Der Brite Stephen Norrington begann seine etwas holprige Karriere im Filmbusiness als Special Effects-Experte für Filme wie ALIENS, HEXEN HEXEN oder M.A.R.K. 13 - HARDWARE, bevor er mit DEATH MACHINE 1995 als Regisseur einen handwerklich kompetenten Genrebeitrag ablieferte.
Drei Jahre später entstand der durchaus originelle Vampir-Streifen BLADE, sein bisher erfolgreichster Film, und 2003 durfte er dann mit DIE LIGA DER AUSSERGEWÖHNLICHEN GENTLEMEN einen brillanten Comic in den Sand setzen.
Für 2010 steht angeblich mit CLASH OF THE TITANS ein Remake eines meiner Lieblingsfilme der 80er Jahre an - ich hoffe Zeus oder sonst wer kann das noch verhindern. Nach BLADE drehte Norrington allerdings auch noch THE LAST MINUTE, der bisher völlig meiner Aufmerksamkeit entgangen war, womöglich weil der Film ein ebenso prätentiöses wie vernachlässigbares Schlamassel wurde, das seinen hochgesteckten Zielen permanent hinterherhinkt.
Angelegt als beißende Gesellschaftssatire ist THE LAST MINUTE eine Mischung aus schickem Underground-Gangster-Drama im Fahrwasser von Guy Ritchie und Musical über die Abgründe des Showbiz.
Darin geht es um den schnellen Aufstieg eines Künstlers in der hippen Londoner Kunstszene, dem ein ebenso schneller Abstieg folgt, nachdem er gerade noch zum erlauchten Kreis eines von geschäftstüchtigen Gangstern betriebenen schicken S&M-Nachtklubs gehörte.
Schließlich findet er eine neue Heimat in der Unterwelt Londons, wo er sich einer Dickens'schen Kindergang anschließt, die sich schließlich im hanebüchenen Finale eine blutige Schlacht mit den S&M-Nachtklub-Besitzern liefern.
Was das alles soll, weiß kein Mensch, denn Norrington legt all seine Figuren dermaßen schwammig an, dass der Zuschauer keinerlei Chance hat, deren Motivation nachzuvollziehen oder an ihrem Schicksal Anteil zu nehmen, weshalb der Film mit seiner coolen Bildästhetik völlig an einem vorbeirauscht, und auch die vermeintlichen satirischen Elemente lösen sich in Wohlgefallen auf, was insgesamt dann doch sehr mager ist.
"Don't waste time. Or, it will waste you" lautet die Tagline des Films, eine der wenigen hilfreichen Weisheiten, die uns Norrington hier anzubieten hat, und so sollte man vielleicht konsequenterweise seine Zeit nicht unbedingt mit THE LAST MINUTE verschwenden.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #77 April/Mai 2008 und Thomas Kerpen