Gut zehn Jahre ist es schon her, als die Zeichnerin und Autorin Marjane Satrapi mit ihrer Graphic Novel „Persepolis“ das erste Mal von sich reden machen konnte. 2007 übernahm sie dann die Regie bei der Zeichentrickfilmversion dieser Aufarbeitung ihrer eigenen Kindheit im Iran.
Gefolgt 2011 vom Realfilm „Huhn mit Pflaumen“, der ebenfalls auf einem ihrer Comics basierte. Nach „Gang Of The Jotas“ von 2012 (ein experimentelles Homemovie, das dementsprechend unterging) basiert auch Satrapis neueste Regiearbeit „The Voices“ nicht auf einem ihrer Comics.
Das Drehbuch für ihre erste größere englischsprachige Produktion stammt diesmal von Michael R. Perry. Ryan Reynolds spielt darin den leicht naiven und gutherzigen Jerry Hickfang, der in der Badewannenfabrik einer abgelegenen Kleinstadt arbeitet.
Ansonsten ist Jerry ein klassischer Außenseiter, der nach Feierabend eine Psychotherapeutin aufsuchen muss und mit Medikamenten versucht, seine offensichtliche Schizophrenie unter Kontrolle zu kriegen.
Doch ohne diese Medikamente sieht sein Leben gleich weit weniger trostlos aus, zumal er sich dann auch mit seinem Hund Bosco und seiner Katze Mr. Whiskers unterhalten kann, die den Konflikt zwischen Gut und Böse in Jerrys verwirrter Psyche zum Ausdruck bringen.
Satrapis Film beginnt wie eine knallbunte und überdrehte Komödie von John Waters, aber als Jerrys mörderische Triebe die Oberhand gewinnen, nimmt die bis dahin eher schwarzhumorige Ausrichtung von „The Voices“ eine ziemlich tragische Wendung.
Großen Anteil hat daran auch Reynolds, der die innere Zerrissenheit seiner Figur eindrucksvoll verkörpern kann. Wer bei Satrapis Film eine nette und harmlose Splatter-Komödie erwartet, wird sehr schnell auf unsanfte Weise mit einer verstörenden und traurigen Charakterstudie über einen psychisch kranken Menschen konfrontiert.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #123 Dezember 2015/Januar 2016 und Thomas Kerpen