Musik: UNITED NATIONS sind eine Konzept-Band, man merkt den elf Tracks an, dass sie wohlüberlegt konstruiert wurden, oft bipolar, mit einerseits ruhigen, atmosphärischen Parts und dann wieder brutalstmöglichem Draufhauen, grindigem Extremgeballer.
NAPALM DEATH und CONVERGE kommen hier in den Sinn, DILLINGER ESCAPE PLAN. Der Reiz von „The Next Four Years“ liegt darin, dass das Album abwechslungsreich ist, es dadurch noch extremer wirkt.
Ein beeindruckendes Erlebnis. Was übrigens den Namen betrifft: Dazu gab es nach dem Release des Debüts eine kleine Kontroverse mit einer gewissen Organisation, rechtliche Schritte wurden unternommen, letztlich musste das Logo geändert werden, der Bandname aber durfte bleiben.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #81 Dezember 2008/Januar 2009 und Marcus Latton
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #116 Oktober/November 2014 und Joachim Hiller