Mehr Emocore geht kaum. Mehr Emotion schon. TWIABP vereinen mit „Illusory Walls“ auf charmante Weise die Einflüsse sämtlicher Jahrzehnte eines Genres und befeuern wohl zugleich, was man den Emocore der 2020er Jahre nennen könnte. Kamen die Vorgängeralben noch zutiefst persönlich, mal ergreifend, mal herzerwärmend daher, dominiert jetzt technische Raffinesse: mehrspurige Riffs und Streicher, die mit Hymnen flirten – dafür kaum noch Ecken und Kanten. „Illusory Walls“ ist das wohl vertrackteste Album der Musiker:innen aus Connecticut, insbesondere mit Blick auf die Gitarrenarbeit. Kein Wunder, denn Gitarrist Chris Petri ließ sich von hochtechnischen Post-Hardcore-Bands wie GLASSJAW und CAVE IN beeinflussen. Doch manchmal weckt Komplexität die Sehnsucht nach Einfachheit. So etwa „Invading the world of the guilty as a spirit of vengeance“, das sich viel komplizierter und aufgeregter präsentiert als nötig und sich somit selbst den Raum für Spannung und Emotionalität raubt. Die offenbaren sich nämlich nur auf textlicher Ebene, wo die Wut über Rücksichtslosigkeit und Egoismus regiert und man gleichzeitig nach Momenten der Schönheit inmitten der Zerstörung sucht.
© by Fuze - Ausgabe #91 Dezember/Januar 2021 und Jeannine Michèle Kock