Richard Kellys DONNIE DARKO von 2001 war einer der wenigen Filme der letzten Jahre, bei dem man das inflationär benutzte Etikett „Kultfilm“ durchaus mal durchgehen lassen konnte, denn solch überraschende und eigenwillige Debütfilme würde man sich wirklich häufiger wünschen.
An seinem zweiten Film, der Weltuntergangsfarce SOUTHLAND TALES von 2006, schieden sich aber bereits wieder die Geister, ein dermaßen unverdauliches, überambitioniertes Schlamassel, dass der Großteil des Zuschauer spätestens nach der Hälfte ausstieg, nicht so schlimm wie Lynchs INLAND EMPIRE, aber eine ähnlich quälende Erfahrung.
Und jetzt sein neuer Film THE BOX, wieder nur eine DVD-Premiere, und man könnte ihn im Wust der Veröffentlichungen beinahe übersehen, was wirklich schade wäre, zumal das Coverartwork mit einer etwas zu dominanten Cameron Diaz wenig verheißungsvoll erscheint.
Alles wieder eine Nummer kleiner beziehungsweise bescheidener. Diesmal auf der Kurzgeschichte „Button, Button“ von Richard Matheson basierend, dem altgedienten Autor vieler legendärer Horror- und SciFi-Romane, wie dem schon dreimal verfilmten „I Am Legend“.
Und ebenfalls nicht für die breite Masse geeignet, denn Kellys verwirrende, aber in jedem Fall nachdenklich stimmende, existentialistische Parabel über die wahre Natur des Menschen verliert sich gegen Ende in allzu überzogenem SciFi-Mumbo Jumbo, als ob die CGI-Leute auch noch was zu tun gebraucht hätten beziehungsweise um irgendeine Verbindung zu DONNIE DARKO herzustellen.
Man könnte das auch wieder als Beweis dafür ansehen, dass Kurzgeschichten eben aus gutem Grund nur Kurzgeschichten sind. Doch gerade zu Beginn ist THE BOX eine äußerst faszinierende Angelegenheit, als in Virginia Mitte der Siebziger ein elegant gekleideter, mysteriöser Herr (Frank Langella) mit schrecklich entstellter Gesichtshälfte vor der Tür des Pärchens Arthur und Norma Lewis (Cameron Diaz) steht.
Sie eine Lehrerin mit Klumpfuß und er bei der NASA angestellt, wo er aber beruflich auf dem Abstellgleis steht. Da die beiden deutlich über ihre Verhältnisse leben, kommt die Offerte des seltsamen Herren gerade recht, denn sie brauchen nur auf den roten Knopf einer billig aussehenden Kiste zu drücken und bekommen eine Million Dollar dafür.
Der Haken an der Sache ist, dass dadurch angeblich irgendwo auf der Welt ein Mensch sterben wird. Natürlich siegt nach einigem Hin und Her doch die Geldgier, aber in Folge bricht auch die bisherige harmonische Welt des Pärchens in sich zusammen, als sich die Gewissensbisse einstellen und man allzu neugierig mehr über die mysteriöse Kiste und ihren Besitzer erfahren will.
THE BOX fühlt sich dabei wie eine in Farbe gefilmte Episode der „The Twilight Zone“-Serie aus den 50er und 60er Jahren an und wartet mit einer dementsprechenden Schlusspointe auf, mit der sich der Kreis der Geschichte wieder schließt, den Kelly zwischenzeitlich etwas aus den Augen verliert und damit auch die interessanten moralischen Fragen, die sein Film aufwirft.
Und vielleicht beschreibt die von Langella gespielte Figur noch am besten, wo der tiefere philosophische Kern von THE BOX zu finden ist: „Your home is a box. Your car is a box on wheels. You drive to work in it.
You drive home in it. You sit in your home, staring into a box. It erodes your soul, while the box that is your body inevitably withers... then dies. Where upon it is placed in the ultimate box, to slowly decompose.“ Ein durchaus sehenswerter Film, auch wenn Kelly offenbar der Spagat zwischen kommerziellem Unterhaltungskino und dem Anspruch „thought provoking“ nicht durchweg gelungen ist, wodurch THE BOX bedauerlicherweise an Glaubwürdigkeit einbüsst.
Dafür gelingen ihm ähnlich wie in DONNIE DARKO erneut beeindruckende Bilder einer faszinierenden Parallelwelt. Ab Mitte Februar auf Kauf-DVD erhältlich, mit einigen kleineren Features über den Film als Bonus.
© by Ox-Fanzine - Ausgabe #88 Februar/März 2010 und Thomas Kerpen